Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
mächtiger Brustkorb sich einmal hob und wieder senkte.
„Da geht’s weiter !“, befahl der Pirat und gab Joshua einen unsanften Schubs.
Nach ein paar Schritten erreichten sie ein Zimmer, das im Gegensatz zu den heruntergekommenen Schiffsteilen, die Joshua bis jetzt gesehen hatte, recht gut erhalten geblieben und hier und da auch verschönert worden war. Es war für die Verhältnisse auf dem Schiff recht gemütlich eingerichtet. Es gab einen runden Tisch, zwei ältere Ohrenbackensessel und einen mit Gold umrahmten Spiegel; an der Decke hing eine grüne Öllampe und neben der Tür befand sich ein Hutständer mit diversen Kapitänshüten.
„Das ist mein altes Kapitänszimmer …“, sagte Bleu Chuck und verfiel dabei wieder in einen freundlichen Plauderton. „Hübsch, nicht wahr?“
Nach einer Weile zeigte er auf eine senkrecht hängende, vergoldete Querstange, die direkt vor einem der Fenster von der Decke baumelte und bei jeder Wellenbewegung mitschwang. An dem einen Ende war ein kleiner Spiegel angebracht, der von einem kitschig und bunt glitzernden Rahmen eingefasst war.
„Das ist Pollys alter Platz. Dort oben hat er immer gesessen und sich manchmal stundenlang mit seinem Spiegelbild unterhalten. Witzig, nicht wahr? Tja, auch magische Papageien verlieren ihren Hang zum Spiel nicht. Wusstest du übrigens, dass Polly ein magischer Papagei ist? Vermutlich nicht, wie? Ist er aber. - Ach, bevor ich’s vergesse: Polly hat sich übrigens bei mir beschwert. Er hat mir erzählt, dass ihn am Brookmanns Park so ein dicker Mann mit einer Flinte angeschossen und anschließend im Garten verbuddelt hätte. Das fand er gar nicht lustig. Ein Glück, dass Polly so ein Pfundskerlchen ist und das Ganze nach einer kurzen Erholung gut weggesteckt hat, - denn ansonsten hätte ich dir das Geburtstaggeschenk wohl persönlich vorbeibringen müssen, harhar!“
Joshua bekam plötzlich wieder ein ganz mulmiges Gefühl. Bleu Chuck nahm kurz darauf ein altes Schriftstück aus seiner Manteltasche heraus und entfaltete es. „Ich möchte dir gerne etwas vorlesen.“ Er holte tief Luft und begann zu lesen:
„ Auf all deinen Reisen
werde ich dir den Weg weisen.
Auch wenn es dunkel ist,
und du einsam und verloren bist,
werde ich dich begleiten,
über alle Berge und in allen Gezeiten.
***
Deine Dich immer liebende Mutter.“
Bleu Chuck grinste und steckte den Zettel wieder zurück in seine Tasche. Joshua lief derweil ein eiskalter Schauer über den Rücken; es war das Gedicht, welches er in der Geschenkbox an seinem dreizehnten Geburtstag gefunden hatte, und es hatte die Unterschrift Mary-Anns getragen.
„ Ein schönes Gedicht, nicht wahr?“ Der Krakenkapitän erwartete keine Antwort, also redete er einfach weiter. „Ich habe es selbst geschrieben…, damit du hierher kommst, haha! Genauso, wie ich auch den ganzen Rest des Geburtstagsbriefs geschrieben habe, harhar.“
Das, was Joshua eigentlich schon längst erahnt hatte, stimmte also wirklich ! Das mysteriöse Geburtstagsgeschenk stammte also nicht von seiner Mutter Mary-Ann, sondern von Kapitän Bleu Chuck. Die aufkeimende Wut in Joshua verdrängte einen Teil seiner Angst, und am liebsten hätte er den Krakenkapitän jetzt angegriffen, aber so ein Narr war er dann doch nicht.
Der untote Piratenkapitän faltete seine riesigen Hände vor seiner Brust und legte ein zufriedenes Lächeln auf. „Was bin ich doch für ein alter Fuchs, nicht wahr? Aber w enn ich heute alles noch einmal überdenke, dann hätte ich wohl vieles anders gemacht. Ich hätte dich verzaubern, in ein Paket packen und nach Zomana schicken sollen. Aber wer hätte schon gedacht, dass du kleiner Knirps so viele Probleme bereiten würdest.“ Bleu Chucks Stimme war kurz kindisch geworden, dann wurde sie aber wieder todernst. „Ich jedenfalls nicht!“
Der Piratenkapitän schubst e Joshua wieder hinaus auf den Flur und zog ihn hinter sich her.
„ Naja, zumindest hast du den Weg nach Zomana dann ja doch irgendwie gefunden, wenn auch mit ein wenig Verspätung. Haha, hier muss ich allerdings eingestehen, dass ich daran auch ein wenig Schuld hatte, denn ich hatte nicht daran gedacht, dass die goldene Eintrittskarte, die ich dir in die Geschenkbox gelegt hatte, abgelaufen war. Das war nämlich meine eigene goldene Eintrittskarte und die ist, wie du dir sicher vorstellen kannst, schon über zweihundertfünfzig Jahre alt. Du kannst sie aber gern behalten.“
Am Ende des Korridors befand
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