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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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leise. Die Schwestern wandten sich wieder ihrer Beschäftigung zu. »Úlfur und ich haben uns erst später zusammengetan, als er wieder aus dem Knast kam. Malli …«
    »Malli, ganz richtig«, warf Guðni ein. »Marselíus hieß der Idiot. Mach weiter, was war mit Malli?«
    »Du glaubst, dass Úlfur ein Scheißkerl ist, genau wie Malli. Der war aber viel schlimmer.« Tinna versuchte krampfhaft, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. »Der hat mich nämlich geschlagen, weil es ihm Spaß machte. Weil er es klasse fand. Nüchtern, besoffen, zugedröhnt, das spielte überhaupt keine Rolle. Morgens, abends und mittags hat er mich geprügelt – und manchmal hat er mich sogar mitten in der Nacht geweckt, weil er eine Runde für fällig hielt. Úlli – Úlfur ist nicht so. Manchmal verliert er die Kontrolle über sich, aber das kommt nur ganz selten vor, und nur, wenn er richtig widerlich besoffen ist. Und er bereut es auch immer.« Sie deutete auf die gelbe Verfärbung im Gesicht, die im Abklingen war. »Und er ist auch nicht so schlau, nur da hinzulangen, wo niemand was sieht. Úlli ist kein Traumprinz, aber er ist auch kein schlechter Mensch. Im Gegensatz zu Malli.« Sie richtete sich auf und sah Guðni verächtlich an. »Und im Gegensatz zu dir.«
    Guðni grinste so breit, wie es seine Kräfte gestatteten. »Und weil er kein schlechter Mensch ist – was ich dir, by the way , nicht abkaufe –, ist es also total in Ordnung, dass er dich so hin und wieder mal zu Brei schlägt und einem anderen Mann den Bauch aufschlitzt, nur weil der tatsächlich ein schlechter Mensch war? Come on , du kannst mir viel erzählen.«
    Tinna zögerte einen Augenblick, dann beugte sie sich dicht zu Guðnis Ohr herunter. »Soll ich dir was sagen? Soll ich dir ein kleines Geheimnis verraten, du Superbulle, du Supermann? Du sagst, dass Úlfur ein Scheißkerl ist, und du hast ihn für drei Jahre in den Knast gebracht, weil du überzeugt warst, dass er auf Malli losgestochen hat – aber das hat er gar nicht. Wie findest du das, du Superbulle? Wie gefällt dir das?«
    Sie verschränkte die kurzen Arme über dem drallen Bauch und sah Guðni herausfordernd an, doch der war nicht beeindruckt.
    »Blödsinn«, sagte er, »weder Malli noch Úlli – ey, das ist echt komisch, Malli und Úlli, Úlli und Malli … Na, egal – du stichst also Malli in den Wanst, und keiner von den beiden gibt danach auch nur einen Mucks von sich? Weder Malli, der sich daran aufgeilte, dich zu quälen, noch Úlli, der für die Messerstecherei verknackt wurde?« Guðni schnaubte verächtlich. »Ich weiß nicht, Mädel, ob dir das schon mal aufgefallen ist, aber du bist wirklich nicht der Typ, um den wir Männer uns reißen und für den wir uns aufopfern. Tut mir leid, Schätzchen.«
    Die Röte, die Tinna ins Gesicht stieg, hatte zur Folge, dass der gelbe Fleck jetzt fast dieselbe Farbe annahm wie das Haar.
    »Sagt der Casanova persönlich«, zischte sie. »Von mir aus kannst du glauben, was du willst, und natürlich ist es bequemer für dich, mir nicht zu glauben, aber …« Sie richtete sich auf und verstummte, als die Krankenschwester, die sie aus den Augenwinkeln beobachtet hatte, mit besorgter Miene herbeigeeilt kam.
    »Entschuldigung«, sagte sie, »ist alles in Ordnung?«
    »Alles bestens«, erklärte Guðni, »wir sind alte Bekannte. Könnte ich jetzt eine London Docks bekommen?«
    »Ich muss euch darum bitten, etwas leiser zu sein«, sagte die Krankenschwester und warf Tinna einen vorwurfsvollen Blick zu. »Guðni wird heute Abend oder Morgen früh auf die Kardiologie verlegt, vielleicht könnt ihr dieses Gespräch bis dahin vertagen.«
    »Alles klar, Schwester«, sagte Guðni, und Tinna schickte sich an zu gehen. Er bedeutete ihr aber mit einer Handbewegung zu bleiben. »Wir benehmen uns anständig«, versprach er der Krankenschwester, »und es wird auch nicht mehr lange dauern. Okay?« Guðnis Neugierde war erwacht, und er konnte sich nicht bis zum nächsten Tag gedulden, um die Fortsetzung zu hören.
    »Aber was?«, flüsterte er, als die Krankenschwester sich entfernt hatte. »Du weißt, dass ich dir nicht glaube, aber was?«
    »Ich weiß, dass es angenehmer für dich ist, mir nicht zu glauben«, korrigierte Tinna. »Aber die Sache ist die, dass Malli echt keine Ahnung hatte, wer da zugestochen hat. Der war komplett aus der Welt, und das weißt du. Er konnte sich an nichts erinnern.«
    »Okay. Aber was ist mit Úlli?«
    Tinna lächelte ihn verschwörerisch an.

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