Joshua Fantasio & Kalitos Legende und der schwarze Zeitmesser (German Edition)
jegliche Aussicht nach draußen oder drinnen verwehrte.
Der dritte Krakenkapitän stieß die Tür mit seinem Holzbein auf; durch den Ruck wäre Polly beinahe von der Schulter gefallen. Grelles Sonnenlicht fiel auf Joshua, als der Kapitän ihn nach draußen zerrte.
„Wir sind da! Herzlich willkommen an Deck des Krakenschiffs, Kalito!“, sagte Bleu Chuck gemeinherzig und ließ seinen schwarzen Bart im lauen Wind wehen.
Das Krakenschiff war ein großes Schiff und Joshua verstand auf den ersten Blick , warum es früher der Schrecken der Meere genannt wurde. An seiner breitesten Stelle maß es bestimmt zwanzig Meter und lang musste es über einhundertfünfzig Meter sein, glaubte Joshua. Über ihm flatterten schwarze Segel, die alle das Symbol der Skelettkrake trugen. Das riesige Hauptsegel war gigantisch und mindestens so groß wie ein ganzes Fußballfeld, und der Mast, an dem es wehte, war dick wie ein Eichenbaum.
Joshua, Bleu Chuck und Polly kamen aus dem Mittelstück des Schiffs heraus. Als sie ins Licht des Oberdecks traten und die übrigen Piraten sie erblickten, wurden sämtliches Gerede und alle Tätigkeiten eingestellt, bis absolute Stille herrschte. Im Hintergrund klimperte irgendjemand auf einem Klavier herum, aber auch das Musikstück erstarb kurz darauf abrupt. Die Seeleute und Matrosen starrten auf den kleinen Jungen und hielten für einen Moment die Luft an, obwohl die untote Crew eigentlich gar nicht mehr zu atmen brauchte. Dann brach die gesamte Besatzung in Jubelschreie aus, und Joshua war sich klar darüber, dass er der Grund für die plötzliche Euphorie war. Er fühlte sich wie eine Zirkusattraktion oder wie ein gefangengenommenes Beutetier, das nach langer Jagd nun endlich stolz präsentiert werden konnte.
Bleu Chuck packte Joshua am Kragen und hob ihn mit nur einer seiner riesigen Patschhände hoch. Er schwenkte ihn wie eine Marionette einmal im Kreis, wodurch die ausgelassenen Jubelrufe der Matrosen für einen Moment noch lauter wurden. Als er den Zauberschüler wieder auf den Boden setzte, musste Joshua erst einmal tief durchatmen. Sein Herz überschlug sich geradezu, als die gespenstische Crew langsam näher rückte.
Viele der untoten Piratenmatrosen hatten sich nicht die Mühe gemacht und sich nach ihrer Wiederauferstehung schöner gezaubert, wie es Bleu Chuck gemacht hatte; nein, sie torkelten halb verwest übers Deck, bei einigen glichen ihre Arme und Beine blanken Knochen. Glücklicherweise trugen sie alle Seemannskleidung, so dass ihre knöchernen Skelette größtenteils bedeckt blieben, aber für Joshua waren sie noch immer furchteinflößend genug.
Die ehemaligen Krakenschiffpiraten bildeten einen Kreis um ihn und Bleu Chuck. Sie glotzten den kleinen Jungen an, als wäre er ein schmackhafter Leckerbissen, den sie am liebsten sogleich verspeist hätten. Aus dieser Nähe konnte Joshua alle schrecklichen Einzelheiten der finsteren Matrosen erkennen.
Die stark verweste Haut der meisten Piraten war grau und schrumpelig und an vielen Stellen traten ihre weißen Kno chen hervor. Einige hatten sogar noch Haare auf dem Kopf und ihre Augen waren alt und klein, sofern sie denn überhaupt noch welche besaßen, denn viele Piraten starrten ihn aus leeren schwarzen Augenhöhlen an!
Obwohl Joshua angesichts der schrecklichen Lage kaum mehr einen klaren Gedanken zu fassen vermochte, fiel ihm sofort auf, dass alle Piraten, die ihn anstarrten, meerwasserblaue Augen hatten; selbst in den leeren Augenhöhlen von denjenigen, die ihre Aug äpfel verloren hatten, brannten winzig kleine und bläuliche Flammen.
Plötzlich schoben sich drei dickbeleibte Herren mit wallenden Bärten durch die Matrosenansammlung. Sie sahen aus wie lebendige Menschen und trugen kapitänswürdige Kleidung. Auf ihren Köpfen ruhten pompöse Hüte, an ihren Gürteln steckten gewaltige Säbel und unter ihren buschigen Augenbrauen glitzerten hellblaue, intelligente Augen.
„Darf ich vorstellen!“, posaunte Bleu Chuck fröhlich zu Joshua. „Das sind die anderen drei Krakenkapitäne! John Silver Longhorn, der erste Krakenkapitän; Elvis Paffeloi, der zweite Krakenkapitän und der vierte Krakenkapitän, Sir Jack Pullings!“
Nachdem Bleu Chuck die Krakenkapitäne der Reihe nach höflich vorgestellt hatte, applaudierten die drei Kapitäne.
„Herzlichen Glückwunsch, du hast es wahrlich geschafft, William“, sagte John Silver Longhorn und grinste Joshua mit seiner lückenhaften Zahnreihe an. „Was ist er doch für ein
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