Josepsson, Aevar Örn
»Aber schön, gehen wir davon aus, dass es stimmt. Und das bedeutet bloß, dass sie keinen Ton sagen werden, insofern können wir ganz beruhigt sein. Am besten gehen wir jetzt einfach wieder zurück in die Arbeit.«
Sigurlaug schüttelte den Kopf, sie ärgerte sich über die Querköpfigkeit ihres Mannes.
»Nein. Sie haben sich diese Flausen in den Kopf gesetzt, wie du sagst, und da werden sie herumschwirren und alles um uns herum vergiften, es sei denn, ich lüge die beiden an oder sage der Polizei die Wahrheit. Ich habe meinen Kindern noch nie etwas vorgelogen, Viðar.«
»Nein, selbstverständlich nicht«, drängte Viðar weiter. »Aber das hier ist ja vielleicht kein ganz normaler Fall, meine liebe Silla – ich meine, zu was soll das denn gut sein? Wir hatten es doch alles genau besprochen, wenn wir nur den Mund halten, besteht so gut wie gar keine Möglichkeit, dass …«
»Das behauptest du. Aber so langsam glaube ich, dass du Unrecht hast. Die Leute bei der Kripo sind doch nicht auf den Kopf gefallen, die kommen uns früher oder später auf die Spur, da bin ich mir sehr sicher. Und wir beide würden viel besser dastehen, Viðar, wenn wir aus freien Stücken zu ihnen gehen. Ich hätte dieser rothaarigen jungen Frau nichts vorlügen sollen und du auch nicht.«
»Aber wir haben es beide getan, geschehen ist geschehen. Es ist nichts damit gewonnen, jetzt loszustürzen und …«
»Mach, was du willst«, fiel ihm Sigurlaug ins Wort. »Aber ich bin entschlossen, jetzt direkt zum Hauptdezernat zu fahren und mit dieser Rothaarigen zu sprechen, damit die Sache ins Reine kommt. Geschehen ist geschehen, o ja, und wir ändern nichts an dem Geschehenen, aber wir können zumindest versuchen, jetzt das Richtige zu tun, auch wenn es zu spät ist. Viel zu spät. Und davon bringst du mich nicht ab, mein Lieber. Die Frage ist bloß, ob du mitkommst oder nicht?«
Viðar stöhnte laut auf. »Ich komme mit«, sagte er dann. »Anscheinend willst du dich nicht zur Vernunft bringen lassen, deshalb habe ich wohl keine andere Wahl, als mitzugehen. Außer dir einen über die Rübe zu ziehen und dich k.o. zu schlagen.«
»Probier’s doch mal«, entgegnete Sigurlaug lächelnd. »Ich glaube, du würdest es bereuen.«
Sie ließ den Motor an und schaltete Scheibenwischer und Heizung ein. »Du wirst schon sehen«, sagte sie, »du wirst dich wesentlich besser fühlen, wenn es überstanden ist.«
»Das bezweifle ich stark«, seufzte Viðar.
*
Das Laufband war das neueste, teuerste und vollkommenste Gerät auf dem Markt. Es war eingestellt auf eine Geschwindigkeit von fünf Kilometern.
»Was hast du mit dem Wagen gemacht, Junge?«, fragte Lalli keuchend und schnaufend.
»Den haben wir in eine Schlucht da auf der Holtavörðuheiði runterkollern lassen, genau wie du gesagt hast. Wir haben alle Spuren abgewischt, und dann nichts wie runter in die Schlucht. Der tauchte praktisch völlig unter. Sah irre aus.«
»Habt ihr das Auto schon als gestohlen gemeldet?«
»Ja. Es war auf Baddis Namen registriert, ich hab ihm auch Bescheid gesagt.«
»Sehr schön, wunderbar«, sagte Lalli und verringerte das Tempo auf viereinhalb Kilometer. Acht Minuten hatte er hinter sich, zwölf vor sich … Er beschloss, dass es fürs Erste reichte, schaltete das Laufband ab und hievte sich unter Mühen von dem Gerät herunter.
»Super Schuhe«, sagte Ási anerkennend.
Lalli blickte erfreut auf seine Füße. »Ja, findest du nicht? Die haben Luftkissen in den Sohlen. Verflixt bequem.« Er griff nach einem Handtuch und trocknete sich den Schweiß von der Stirn, bevor er sich auf seinem Sessel niederließ.
»Solltest du jetzt nicht Dehnübungen machen?«, fragte Ási. »Die gehören unbedingt dazu, vorher und hinterher.«
Lalli wehrte mit der Hand ab. »Später. Hier ist deine neue Nummer.« Er zog eine Prepaid-Karte aus einer Schublade und warf sie in Ásis Richtung, der sie geschickt auffing.
»Jetzt gleich? Ich hab doch erst vor zwei Wochen …«
»Man kann nie vorsichtig genug sein, Junge. Und hier ist meine neue Nummer«, sagte er und reichte Ási einen Zettel vom Telefonanbieter. »Alles klar?«
»Alles klar«, bestätigte Ási, nachdem er sich die Nummer eingeprägt hatte. Er schob den Zettel zurück, und Lalli ließ ihn durch den Reißwolf gehen.
»Handys sind doch was Wunderbares«, sagte Lalli. Sie konnten zwar wesentlich leichter als Festnetzanschlüsse abgehört werden, und er wusste, dass den Gesetzeshütern keine sonderlich großen
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