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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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verdammte Lusche.
    »Nummer siebenundvierzig«, flötete das Bürschlein an der Theke.
    »Bingo«, brummte Guðni.
    *
    Nachdem sein Vater sich bekehrt hatte, veränderte sich alles, sagte Bárður aus. Urplötzlich war seine Homosexualität und sein Zusammenleben mit Ragnar nicht mehr tabu oder Anlass zu peinlichen Bemerkungen, sondern ein sündiger und krankhafter Lebenswandel, ein widernatürliches Laster, das man heilen konnte und heilen musste, selbstredend mit Gottes Hilfe. Ólafur hatte seinem Sohn hartnäckig zugesetzt, sich der WAHRHEIT anzuschließen, um sich aus den Verstrickungen dieser Perversion zu befreien und des ewigen Lebens teilhaftig zu werden. Darum war es bei all ihren Treffen in den letzten Jahren gegangen, und Bárður hatte sich innerlich immer mehr gegen diese Besuche bei seinem Vater gesträubt, was Katrín durchaus verständlich fand. Trotzdem hatte er nie die Hoffnung aufgegeben, den »alten Zausel«, wie er sich ausdrückte, zur Vernunft bringen zu können, und er hatte immer Verbindung zu ihm aufgenommen, wenn eine Reise nach Island bevorstand. Mit feuerrotem Gesicht gab er sogar zu, dass er sich nicht einmal getraut hatte, seinem Lebensgefährten Ragnar zu sagen, dass er selber immer diesbezüglich die Initiative ergriffen und seinen Vater informiert hatte, wann sie nach Island kommen würden.
    »Ragnar wollte immer, dass ich ihn einfach aus meinem Leben streiche«, sagte er, nachdem Katrín ihm den dritten Plastikbecher mit dem Gebräu gebracht hatte, das aus dem Automaten auf dem Flur sprudelte, wenn man auf den Knopf drückte, auf dem Kaffee stand.
    »Aber wie kann man so etwas machen? Wie streicht man seinen Vater aus seinem Leben? Ich hab das jedenfalls nicht gekonnt.« In den letzten sechzehn Monaten aber schon, dachte Katrín, behielt es aber für sich.
    Bárður trank einen Schluck von dem angeblichen Kaffee und faselte weiter. Alle seine Besuche waren auf dieselbe Weise verlaufen, seit sein Vater sich bekehrt hatte, sagte er; egal was für Einwände Bárður machte, der Alte ließ nicht locker mit seinem Geschwätz über Laster und Abartigkeit und Seelenheil.
    »Und ständig hat er aus der Bibel zitiert«, sagte Bárður. »Es nützte auch nichts, wenn ich das ebenfalls tat. Diese Typen wollen angeblich Christen sein, aber für sie gilt im Grunde genommen nur das Alte Testament. Und obwohl sie sich nicht oft genug darüber auslassen können, dass an den Worten der Bibel nicht herumgedeutelt werden darf, tun sie selber die ganze Zeit nichts anderes als genau das. Sie wählen ganz nach Gutdünken aus und lassen weg, wenn ihnen etwas nicht in den Kram passt. Einmal hab ich den Alten gefragt, weshalb er nicht einfach mit mir vor die Stadtmauern ginge, um mich dort zu steinigen, wie es im Alten Testament den Vätern empfohlen wurde, wenn die kein Wohlgefallen an ihrem erstgeborenen Sohn hatten. Daraufhin ist er mir dann allerdings mit dem Neuen Testament gekommen, da war Christus auf einmal die einzige Richtschnur im Leben, aber ein Jesus nach seiner Fasson. Ein Jesus, der alles verzeiht, aber nur zu bestimmten Konditionen. Wie beispielsweise, dass man sich abgewöhnen muss, schwul zu sein.«
    Aus jedem Wort von Bárður sprach Bitterkeit; alles war die Schuld der heiligen WAHRHEIT und des Meisters. Einzig und allein durch deren Gehirnwäsche war es dazu gekommen, dass er die ganze Zeit keine Verbindung zu seinem Vater gehabt hatte. Der letzte Besuch zu Ostern im vorigen Jahr hatte den Ausschlag gegeben, erklärte er. Da hatte sein Vater ein weiteres Mal versucht, dem Sohn klarzumachen, auf welchen Irrwegen des Verderbens er wandelte und dass er zu einer Versammlung bei der WAHRHEIT kommen müsse, um »durch die Gnadenkraft des Herrn von seinem widernatürlichen Laster geheilt zu werden.« Bárður spuckte diese Worte beinahe aus. Katrín notierte sich alles sehr genau.
    »Ich weiß nicht, ob ich sagen soll, dass er versucht hat mich zu bestechen oder zu erpressen, im Grunde genommen kommt es ja auch auf dasselbe heraus. Damit hat er es auch bei meiner Schwester versucht, aber sie …« Er fasste sich an den Kopf und starrte Katrín entsetzt an.
    »Was ist los?«, fragte Katrín.
    »Ich muss telefonieren«, stöhnte Bárður. »Ich muss Hólmfríður anrufen – sie weiß noch gar nicht, was …« Er sprang auf und fummelte in allen Taschen nach seinem Handy. »Und Ragnar auch, und Mama … Wie kann man nur so blöd sein, hier sitze ich und und quassele ohne Ende … Entschuldige,

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