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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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lächelte viel und furchtsam, bat unzählige Male um Pardon, suchte seine Mitteilungen durch kleine, schüchterne, unbehilfliche Scherze zu erhellen. Der Herzog war ein schwieriger Patient, den Kollegen Georg Burkhard Seeger hatte er mit dem flachen Degen halbtot geprügelt; auch zerschmiß er gerne Medizinflaschen an den Köpfen seiner Ärzte.
    »Also dann?« herrschte der Herzog den Arzt an. Der Doktor Wendelin Breyer suchte sich mit etlichen flatternden Bewegungen aus dem Bereich Karl Alexanders zu bringen. »Eine Goutte militaire!« wimmerte er dann mit seiner angestrengten Stimme und meckerte ein wenig. »Eine ganz kleine, unbedeutende Goutte militaire.« Da der Herzog finsterschwieg, fügte er eilig hinzu: »Euer Durchlaucht mögen sich ja keine Melancholie und schwarze Gedanken darüber machen. Solche Goutte militaire hat nichts gemein mit der bösen Lustseuche oder französischen Krankheit. Denn während letztgenannte Krankheit aus einem in der weiblichen Scheide präexistierenden Gift stammt, so der Teufel dort hineingebannt hat, ist Eurer Durchlaucht Indisposition nur als etwas Beiläufiges, gewissermaßen als ein leichter Schnupfen der Allerhöchsten Harnblase anzusprechen. Euer Durchlaucht werden mit Gottes Hilfe in etwa drei Monaten davon befreit sein. Ich erlaube mir noch submissest anzumerken, daß besagte kleine Indisposition bei allen großen Heerführern der Christenheit gang und gäbe ist. Nach den Chroniken haben auch die großen antikischen Generale Alexander und Julius Cäsar daran laboriert.«
    Der Herzog winkte dem Arzt finster Entfernung, und der zog sich unter vielen weiten und entschuldigenden Bewegungen zurück.
    Der Medikus fort, schnaubte Karl Alexander durch die Nase, hieb mit dem Marschallstab zornig eine kleine Porzellanfigur entzwei. In jüngeren Jahren hatte er zweimal diese schmutzige Krankheit gehabt, damals wußte er nicht, von wem. Diesmal wußte er es. Das Saumensch, das dreckige! So zier und lecker schaute sie von der Bühne her, so flink zappelten ihre Augen, so erfahren und angenehm züngelte sie, so appetitlich sah das ganze Frauenzimmer. Ein Wind, ein Hui, ein wohliges Parfüm. Und hatte den Dreck und Gift und Teufel im Leib. Metze, gottverfluchte! Aber er wird sie stäupen lassen, sie mit Ruten aus dem Land jagen.
    Er begnügte sich dann, sie eine Fuhre Kot durch die Stadt fahren zu lassen, wie man es mit Weibspersonen hielt, die der Unzucht überführt waren. In grobem Kittel wurde die kleine, leicht fette, gelbe Napolitanerin durch die Straßen geführt, schwer schleppte sie an ihrer Fuhre Mist, ratlos und verhetzt schauten die lebendigen Augen, ein großer Zettel mit der Inschrift »Metze« hing ihr um den Hals. Die Bürger schnalztenbedauernd, das hätte man eher wissen sollen; der Most wäre, eh daß er sauer ward, einem gewiß sehr süffig eingegangen, da hätte man sich gern sein Schöpplein geholt. Die Frauen aber spien sie an und warfen sie mit Abfall. So wurde sie krank und ohne Geld aus der Stadt gejagt.
    Es litten aber an der gleichen Krankheit wie der Herzog der General Remchingen und der Schwarzbraune.
    Remchingen und Karl Alexander saßen zusammen und fluchten auf die Weiber. Mit grimmigen Späßen verfolgte der Herzog den Süß. Der hatte sie doch auch gehabt, als erster wahrscheinlich, und der war heil davongekommen. Weiß der Satan, durch was für schwarze, jüdische Kunst.
    Aber semmelblond und in dicker Ratlosigkeit saß der Expeditionsrat Götz. Er war der einzige, der die Zusammenhänge überschaute. Er hatte die Krankheit überkommen von der Kellnerin im »Blauen Bock«. Er hatte sie an die Welsche weitervererbt, die er in großer Unschuld als seine liebe Herrin und Geliebte ästimierte. Bei anderer Lage der Dinge hätte er es für seine unbedingte Pflicht gehalten, alles gutzumachen, ja vielleicht sogar die Welsche zu ehelichen. So aber, wie man in der Hofgesellschaft respektvoll lächelnd von dem kleinen galanten Leiden des Herzogs flüsterte, wie er langsam begriff, wie er erkannte, daß er, der allerdemütigste und ehrerbietigste Untertan, seinem Souverän die lästige und schmutzige Affäre angehängt hatte, brach seine Welt zusammen. Daß er bei seiner Loyalität seinem Fürsten diesen schmutzigen Tort antun konnte, daß es möglich war, schuldlos in solche Schuld verstrickt zu werden, warf ihn um. Er beschloß zunächst, sich zu erschießen. Später indes sagte er sich, daß eigentlich die Napolitanerin an allem schuld sei; sie hatte ihn in

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