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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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– »Wenn ich jetzt dreißigtausend Gulden verlang, würdest sie mir geben?« – »Befehlen Sie!« – »Und würdest mir die Gurgel zudrücken, daß ich Blut schwitz! Ho! Ich hab jemand, der gibt mir das Geld ohne einen Heller Zins!« – »Sie wählen sich einen andern Geldmann?« fragte erschrocken der Jude. »Nein«, lachte behaglich der Prinz. »Fürs erste brauch ich dich mehr als je. Ich will noch wenigstens zwei Wochen bleiben; aber ich möchte heraus hier aus dem Loch von Gasthof. Miet er mir die Villa Monbijou! Installier Er sie, daß man in Versailles nicht daran mäkeln kann, mit Möbeln und Livree. Ich ernenne Ihn zu meinem Hoffaktor und Schatullenverwalter.« Süß küßte dem Prinzen die Hand, dankte überschwenglich.
    Karl Alexander schickte den Schwarzbraunen nach dem Schlößchen Eremitage, zu fragen, wann er aufwarten dürfe. Fuhr dann, so kurz der Weg war, in seiner soliden Kutsche vor, die trotz der neuen Lackierung noch reichlich altmodisch aussah; den Neuffer und den Kutscher aber hatte Süß bereits in neue Livree gesteckt.
    Auf Eremitage wurde der Feldmarschall mit größter Aufmerksamkeit empfangen. Außer dem Fürsten und Marie Auguste war noch der erste Thurn-und-Taxissche Intendant anwesend und der Geheimrat Fichtel. Franz Anselm von Thurn und Taxis war ein alter, erfahrener, sehr skeptischer Herr. Wohlwollend, heiter, neugierig, von umständlichen, sehr guten Manieren, liebte er Gesellschaft, medisierte gern und glaubte an nichts und niemand. Man hatte so viele gemeinsame Bekannte, am Wiener Hof, in Würzburg, in der Armee, im internationalen Adel. Der Fürst machte kleine, boshafte Anmerkungen, Karl Alexander sprach viel und lebhaft, stimmte bei, nahm in Schutz. Der Fürst hielt den feinen, langen Windhundschädel höflich hingeneigt, hörte aufmerksam zu. Karl Alexander gefiel ihm. Gewiß, er war etwas plump und erhitzte sich, was man nicht soll; auch hatte er wenig Urteil. Aber er hatte Temperament, und, mon Dieu, er war Feldmarschall, war Held, man verlangte Siege von ihm, keinen Verstand.
    Marie Auguste sprach zunächst wenig. Sie saß da, sehr fürstlich in dem taubengrauen Samtkleid, mit den kleinen, fleischigen, gepflegten Händen artig und preziös, wie es die Sitte vorschrieb, die obersten Falten des mächtig ausschweifenden Rockes haltend. Sehr weiß rundeten sich aus feinen Gelenken die bloßen Arme, venezianische Spitzen fielen über den Ellbogen. Mit dem matten Glanz alten edlen Marmors leuchtete unter Spitzen Brust und Nacken, hob sich der schlanke Hals. Klein, ziervoll, eidechsenhaft äugte unter strahlend schwarzem Haar das pastellfeine Antlitz. Mit unversteckter, wohlgefälliger Neugier beschaute sie aus den lebhaften, fließenden, dringlichen Augen den Prinzen, der neben dem schlanken Vater ungeheuer breit und männlich wuchtete.
    Der Geheimrat Fichtel sprach von einem Bravourstück Karl Alexanders. Marie Auguste erzählte, und schaute den Prinzen an, von einer welschen Opera in Wien, die sie gesehen, »Der Held Achilles«, wo Achilles, nachdem er die Leiche geschleift, etliches sehr Edle gesungen habe. »Ja«, bemerkte der Fürst, »in der Antike war man überhaupt edel.« Karl Alexander meinte, er handle nach dem Gefühl des Augenblicks und glaube nicht, daß er viel Anlage zum Edelmut habe. Worauf die Prinzessin, die Augen fest auf dem Errötenden, lächelte, es sei ja auch gar nicht von ihm die Rede gewesen. Und alle lachten.
    Es wurden eisgekühlte Getränke gereicht, für den kleinen Würzburger Geheimrat Kaffee.
    Dem blonden Württemberger gefiel die schwarze Prinzessin ausnehmend. Mille tonnerre! Wenn die in dem weiten Belgrader Schloß einem Ball präsidierte, da würden sie Augen machen, Türken und Ungarn und all das wilde Volk da unten. Das war eine Gouverneurin, mit der man Staat machen konnte, in Wien und überall. Und wo sie noch dazu die Dukaten mitbrachte, das wüste Belgrader Schloß zu renovieren. Ein Fuchs, der Würzburger, der Schönborn, und ein Freund, Kreuztürken, wirklich ein Freund und guter Kumpan, ihm sowas zuzuschanzen. Und die war nicht nur repräsentativ. Ein Racker, da kannte er sich aus. Die Augen, der Mund! Das war was fürs Bett. Er strahlte übers ganze Gesicht und mußte an sich halten, nicht mit der Zunge zu schnalzen. Eine Prinzessin von der kleinen, geschmackvollen Agraffe in dem strahlend schwarzen Haar – Kotz Donner, die haben es dick, die Regensburger – bis zu dem Atlasschuh, der manchmal unter dem taubengrauen

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