Jud Sueß
Wie anders war er als der ungebärdige Michael Koppenhöfer, wie anders aber auch als die lauten, brutalen Offiziers. Und aneinanderlehnend, gleich Schwestern, himmelten sie von ihm, kosteten sie es aus, wie die beiden ersten Männer des Landes, der Herzog und der Jud, sie hofierten, während der Expeditionsrat unbehaglich schwieg.
Süß hätte wohl die beiden Frauen vor dem Herzog haben können. Doch er lächelte dunkel, wenn er es dachte; er tat, als seien sie zu hoch für seine Berührung, bemerkte ihr Entgegenkommen nicht, begnügte sich, sie so zu leiten, daß sie den Herzog nicht ans Ziel ließen.
Es begab sich aber um diese Zeit, daß ein holländischer Juwelenhändler einen besonders kostbaren Stein feilbot, das Auge des Paradieses genannt. Er stammte aus Indien, ein englischer Abenteurer hatte ihn von dort mitgebracht, er war wohl auf nicht ganz saubere Manier erworben. Wie immer, das Auges des Paradieses war der schönste und reinste Stein seiner Art in Europa. Der Großwesir wollte einen ungeheuren Preis dafür zahlen; bevor aber der Schatz wieder ins Morgenland entschwand, fragte der Amsterdamer Händler bei den großen Herren der Christenheit an, ob keiner den Preis des Heiden überbiete.
Wie nun die Damen Götz gelegentlich die Geschenke Karl Alexanders rühmten, sprach Süß vom Auge des Paradiesesund daß der Stein jetzt feil sei. Wer einer Dame ein solches Geschenk präsentiere, der erweise, daß er sie wirklich liebe; wer einen solchen Preis biete, an den sei keiner Dame Gunst verschleudert.
Es geschah, wie Süß es gewollt. Kitzelnd redete und leichthin die Demoiselle Elisabeth Salomea dem Herzog vom Auge des Paradieses. Karl Alexander sprach mit dem Dom Bartelemi Pancorbo über den Stein, und was er kosten könne. Ei, das sei wohl ein Demant und große Köstlichkeit, sagte mit seiner moderigen Stimme der Portugiese und streckte begehrlich den dürren Hals aus der riesigen Krause. Doch was er koste! Und er nannte den Preis, den der Großwesir geboten. Fünf Herrschaften hätte man und die zugehörigen Dörfer dafür kaufen können. Karl Alexander stutzte, wie er die ungeheure Summe hörte, und gab den Auftrag nicht.
Er ahnte, er wußte sehr wohl, wer in dem zarten, blonden Kopf die begehrliche Laune angezündet hatte. Aber er war kein Narr, daß er das gewaltige Geld – was konnte man Land und Soldaten darum kaufen! – hinwarf für ein Weib, das er schließlich ohne weiteres hätte aufs Bett schmeißen können; und durfte keiner ihn drum schelten nach dem, was er Zeit, Galanterie und Präsenter an die Weiber gehängt hatte. Allein jetzt wird der Jud ihn für einen Filz und Knauser ästimieren. Wird auf seine undurchdringliche, glatte, hundsföttische Manier den Weibern solche Mucken in den Kopf setzen, daß er vor ihnen steht als ein Filz und Harpagon. Auch seine Geilheit stieg hoch. Gift und Opperment! Kann eine Frau einem solchen mit Lust den Willen tun, der so als dreckiger Knauser vor ihr steht? Er ließ Dom Bartelemi rufen, gab dem Aufblühenden Ordre, den Stein zu erwerben.
Allein das Aug des Paradieses war, als Pancorbo eilends und giervoll zu dem Händler kam, verkauft. An wen? Der Händler wußte es nicht. Ein Mittelsmann hatte, ohne zu feilschen, den Preis des Großwesirs unwahrscheinlich hoch überboten.
»Um so besser!« schmunzelte der Herzog, erzählte denDamen Götz die Sache, bedauerte, daß er ihnen die Freude nicht habe machen können.
Zwei Tage darauf schenkte Süß der Demoiselle Elisabeth Salomea das Auge des Paradieses. Es war ein aus der Maßen kostbares Präsent, im ganzen westlichen Deutschland sprach man davon, der junge Expeditionsrat Götz wußte durchaus nicht, was er anfangen solle.
Ungerufen erschien Süß vor dem finstern Herzog. Auf die Art, wie es Karl Alexander zu tun pflegte, rühmte er frech, schmalzig, umständlich und sehr ins Detail die angenehmen Eigenschaften der Demoiselle.
Die Faust erhoben, stapfte der wütige Karl Alexander massig und bedrohlich auf den Juden zu. Der stand und rührte sich nicht und schaute ihn an.
Doch Karl Alexander hielt ein. Schnaufte röchelnd. »Wir sind quitt, Jud!« sagte er endlich heiser.
Aber der Jude schwieg. Und der Herzog wußte, daß er nicht erlöst war.
Unterdes hatte man in der Hofburg des Fürstbischofs von Würzburg einen besonders feinen, kniffligen Plan ausgetiftelt. Nach dem Muster der Regierung der österreichischen Niederlande sollte Württemberg eingeteilt werden in zwölf militärische
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