Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
den Wänden.
Dann waren wieder die schlurfenden Schritte zu hören. Joshua blieb ganz still in der Ecke des Raums stehen ; sein Herz klopfte leicht, als er sah, wie ein Zauberer mit Hut und Mantel gemütlich über den Flur spazierte. In einer Hand hielt er einen Zauberstab, an dessen Spitze ein kleines weißliches Licht leuchtete. Er betrachtete damit die Wandbilder und schlurfte von Gemälde zu Gemälde weiter. In dem schummrigen Licht sah der Zauberer ein wenig geisterhaft aus. Er schien an Joshuas Raum vorbeizugehen, aber dann drehte er plötzlich wieder um und betrat kurz darauf den Raum mit den Erdenbildern.
Im blassen Zauberstablicht konnte Joshua die schemenhaften Umrisse eines älteren Zauberers mit einem langen , weißen Bart erkennen. Er trug eine blaue Mütze mit einem weißen Bommel und dazu einen gleichfarbigen Nachtmantel, welcher bis auf den Boden reichte und mit weißen Halbmonden und gelben Sternen bestickt war.
Für einen Augenblick glaubte Joshua, dass der Zauberer ihn nicht gesehen hatte, aber da leuchtete dieser ihn mit seinem Zauberstab an und ging langsam auf ihn zu. Joshua war einen Moment geblendet und konnte nichts sehen. Als der Zauberer direkt vor ihm stand, senkte er den Zauberstab und das zerfurchte Gesicht von Alfons Zalantimo kam zum Vorschein.
„Ach, wen haben wir denn hier? Den jungen Fantasio“, sagte er freundlich, aber dennoch ein wenig überrascht. „Hast du dich verlaufen, oder hast du etwa Heimweh?“ Joshua fühlte sich im ersten Moment so überrumpelt, dass er gar nicht wusste, was er antworten sollte. „Lass mich raten… es ist das Heimweh.“ Joshua nickte. „Jaja, das Heimweh, es lässt einen nie in Ruhe…, aber du bist nicht der einzige, der von dieser Last hin und wieder befallen wird. Heimweh haben noch viele andere Kinder, Zauberer, Halblinge und sogar die dickköpfigen Zwerge haben es, obwohl sie es nie zugeben würden. Und ja, sogar in meinem Alter hat man es noch.“
Er stellte sich an Joshuas Seite und klopfte ihm ein paar Mal einfühlsam auf die Schulter. Während er seinen leuchtenden Zauberstab über die Gemälde gleiten ließ, erzählte er: „Ich reise schon seit über einhundert Jahren zwischen der Erde und Zomana hin und her. Immer wenn ich eine längere Zeit hier auf der Zauberwelt bin, dann bekomme ich nach einiger Zeit ein wenig Heimweh zum guten alten Hampshire; dort bin ich nämlich geboren und aufgewachsen, und es ist ein wirklich schönes Erdenplätzchen. Und es verhält sich genauso, wenn ich mich eine längere Zeit auf der Erde aufhalte; dann schlägt mir das Fernweh irgendwann aufs Gemüt und ich beginne, das wunderbare Zomana zu vermissen. Und das, obwohl ich schon mehr als zweihundert Mal zwischen den beiden Welten hin und hergereist bin. Ganz wird man das Heimweh und das Fernweh wohl nie los.“
„Gibt es denn keinen Zauberspruch , mit dem man das Heimweh einfach wegzaubern könnte?“, fragte Joshua frei heraus.
Zalantimo hob seinen Zeigefinger und schob gleichzeitig seinen weißen Brauen nach oben.
„Nun, es gibt da eine alte Legende. Sie handelt von einem Zauberer, der sich sein halbes Leben lang damit beschäftigt hat, ein Mittel gegen sein starkes Heimweh zu finden. Er hat hier auf Schloss Wahanubus gelebt und soll vor langer Zeit einmal einen Großteil der Gemälde hier verzaubert haben. Die Gemälde sollen seit jeher mit einem Bannspruch belegt sein, welcher das Heimweh für eine Zeitlang aus den Köpfen derjenigen verbannt, die die Gemälde eine längere Zeit betrachten. Ich weiß nicht, ob die Legende stimmt, ich habe auch noch nie von einem solchen Zauberspruch gehört, aber wenn ich durch diese Galerien laufe, dann fühle ich mich anschließend meist ein wenig besser. Wer hat dir den Tipp gegeben, dass du hier dein Heimweh loswerden kannst?“
„Die grüne Wandeule hat es mir erzählt“, antwortete Joshua.
„Ach ja, die gute, alte, geschwätzige Eule. Die erzählt viele Dinge, wenn der Tag lang ist, aber in diesem Punkt hat sie wohl wahr recht gehabt.“
„Ich fühle mich auch schon ein wenig besser, Mr. Zalantimo.“
„Dann bist du bestimmt an einem der magischen Gemälde vorbeigekommen. Du hast aber noch lange nicht alles gesehen. Folge mir, ich möchte dir etwas zeigen.“
Der alte Zauberer führte Joshua ein Stockwerk höher. Anschließend durchquerten sie zwei lange Flure, bis Zalantimo vor einer ovalen Tür mit edlen Messingverschlägen stehen blieb. Darüber klaffte ein Schild mit der Aufschrift: <
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