Josepsson, Aevar Örn
dort übergeben hat, ist anscheinend niemand mehr aufs Klo gegangen, oder zumindest hat sich niemand draufgesetzt. Insofern können wir meines Erachtens ruhig davon ausgehen, dass dieser Besuch an demselben Abend stattgefunden hat.«
»Und was ist mit der Familie?«, fragte Árni. »Kann man die streichen?«
»Streichen vielleicht nicht, aber zurückstellen«, antwortete Stefán. »Und schließlich kommen noch das eventuelle Rauschgift in den Bibeln hinzu und die sechzehn Millionen, die Ólafur letztes Jahr auf sein Konto eingezahlt hat. Woher kamen diese sechzehn Millionen in bar? Wie dem auch sei, das ist das, was wir wissen. Im Grunde genommen ist es auch gar nicht so wenig. Die Frage ist nur, was wir daraus schlussfolgern können.«
»Wie gesagt, diese Verknüpfung von Drogenimport und Ólafur, die kann ich nicht nachvollziehen«, sagte Árni, »selbst wenn er da an Ostern Lalli und Ási begegnet ist. Da muss es eine Verbindung dazwischen geben, aber welche? Besteht beispielsweise die Möglichkeit, dass das Geld von Lalli kommt? Dass er Ólafur und die WAHRHEIT dazu benutzt hat, um Geld zu waschen?«
»Das wäre eine außerordentlich ungewöhnliche Art von Geldwäsche«, erklärte Katrín, die nicht sehr überzeugt klang. »Einen alten Schluckspecht mit einem Sack voll Geld in die Bank zu schicken, um es auf ein normales Girokonto einzuzahlen. Nein, ich glaube, wir sollten versuchen herauszufinden, ob es nicht zwei getrennte Fälle sind.«
»Es spielt doch wohl kaum eine Rolle, ob es sich um einen oder zwei Fälle handelt«, protestierte Árni. »Es liegt doch auf der Hand, dass da eine Verbindung besteht. Die Frage ist nur, welche.«
»Du hast mich missverstanden«, sagte Katrín, »oder vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich bin der Meinung, dass wir uns auf den Mord an Ólafur konzentrieren sollten, von dem wir wissen, dass er verübt wurde. Über Drogenschmuggel in Bibeln wissen wir bislang noch gar nichts – noch nicht einmal, ob er stattgefunden hat. Und noch weniger über Ólafur als Geldwäscher für Lalli Fett, das sehe ich einfach nicht vor mir, sorry .«
»Aber …«, setzte Árni an, doch Stefán schnitt ihm das Wort ab. »Nein, nein, Katrín hat völlig Recht«, sagte er. »Wir müssen uns wirklich auf Ólafur konzentrieren, wie sie sagt. Das mit den Bibeln leite ich an Þórður weiter, er ist in einer wesentlich besseren Position, um herauszufinden, ob da etwas dran ist oder nicht. Und außerdem: Falls etwas dran ist, dann gehört es ohnehin in seinen Arbeitsbereich und nicht in unseren. Aber ich werde dafür sorgen, dass er uns auf dem Laufenden hält. Und was das Geld betrifft – Katrín, hast du wegen der Meldung von der Bank schon mit den Leuten von der Abteilung für Wirtschaftskriminalität gesprochen?«
»Ja. Sie haben versprochen, sich das heute anzusehen.«
»Gut«, sagte Stefán. »Sieh zu, dass sie ihr Versprechen halten.«
»Und was machen wir jetzt?«, fragte Árni und klang missmutiger, als ihm lieb war.
»Ihr stellt zunächst einmal fest, ob Ási heute Nacht eine Erleuchtung gehabt hat«, sagte Stefán. »Anschließend bestellt ihr die gottesfürchtigen Brüder zu einem formellen Gespräch in eine von unseren guten Stuben.«
»Und falls Ási keine Erleuchtung gehabt hat – und davon gehe ich eigentlich aus –, was dann?«, fragte Katrín.
»Dann gestattet ihr ihm, noch etwas länger einzusitzen. Bis mittags vielleicht, bis dahin hat Þórður Zeit, sich zu entscheiden, was er tun will.«
»Du willst also keinen Antrag auf U-Haft stellen?«
»Ich glaube nicht«, sagte Stefán mit einer Grimasse. »Nicht gleich. Ich gehe nämlich davon aus, dass Þórður ihn lieber auf freiem Fuß haben möchte, um ihn im Auge zu behalten, falls da bei den Bibeln etwas herauskommt. Ich sage euch Bescheid, wenn ich meine Meinung ändere.« Katrín und Árni standen auf, Stefán setzte sich. »Und ihr haltet mich bitte auf dem Laufenden.«
Als sie sein Büro verlassen hatten, stand er wieder auf und ging die zwei Schritte zur Tafel. Er nahm die Kappe vom Filzstift ab und zog einen neuen Strich von der WAHRHEIT nach oben. Und darüber schrieb er einen Namen, den er aber gleich wieder auswischte.
»Svavar«, murmelte er, »was zum Teufel geht eigentlich in dir vor?«
*
»Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, ob ich nicht doch einen Fehler gemacht habe«, sagte Svavar am Telefon und räusperte sich verlegen. »Ob es nicht besser ist, wenn ihr Brüder beide
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