Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
und auf dem Boden lagen mehrere weiße Felle von großen Wildtieren. Einzig allein die altbackenen Landschaftsgemälde sorgten für ein paar Farbkleckse in der eintönigen Schenke. Bedient wurde die mittlerweile sechsköpfige Gruppe von einem Halbling, auf dessen weißer Kochmütze eine goldene Teekanne befestigt war, die bei jeder Kopfbewegung mitwackelte.
Nachdem die Reisenden ihre Bestellung aufgegeben hatten, wies der Halbling noch einmal freundlich darauf hin, dass dies eigentlich ein Teehaus sei und man Bier hier nicht bestellen könne. Als Toimgil ihm daraufhin einen höchst wütenden Ach-wirklich-nicht-Blick zuschob, fügte der Halbling hinzu, dass er in diesem besonderen Fall gern eine Ausnahme machen wird.
Zwei Minuten später kam er mit drei Gläsern Brausesirup für Joshua, Peter und Tom, einer Tasse Grüntee für Alfons und zwei schäumenden Bierhumpen für Frodol und Toimgil wieder.
Die Trinkbehälter klirrten leise, als die Sechsergruppe auf den Wiederkehrer Frodol, den jeder eigentlich für tot geglaubt hatte, anstieß. Die Freude bei allen war riesig, und dennoch war die Stimmung verhalten und ein wenig bedrückt, denn Toimgil, Zalantimo und die drei Schüler konnten sich nur allzu gut verstellen, auch wenn Frodol noch kein Wort darüber gesprochen hatte, welch fürchterliches Schicksal er hatte erleiden müssen.
Nach seinem ersten Schluck Bier blühten Frodols Gesichtszüge noch ein bisschen mehr auf. Er leckte sich über die Lippen und stellte den Krug behutsam zurück auf den Tisch.
„Ich hatte beinahe vergessen, wie es schmeckt“, sagte er milde lächelnd. „Aber ich hatte es ein wenig würziger in Erinnerung.“
„Ach, mach dir darüber keine Gedanken, Bruder“, sagte Toimgil fröhlich. „Das ist Halblingsbier, das schmeckt immer etwas fad. Morgen, mein lieber Frodol, lade ich dich zu einem richtigen Starkbier ein, ho!“
„Das ist schön“, antwortete Frodol und schmunzelte dabei. Er schien glücklich zu sein, denn er lächelte die ganze Zeit, aber das Lächeln trug auch ein wenig Trauer in sich und war seit ihrer Begegnung in der Schatzkammer nicht verschwunden.
„Ich fange am besten von ganz vorne an“, sagte der Zwerg nach einer Weile, während die Augenpaare seiner fünf Tischnachbarn spannungsgeladen auf ihm ruhten. „Es war damals eine Zeit, als die Welt in großer Aufruhr war, denn es war Krieg: Der letzte Zaubererkrieg. Das ist jetzt schon dreizehn Jahre her.“ Er zeigte mit seinem knochigen Finger auf Joshua. „Du kleiner Kalito, oder Joshua, wie dich deine Zieheltern auf der Erde getauft haben, warst zu diesem Zeitpunkt noch ein kleines Baby. Du bist ganz schön groß geworden, ho.“ Ein zufriedenes Lächeln huschte über sein Gesicht und für einen kleinen Moment verschwand auch seine Trauer, die sich in seinen Augen widerspiegelte.
„Dieser Zaubererkrieg war der gewaltigste, den ich miterlebt habe, ho. Dein Vater Gregorius war damals einer der mächtigsten, wenn nicht gar der mächtigste Zauberer der Zauberwelt. Ihm wurde der schwarze Zeitmesser anvertraut, um mit ihm den Krieg zu gewinnen und die bösen Horden der Schattenwelt, die Schwarzblüter, wieder zu vertreiben. Gregorius ist aber gefallen, wie so viele, und genauso wie die meisten anderen großartigen Zauberer der damaligen Zeit. Mit seinem Tod verschwand auch der schwarze Zeitmesser. Ich habe nicht gesehen, wie er gestorben ist, und sein Leichnam wurde meines Wissens auch nie gefunden, aber die Geschichten haben damals erzählt, dass der dunkle Zauberer Zerzog ihn getötet hat.
Der größte Hoffnungsträger , Gregorius Fantasio, war tot und die Welt stand zu dieser Zeit kurz vor ihrer Vernichtung durch die Schattenwelt, ho. Der Zauberrat entschied, dass du, Joshua, nach Luum gebracht werden solltest, weil es dort sicherer war. Wie dir vielleicht schon erzählt worden ist, bin ich dein Leibwächter gewesen. Man kann es sich wohl kaum vorstellen, aber damals war ich ein kräftiger Zwerg, ho. Lange ist das schon her.“ Er grübelte einen Moment in seinen Gedanken herum. „Nun, irgendwann kam der Tag, wo wir von Schloss Aueen, dort bist du nämlich aufgewachsen, aufbrachen, um dich nach Luum zu bringen. Mary-Ann hat dich in einen Korb gelegt und dich getragen. Ich und die stärksten Zauberer haben dich begleitet.
Von Magie habe ich damals genauso wenig verstanden wie heute, aber das Reisen mit einem fliegenden Teppich war damals zu gefährlich, denn die Luft war voller dunkler Zauberer und
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