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Josepsson, Aevar Örn

Josepsson, Aevar Örn

Titel: Josepsson, Aevar Örn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wer ohne Sünde ist
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ich komme gleich wieder.« Als er sein Handy gefunden hatte, wählte er die erste Nummer und verließ Katríns Büro. Sie machte keinen Versuch, ihn zu stoppen, ging aber zur Tür, um zu hören, was er sagte. Weiter brauchte sie gar nicht zu gehen, denn der Korridor war sehr hellhörig. Zwei Kinder also, dachte sie, und keines von ihnen hatte mitbekommen, dass ihr Vater seit vielen Monaten tot war, vielleicht sogar noch länger. Sie schüttelte den Kopf. War das wirklich möglich?
    *
    »Aha, aha, ahaa«, brummte Geir mit allen Anzeichen der Begeisterung. Ungeachtet seiner Korpulenz und seines Rheumas, nicht zu reden vom Altersweltschmerz, von dem die hängenden Schultern deutlich Zeugnis ablegten, tänzelte er mit Taschenlampe und Vergrößerungsglas bewaffnet um Ólafur herum wie ein leichtfüßiger Boxer im besten Alter. Geir Jónasson war dreiundsechzig Jahre alt und hatte in seiner dreißigjährigen Dienstzeit als einer der fähigsten Rechtsmediziner der Kriminalpolizei einiges erlebt, aber so etwas war ihm noch nicht untergekommen. Er war fasziniert.
    Ein »aha« nach dem anderen entfuhr ihm, und dazwischen das ein oder andere Mal »aber hallo« oder »heiliger Bimbam«.
    Guðni war nach dem Abstecher in den Schnellimbiss kurz nach Geir an den Tatort zurückgekehrt, war jedoch keineswegs so angetan wie er von dem Anblick. Ihm reichte es nach einer Viertelstunde.
    »Und wann ist der Typ abgekratzt?«, fragte er übertrieben unwirsch.
    »Am fünfzehnten Mai 2005, das war ein Dienstag, und zwar zwischen ein und zwei Uhr nachmittags«, erklärte Geir ohne hochzublicken.
    »Hä?«, war das Einzige, was Guðni herausbrachte. Beinahe hätte er seinen Stumpenstummel entzweigebissen.
    »Am fünfzehnten Mai 2005 …«
    »Ich hab gehört, was du gesagt hast. Hör mit dem Quatsch auf, Geir.«
    Geir richtete sich auf und deutete mit einem Stummelfinger auf Guðni. »Dann hör auf, mich so einen Quatsch zu fragen, mein lieber Guðni. Du solltest es besser wissen.«
    Guðni zog sich die Hose zurecht, die bestimmte empfindliche Organe beengte. »Schon gut. Aber über was für eine Zeitspanne reden wir hier? Monate, ein Jahr?«
    »Auf jeden Fall Monate«, antwortete Geir ohne zu zögern, »und zwar etliche. Wie viele genau, kann ich noch nicht sagen, werde ich vielleicht auch nie können. So viel kann ich dir aber jetzt schon sagen, dass ihr von mir nichts Genaueres bekommt als plus minus ein oder zwei Monate, vielleicht sogar noch ungenauer. Möglicherweise können Friðjón und seine Leute das präzisieren, falls so etwas überhaupt möglich ist.«
    »Was?«, ließ Friðjon sich vernehmen. Er kam zu den beiden hinüber und schaltete jetzt auch endlich den Fernseher aus, mitten in einem Aufruf für eine bessere Welt und mehr Geldspenden für den Alpha-Sender und die WAHRHEIT . Alle drei waren sichtlich erleichtert, als endlich Ruhe in dem Zimmer einkehrte.
    »Überlässt du ihn jetzt mir?«, fragte Friðjón, während er sich die weiße Maske abriss. »Ist der Herr Doktor zu einem Votum gekommen?«
    Geir verbeugte sich schwungvoll und gab Friðjón mit einer theatralischen Gebärde den Weg frei. »Der Patient ist tot«, erklärte er laut und vernehmlich, »und soweit ich sehen kann, ist es unwahrscheinlich, um nicht zu sagen ausgeschlossen, dass Wiederbelebungsversuche hier noch etwas ausrichten können. Du darfst nach Belieben an ihm herumpieksen, mein werter Freund.« Das ließ Friðjón sich nicht zweimal sagen, er griff nach einer Pinzette und einer Kunststoffdose und machte sich daran, kleine weiße Würmer von dem Wenigen, was von Ólafur übrig geblieben war, abzuklauben.
    »Reesa vespulae«, murmelte er, »da müsste ich mich schon sehr irren. Ich muss mich mit Erling in Verbindung setzen und ihm ein Exemplar schicken.«
    »Reesa was?«, fragte Guðni.
    »Vespulae«, wiederholte Friðjón. »Amerikanische Wespenkäfer. Sie lieben derartige Nahrung. Die schlimmsten Feinde von Präparatoren.«
    » Right «, sagte Guðni, als es ihm mit der Wurmklauberei reichte. Viel kam auch nicht zusammen. Er wandte sich wieder Geir zu. »Der Kerl ist also vor langer Zeit gestorben, wie du sagst. Aber wodurch? Kannst du mir darüber etwas sagen?«
    »Selbstverständlich kann ich das«, sagte Geir schmunzelnd. »Oder es zumindest mit einiger Sicherheit mutmaßen. Irgendwann, wenn ich mir den armen Kerl genauer angeschaut habe.« Er setzte seinen karierten Sporthut auf und fing an, seine Gerätschaften einzusammeln.
    » Come on , Geir«,

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