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Joyland

Titel: Joyland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wehende Wind ein kleines Lied anstimmte, wenn er durch die Verstrebungen des Carolina Spins blies. Mit den kühlen Verbindungstunneln unter dem Park. Und dem Jargon, der Geheimsprache, die die anderen Grünschnäbel bis zu den Weihnachtsferien vergessen haben würden. Ich wollte all die tollen Wörter nicht vergessen. Ich hatte das Gefühl, dass in Joyland noch mehr auf mich wartete. Ich wusste nicht, was, nur eben einfach … mehr.
    Aber so seltsam das klingt – und ich habe immer wieder in meinen Erinnerungen gekramt, ob es überhaupt wahr ist –, der Hauptgrund scheint gewesen zu sein, dass unser zweifelnder Thomas den Geist von Linda Gray gesehen hatte. Und das hatte ihn verändert, nur ein klein wenig, aber doch deutlich spürbar. Wahrscheinlich wollte sich Tom gar nicht ändern – er war mit sich zufrieden, so wie er war –, aber ich wollte mich verändern.
    Ich wollte sie auch sehen.
    *
    Im Laufe der zweiten Augusthälfte erklärten mir mehrere der alten Hasen – Paps Allen zum Beispiel und Dottie Lassen –, ich solle beten, dass es am Labor-Day-Wochenende regne. Der Regen blieb aus, und spätestens am Samstagnachmittag hatte ich begriffen, was sie meinten. Die Conies überrannten den Park geradezu, um sich ein letztes Mal auszutoben, und Joyland war rappelvoll. Zu allem Übel war die Hälfte der Saisonkräfte inzwischen an ihre unterschiedlichen Schulen und Universitäten zurückgekehrt. Die Übrigen schufteten wie die Hunde.
    Manche von uns schufteten nicht nur wie die Hunde, sondern auch als Hunde – als ein Hund, genau genommen. Einen Großteil dieses Wochenendes sah ich durch das Gittergewebe von Howies blauen Augen. Allein am Sonntag stieg ich ein Dutzend Mal in dieses verfluchte Kostüm. Nach meinem vorletzten Auftritt des Tages fuhr ich mit einem der Elektrowägelchen den Boulevard unter der Joyland Avenue entlang, als sich die Welt um mich herum plötzlich zu drehen begann und alles in grauen Schatten verschwamm. In Linda Grays Schatten, dachte ich noch.
    Ich hatte mir das Fell bis auf die Taille runtergeschoben, damit ich die kühle, klimatisierte Luft auf meiner verschwitzten Brust spüren konnte, und als ich merkte, wie mir schwarz vor Augen wurde, schaffte ich es immerhin noch, rechts ranzufahren und den Fuß von dem Gummiknopf zu nehmen, der als Gaspedal diente. Fat Wally Schmidt, der die Bude betrieb, wo man sein Gewicht raten konnte, machte zu dem Zeitpunkt gerade eine Pause in der Abdeckerei. Als er mich entdeckte, wie ich über dem Lenker des Wägelchens zusammengesunken dasaß, holte er einen Krug Eiswasser aus dem Kühlschrank, kam zu mir herübergewatschelt und umfasste mit seinen Patschhänden mein Kinn.
    »He, Grünschnabel. Hast du noch so einen Anzug, oder ist das der einzige, der dir passt?«
    »'s gibt noch einen«, murmelte ich, und es klang, als wäre ich besoffen. »Inner Schneiderei. Is 'ne Sondergröße.«
    »Na, dann ist ja gut«, sagte er und kippte mir das Eiswasser über den Kopf. Mein Entsetzensschrei hallte den Boulevard entlang, woraufhin mehrere Leute herbeigerannt kamen.
    »Verdammt, Fat Wally, was soll das?«
    Er grinste. »Weckt einen richtig auf, was? Aber und wie! Labor Day, Grünschnabel. Tag der Arbeit. Das heißt, hier wird nicht rumgepennt. Und dank deinem Schutzengel, dass es da draußen keine vierzig Grad hat.«
    Wenn es vierzig Grad gehabt hätte, würde ich diese Geschichte jetzt nicht erzählen; ich wäre mitten in einer Tanznummer auf der Wiggle- Waggle- Bühne mit verbratzeltem Gehirn tot umgefallen. Aber an jenem Labor Day war es sogar bedeckt gewesen, und vom Meer her wehte eine angenehme Brise. Irgendwie hab ich das alles überstanden.
    Am Montag, dem eigentlichen Feiertag, ungefähr um vier Uhr, als ich zum letzten Mal in diesem Sommer in das Ersatzkostüm schlüpfte, kam Tom Kennedy in die Schneiderei geschlendert. Statt Hundekäppi und schmutzigen Turnschuhen trug er gebügelte Khakihosen ( Wo hast du die nur versteckt gehabt, fragte ich mich) und schwarze Halbschuhe. Das weiße Hemd hatte er sich ordentlich in die Hose gesteckt. Der rotwangige Schweinehund war sogar beim Friseur gewesen. Er wirkte von Kopf bis Fuß wie ein Student, der vorhatte, schnellstmöglich Karriere zu machen. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, dass er noch zwei Tage zuvor in einer dreckigen Jeans herumgerannt war, über der jedes Mal, wenn er mit einer Büchse Schmieröl fluchend unter den Zipper gekrochen war, wenigstens zwei Fingerbreit Arschspalte sichtbar

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