Joy Moci - Ab jetzt wird alles anders
die Technisierung ein. Der Fortschritt war
nicht mehr aufzuhalten. Im Laufe der Jahre war der Mensch
am Fließband immer mehr zu ersetzen.
Die Arbeit konnte durch Maschinen schneller, günstiger und häufig auch mit weniger Fehlern bewältigt werden. Die kleinen Einzelhandelsgeschäfte wichen großen Kaufhäusern und Konzernen. Die Produktion vieler Waren durch liebevolle Kleinarbeit wurde jetzt von einer Maschine am Fließband erledigt. Zu einem Bruchteil an Kosten. Könnt ihr mir bis hierher folgen, Steven, Sarah?“
„ Ja, Mama, alles völlig klar. Und was hat der Mensch dann noch geschaffen? Irgendwas willst du damit doch noch ausdrücken.“
„ Ja, ich möchte euch beiden meine Lebensphilosophie ans Herz legen. Ich wünsche mir, dass ihr zwei darüber einmal in Ruhe nachdenkt. Alles, was auf dieser Welt existiert, alles was ist, hat der Mensch geschaffen. Er schaffte das Zeitalter der Industrialisierung und alles, was dazu gehörte und diesem folgte. Er machte sich sozusagen selbst überflüssig und arbeitslos. Er hat sich selbst wegratio-nalisiert. Ein paar Millionen Arbeitslose sind in Deutschland eine Folge dessen. Viele Menschen spüren ständig einen Druck in sich, etwas optimieren zu müssen. Auch euer Vater hatte diese „Krankheit“. Er war ständig von sich selbst angetrieben, Dinge immer wieder besser machen zu müssen. Immer wieder hatte er das Gefühl, nicht zu genügen, nicht genug getan zu haben. Nicht wertvoll genug zu sein. Immer wenn er Menschen helfen wollte und diese seine Hilfe nicht oder nur in anderer Form annahmen, fühlte er sich nutzlos. Einmal in diesen Kreislauf geraten, schaukelt sich alles nur noch hoch. Wir optimieren dann das Optimierte, ohne die Sache bis zu Ende zu denken. Manchmal glaube ich, euer Vater wollte sich selbst durch sein ständiges Bemühen und Handeln bestrafen.“
„ Hm, das hört sich aber mächtig komisch an, Mama.“
„ Ja, ich weiß, Steven“, antwortete Sandy.
„ Versucht euch beide bitte einmal in die Lage eures Vaters zu versetzen. Schon allein deshalb, damit ihr beide die Welt mit anderen Augen betrachten könnt.
Das Leben ist weder gut noch schlecht. Es ist das, was jeder von euch daraus macht.“
„ Das hat aber meine Lehrerin völlig anders erzählt“, antwortete Steven. „Die sagt immer, Kinder, das Leben ist schwer. Die redet auch immer irgendwas von: Das Leben ist ein Kampf. Hab mich schon ein bisschen gewundert, mit wem ich denn kämpfen soll. Ich habe das auch nicht so richtig verstanden, Mama.“
„ Das bringt es doch auf den Punkt, Steven.
Wenn deine Lehrerin das so empfindet, dann ist das ihre Meinung. Wenn ich das anders empfinde, dann ist es meine. Du hast doch vorhin gesagt, dass ich ausgeglichener bin als euer Vater. Ja, das bin ich. Obwohl wir im selben Haus wohnen. Ich empfinde anders, weil ich mir andere Gedan-ken mache. Weil ich Dinge und Umstände anders wahr-nehme. Ich gebe euch beiden noch ein Beispiel, damit ihr das verstehen könnt. Ist euch eigentlich aufgefallen, dass ich nie Druck gemacht habe, wenn ihr beide keine Lust zum Lernen hattet?“
„ Ja, Mama, das ist uns aufgefallen“, antwortet Sandy neugierig. „Meine Schulfreundinnen haben ständig darüber
geschimpft, wie viel Druck ihre Eltern zu Hause machen, damit sie gute Noten schreiben, und dass das mit der Schule überhaupt keinen Spaß mehr macht. Steven und ich, wir haben öfter darüber geredet. Du hast uns immer machen lassen. Wenn wir keine Lust hatten und mit einer nicht ganz so tollen Note nach Hause kamen, hast du immer gesagt: Naja, nächstes Mal wird es wieder besser. Und es wurde immer wieder besser. Wir haben uns dann wieder angestrengt, und es hat geklappt. Aber was meinst du mit dem Beispiel, Mama?“
„ Ich nehme auch hier die Dinge anders wahr“, antwortete Sandy. „Wenn ich bemerke, dass ihr beide zu etwas keine Lust habt, dann hat das doch einen Grund. Der liegt dann evtl. ja nicht unbedingt nur bei euch. Ich beobachte dann, was passiert. Warum die Situation so ist, wie sie ist. Ohne dass ich dann groß Gezeter mache, löst sich das in der Regel von alleine. Es kann ja sein, dass der Stoff in der Schule nicht richtig erklärt wurde. Oder dass die Lehrerin gerade in einer Stressphase ist oder irgendetwas anderes eben nicht passt. Und wenn ihr beiden das Ding dann gar nicht regeln könnt, dann kommt ihr ja sowieso zu mir. Das weiß ich doch. Ich bin immer für euch da, wenn ihr Hilfe
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