Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
Herrschaften kam kurz ins Stocken und setzte sich dann etwas leiser fort. Zwischendurch konnte Joshua ein unverkennbares hören.
„ Polly “, ging es ihm durch den Kopf, und ein Schauer lief ihm über den Rücken. „ Der ist also auch hier… “
Kurz darauf stimmte einer der Herren ein Lied an. Durch die Schiffsebenen, die zwischen ihnen lagen, hörte Joshua nicht viel, aber bald wurde der Gesang lauter. Der Herr sang es in englischer Sprache:
„ Zwölf Affen als Matrosen und nen heißen Grog, joho.
Die Masten voll weißer Möwen und zehn Fässer mit Bier, j oho.
Das Wasser voll grüner Meere sgötter und ne Tasse mit Rum, joho… “
Joshua erkannte die tiefe Stimme und das Lied kam ihm auch irgendwie bekannt vor. Er brauchte eine kurze Weile, bis er sich daran erinnerte, wo er es vor fast einem Jahr gehört hatte; es war auf dem Jahrmarkt am Brookmanns Park gewesen.
Bald hörte er schwere Schritte, das Knirschen von Treppenstufen und ein rhythmisches , das von einem Holzbein zu kommen schien. Ein gelber Laternenlichtstrahl erhellte kurz darauf seinen schummrigen Raum, und dann trat der singende Mann ein. Joshua blieb stocksteif stehen. Die Gestalt war noch immer so kolossal wie damals am Brookmanns Park, als er den magischen Piratenkapitän zum ersten Mal gesehen hatte.
Durch das helle Laternenlicht, welches nur nach vorn strahlte, sah Joshua nur die Silhouette des Seemannes, aber sie war imposant und furchteinflößend genug.
„…zwölf Affen als Matrosen und nen heißen Grog, joho“, ließ der Pirat sein Liedchen ausklingen und beugte sich so weit nach vorn, dass sein Gesicht von der Laterne angestrahlt wurde.
„ So sieht man sich also wieder! Hallo, kleiner Kalito“, begrüßte Kapitän Bleu Chuck ihn freundlich und grinste dabei breit, so dass seine schwarzen, gelben und auch zwei Goldzähne, die im Licht aufblitzten, zum Vorschein kamen.
Er war noch immer doppelt so breit wie Joshua und fast zwei Meter groß. Ein grünes Gewand mit goldroten Randstreifen umschlang seinen Wanst, und auf seinem Kopf thronte noch immer der riesengroße, schwarze Kapitänshut. Polly saß auf der breiten Schulter des Piraten und krächzte aufgeregt, als er Joshua erblickte.
Da Joshua auf die Begrüßung des Seemannes nicht reagiert hatte, fuhr der Piratenkapitän kurz darauf fort. „Ich hoffe, du erinnerst dich doch noch an mich, oder?“ Joshua rührte sich nicht. „Na, ich denke schon“, sagte Bleu Chuck und blinzelte mit seinen meerwasserblauen Augen.
Einen Augenblick später kam der hagere Schäferhund mit dem Schlüsselbund im Maul herbeigetrottet.
„Ah, da bist du ja“, sagte sein Herrchen, tätschelte den Hund und nahm ihm die Schlüssel ab. Anschließend schloss er damit die kleine Gefängniszelle auf. Es klickte einmal leise. Der Piratenkapitän gab dem Hund die Schlüssel zurück, öffnete die Tür und stellte sich vor Joshua auf. Dann bückte sich der hünenhafte Pirat, damit er mit seinem Gegenüber auf Augenhöhe war. Sein grüner Papagei krächzte dabei ein paar Mal.
„Nun, die Förmlichkeiten können wir ja mittlerweile weglassen, denn Polly hat mir erzählt, dass du in der Zwischenzeit herausgefunden hast, dass ich William Bleu Chuck heiße, besser gesagt Kapitän William Bleu Chuck, und zwar dritter Krakenkapitän des berühmten Krakenschiffs!“ Bleu Chuck fuhr sich mit einer Hand stolz durch seinen dichten, schwarzen Bart. „Das mit Balondo war nur gelogen. So heißt in Wirklichkeit nämlich mein treuer Hund.“ Der Kapitän warf dem Vierbeiner einen tierlieben Blick zu. „Damals auf dem Jahrmarkt konnte ich dir meinen richtigen Namen nicht verraten, denn er ist im ganzen Zauberland bekannt. Früher oder später wäre ich aufgeflogen, und deshalb habe ich den Namen meines Hundes Balondo angenommen. Ich hoffe, du verzeihst mir?“ Joshua antwortete nicht, er hatte Angst. „Nun, wie auch immer, du kannst mich ruhig William nennen“, sagte der Pirat und bot Joshua die Hand an.
Joshua verweigerte den Handschlag, denn er traute dem Piratenkapitän keinesfalls mehr über den Weg und hielt seine Nettigkeit nur für gespielt. Bleu Chuck zog seine Hand schließlich enttäuscht wieder zurück.
„Naja, ich kann es dir eigentlich nicht verübeln, denn schließlich bin ich es gewesen, der dich gefunden und hierher gebracht hat, und somit auch für deinen Tod verantwortlich sein wird. Vergessen wir einfach die gespielten Freundlichkeiten!“
Der trügerische nette
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