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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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für einen Antrag auf Untersuchungshaft. Und so, wie die Dinge liegen, sehe ich im Augenblick auch keinen Sinn darin, den Mann zur Vernehmung hierherzuschleifen. Dazu müssen wir erst etwas Handfesteres vorliegen haben. Wir warten auf jeden Fall ab, bis irgendwelche Ergebnisse im Hinblick auf Fingerabdrücke am Messer vorliegen, es ist einfach besser, konkrete Anhaltspunkte zu haben, um ihn damit zu konfrontieren, falls Guðni Recht hat. Falls dieser Úlfur es tatsächlich getan haben sollte – ich will ja auch gar nichts dagegen sagen, vieles deutet darauf hin –, dann hat er jetzt ein Jahr oder gar mehr sozusagen neben der Leiche gewohnt, so als sei gar nichts vorgefallen. Er hat demnach Zeit genug gehabt, um sich eine Story auszudenken. Er wird wohl kaum jetzt das Weite suchen, und wenn, dann kommt er wohl nicht weit.« Er klatschte sich die abgegriffene giftgrüne Baseballkappe wieder auf den großen Schädel und lehnte sich zurück.
    »Friðjón und seine Leute sind immer noch da oben in Breiðholt, und sie versiegeln die Wohnung, wenn sie gehen«, fuhr er fort, noch bevor Katrín ein Wort dazwischenschieben konnte. »Wir sehen uns das morgen an, wenn wir mehr wissen. Die Leiche ist auf dem Weg zu Geir, und er hat mir am Telefon versichert, er würde mit der Obduktion beginnen, sobald sie auf seinem Tisch läge. Der wartet schon mit hochgekrempelten Ärmeln, ich hatte den Eindruck, als wäre der Kerl richtiggehend gespannt darauf. Unterdessen trinkt er dann auch wenigstens nicht, und das ist gut. Zudem hat er mir versprochen, morgen früh die vorläufigen Ergebnisse entweder per E-Mail zu schicken oder vielleicht sogar selber vorbeizukommen. Dasselbe gilt für Friðjón, er wird sich morgen mit uns treffen und uns vermutlich etwas sagen können. Deshalb habe ich Guðni nach Hause geschickt, und ich glaube, du solltest ebenfalls bald Feierabend machen. Es reicht doch, wenn ich hier herumhänge und mir etwas aus den Fingern sauge, was ich den Journalisten sagen kann. Dabei fällt mir ein: Du hast doch mit seinem Sohn gesprochen, wann können wir den Namen bekannt geben?«
    »Eigentlich sofort«, sagte Katrín. Sie war nicht ganz einverstanden mit Stefáns Handhabung der Dinge, und sie hatte nicht die geringste Lust, jetzt seinem Rat zu folgen und einfach nach Hause zu gehen und sich aufs Sofa zu legen. Aber genauso wenig wäre ihr eingefallen, ihm zu widersprechen oder sein Urteilsvermögen in Zweifel zu ziehen. Im Dezernat würde es nämlich demnächst erhebliche Veränderungen geben, da im Zuge einer Reorganisation Zusammenlegungen von Dienststellen bevorstanden. Sie wusste zwar, dass Stefán weder übelnehmerisch noch nachtragend war, nichtsdestotrotz war sie aber entschlossen, sich in den nächsten Tagen und Wochen nur von ihrer besten Seite zu zeigen. Nur so zur Sicherheit …
    »Soweit ich weiß, hat Ólafur weder Geschwister noch Eltern, die am Leben sind«, fuhr sie fort. »Abgesehen von ein paar entfernten Verwandten sind da nur seine beiden Kinder und die frühere Ehefrau, die man als nächste Angehörige bezeichnen kann. Bárður hat seine Schwester und seine Mutter angerufen, bevor er von hier wegging, mit anderen Worten, alle, die Bescheid wissen müssen, sind informiert.«
    »Prima«, sagte Stefán zufrieden. »Dann kann ich denen grünes Licht geben, den Namen gleich morgen zu veröffentlichen, meiner Meinung nach spricht nichts dagegen. Was hat übrigens der Sohn gesagt?«
    »Na ja, das ein oder andere.« Katrín überlegte eine Weile, bevor sie fortfuhr. »Am wichtigsten ist wohl, dass er angeblich keine Ahnung hat, wer das getan haben könnte. Auf jeden Fall stand er unter Schock, das war nicht gespielt. Aber er war auch wütend.«
    »Wütend?«, fragte Stefán verwundert, und Katrín nickte bestätigend. »Auf wen denn?«
    »Auf sich selber und auf seine Schwester«, entgegnete Katrín achselzuckend. »Ich meine, der Mann ist da viele, viele Monate in seinem Sessel vermodert, und die beiden hatten keine Ahnung. Was nicht darauf hindeutet, dass sie sich sehr um ihren Vater gekümmert haben. Trotzdem …« Sie unterbrach sich und nagte an ihrer Unterlippe. »Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass seine Wut sich in erster Linie gegen seinen Vater richtete.« Sie zögerte wieder, diesmal etwas länger. »Als ob … Ich weiß nicht richtig, wie ich das ausdrücken soll, es war, als gäbe er dem Vater selber die meiste Schuld daran, dass die Geschwister so wenig mit ihm zu tun haben wollten. Und

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