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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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noch gemeinsam? Den Sex natürlich, doch wie Sigurlaug angedeutet hatte, war das kein sonderlich sicheres Fundament, auf dem man aufbauen konnte …
    Trotzdem. Es war natürlich reichlich mies, nur aus dem Grunde bei jemandem zu bleiben, weil der Betreffende besser als niemand war. Und war Sveinn bei genauerem Hinsehen etwas anderes und mehr? Sie steckte den Schlüssel vorsichtig ins Schloss und betrat die Wohnung auf Zehenspitzen. Das war eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme, es war ja noch gar nicht so spät. Kreischen und lautes Gelächter schlugen ihr entgegen, als sie die Tür zum Wohnzimmer aufmachte, und im gleichen Augenblick waren sämtliche Zweifel bei ihr verflogen.
    Verflixt nochmal, dachte sie, er ist viel besser als gar keiner. Oder nicht?
    *
    »Hier hänge ich ganz allein herum und schufte von morgens früh bis abends spät, und du amüsierst dich da mit all diesen tollen Typen«, sagte Árni. »Vermisst du mich überhaupt nicht?«
    »Natürlich vermisse ich dich«, entgegnete Ásta mit vorwurfsvollem Unterton, »aber nicht ich bin ja mitten im Urlaub abgehauen. Was soll ich denn tun, einfach nur im Bett liegen und mich in den Schlaf weinen?«
    »Nein, was denn, wer sagt denn das«, stammelte Árni. Er war etwas gekränkt, denn er fand, dass er das nicht verdient hatte.
    »Du«, antwortete Ásta prompt, »Hast du es mir nicht zu verstehen gegeben? Dass ich mich schämen sollte, den Urlaub zu genießen, während du dich krumm schuftest?«
    »Nee, nein, das war doch nur ein Witz, was soll das denn. Immer noch dieselbe Sonne?«, fragte er munter, aber Ásta ließ sich nicht so leicht vom Thema abbringen.
    »Ja, immer dieselbe Sonne. Aber was ist mit dir? Hier hänge ich allein und verlassen herum, weil du abgehauen bist, und ich höre tagelang keinen Ton von dir. Du hattest doch versprochen, mich anzurufen, erinnerst du dich nicht? Vermisst du mich denn überhaupt nicht?«
    »Doch, natürlich«, sagte Árni, »natürlich vermisse ich dich. Es ist bloß – es war bloß so viel …«
    »So viel zu tun, ich weiß. Wir sehen uns am Freitag.« Sie legte auf.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße, dreimal verfluchte Scheiße«, knirschte Árni.
    Er griff nach der Bibel, die er auf den Couchtisch gelegt hatte, als er nach Hause kam, und schleuderte sie in die Ecke. Wieso konnte er sich nicht normal benehmen? Warum konnte er ihr nicht einfach sagen, was Sache war, dass er sie so sehr vermisste, dass er nachts kaum schlafen konnte? Dass er sie bei sich haben wollte und sich danach sehnte, ihre Hand zu halten, sie in die Arme zu nehmen, in ihrem Haar zu wühlen, an ihrem Hals zu schnuppern … Warum hatte er das nicht sagen können, anstatt irgendwelche missglückten Witze zu reißen?
    »Du bist einfach nicht zu retten«, brummte er grimmig vor sich hin, »du bist nicht zu retten, Árni Esel Eysteinsson.«
    Das neue Album von den Red Hot Chili Peppers konnte ihn aus der tieftsten Trübsal herausreißen, und noch bevor die zweite CD halb durch war, war er zu dem Schluss gekommen, dass das Leben eigentlich doch nicht so furchtbar war. Vielleicht sollte er seine Brüder Elli und Addi anrufen und abchecken, ob sie Lust hatten, mit ihm ins Kino zu gehen. Es war lange her, seit er seine Brüder von sich aus angerufen hatte, viel zu lange. Dasselbe galt für seine Freunde. Hatte er keine Freunde mehr? Seitdem sie einer nach dem anderen zu verantwortungsvollen Familienvätern geworden waren, hatte er den Kontakt zu den meisten verloren. Er konnte sich aber nicht erinnern, ob er aufgehört hatte, sie anzurufen, oder umgekehrt.
    Árni stand auf, holte die Bibel aus der Ecke und blätterte geistesabwesend darin herum. Es war ein schönes Buch, das musste man schon sagen, mit glänzendem, glattem Kunstledereinband, rundherum Goldschnitt, und das Papier war wesentlich edler als das Klopapier in seiner eigenen Bibel, die er von der Genesis bis zur Offenbarung vollgekritzelt und rosa markiert hatte. Soweit er sehen konnte, handelte es sich um einen Sonderdruck für die WAHRHEIT , deren Anhänger sie in den Tempeln des Mammons unermüdlich den Kunden und Besuchern in die Hand drückten, in der Hoffnung, ein paar verlorene Seelen zu retten. Oder sie sich zu krallen, das hing natürlich von der Perspektive ab, aus der man so etwas betrachtete.
    Schmutzblatt, ob es auch in der Bibel Schmutzblatt heißt?, dachte er. Er wollte das Buch gerade wieder zuklappen und weglegen, als seine Augen an drei Worten unten auf dem Schmutzblatt

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