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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Jahre in Italien verbracht, hatte seine diplomatischen Künste in Venedig erlernt, er liebte die helle, südliche Luft, er fand sie in seinem Würzburg wieder. Sein Katholizismus kam ihm tief aus dem Blut, sein Essen und Trinken, wie er stand und ging, war katholisch. Er sah die Kirche, wie er sie in Italien mit allen Sinnen eingesogen hatte. Die Sammlungen des Vatikans waren ein Teil davon, die venezianische Diplomatie war ein Teil davon, selbst das Albanergebirge war ein Teil davon. Alles, was schön war in der Welt, und das war, Gott sei Dank!, sehr vieles, Messen und Kirchen und Wein und Kunstwerke und Staatsstreiche und eine schöne Predigt und eine gut gewachsene Frau, alles, was hell und heiter war in der Welt, war römisch und katholisch. Aber was dumpf war und verquollen und nebelig und spinnwebfarben, das war evangelisch, sächsisch, brandenburgisch. Er haßte den Protestantismus nicht; denn er haßte nichts auf der Welt. Aber er war ihm tief zuwider. Diese graue, nüchterne Liturgie, diese fahle, verzwickte, dunstige Theologie, das war schlechte Luft, war Pöbelweisheit, steriles Gewäsche. Die Apostel selber, wenn sie heute wiederkämen, verstünden nichts von den Dingen, um die diese sogenanntenTheologen stritten. Nicht atmen konnte man in dieser dumpfen, grauen Welt. Aber, gloria in excelsis!, von diesen heiteren schwäbischen Fluren hob sich der Nebel jetzt, er, Friedrich Karl, hatte sein gut Teil dazu beigetragen, dem Land die helle, katholische Luft zu schaffen, die ihm soviel besser anstand. Jetzt fuhr er, einen neuen Herzog im rechten Glauben zu taufen. Ei, wohl war es eine gut eingerichtete Welt! Ei, wohl war es eine Lust zu leben. Und er atmete fröhlich die milde Luft und er scherzte mit seinen klugen Räten und er schenkte den Kindern an seinem Wege Münzen und er schaute wohlgefällig auf das artige Aufwartemädchen im Wirtshaus. Und sein schwerer Leib schwankte zufrieden und sein feistes, kluges Gesicht strahlte Heiterkeit über alle seine Umgebung.
    Aber dem Land ging er auf wie ein blutig roter, Unglück kündender Vollmond. Ach, der Sieg, den man im Stettenfelser Handel errungen, war nur eine kurze Aufhellung gewesen. Jetzt zeigte sich, daß das Land umstellt war, daß die Maschen des Netzes von allen Seiten geknüpft waren. Was halfen alle Klauseln und fürsorglichen Reversalien gegen die höllisch schlauen Interpretierungskünste der Würzburger Räte! Und selbst wenn man dagegen aufkam, wenn man sie säuberlich Punkt um Punkt widerlegte, frommte es doch zu nichts; denn hinter den Würzburgern stand das Militär, standen die Bajonette der herzoglichen Armee. Hatte der Jud den Leib und das Geld genommen, so kam jetzt der Katholik und fraß die Seele. Katholizismus, das hieß Preisgabe seiner selbst, Preisgabe aller menschlichen und politischen Freiheit. Das hieß Militär-Absolutismus, hieß Löcherung aller bürgerlichen Tugend und Tüchtigkeit, hieß eine große, dumpfe Masse von Knechten und ein kleines Häuflein zuchtloser Höflinge schrankenlos darüber. Katholizismus, daß hieß die Herrschaft Beelzebubs, hieß Üppigkeit, Schamlosigkeit, Tyrannei, Hurerei, Völlerei. Wie eine Raupe schlug das Land um sich. Aber es war ein kraftloses, hoffnungsloses Umsichschlagen. Der Jud hatte gut vorgearbeitet, so hatte der Katholik leichtes Werken.Resigniert und stumpf, eingeschüchtert von dem herrischen Gewese der Beamten, den Fußtritten der katholischen Offiziere, hockten in den Schenken die Bürger, hatten für die neuerliche Ankunft des Würzburgers nur ein ohnmächtiges, höhnisch stumpfes Gelächter. Da hat man’s ja! Da sieht man’s ja! Aber weiter nicht wirkte der Zorn sich aus, und alle saßen sie jetzt wie der schweinsäugige Konditor Benz giftig und geduckt.
    Die Geheimen Räte Harpprecht und Bilfinger stemmten sich schwer und kräftig den Absichten des Herzogs entgegen. Doch wenn sie auf administrativem Gebiet manches erreichten, so besagte das nicht viel. Denn sie sahen sehr wohl, die Gefahr kam von anderer Seite her, sie lag in der Katholisierung der Armee. Und die war nicht aufzuhalten. Die Würzburger Herren, die Räte Fichtel und Raab, sahen denn auch den Bestrebungen der Württemberger still, vergnügt und kennerisch zu; ja, sie ließen ihnen höflich und mit ironischem Wohlwollen gelegentlich sogar einen kleinen Vorsprung. Es war amüsant zuzuschauen, wie die beiden schweren, biederen Protestanten sich fruchtlos abzappelten, während sie ihre Pläne einfach von der Zeit

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