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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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rüstet man auf Eroberungen. Er spürt es, er ist der Mann dazu, aus seinem kleinen Staat einen größeren zu machen, vielleicht will’s Gott, einen großen. So, wie es jetzt ist, jedenfalls läßt er sein Land nicht. Da stößt man sich ja blau und kaputt an all den Ecken nach innen und außen und kann keinen Arm und kein Bein ausstrecken. So viel Strateg ist er und versteht er von der Kriegskunst, daß sein kleines Land der Lage nach der Kern ist zu einem größeren. Und auch die Zeit, der Krieg mit Frankreich, ist günstig. Wenn man nur richtig vorstößt nach den württembergischen Besitzungen jenseits des Rheins, nach der Grafschaft Mömpelgard, die so mitteninne liegt im Französischen, und von da aus weiter: für einen Militär ist das eine exzellente Basis. Dann das viele Kleinzeug mitten im Herzogtum und an den Grenzen, die Reichsstädte Reutlingen, Ulm, Heilbronn, Gmund, Weil die Stadt, er begreift nicht, wie seine Vorgänger das haben so üppig wuchern und florieren lassen. Er wird sorgen, daß das dem Herzog nicht wie Steine im Magen soll liegen, sondern wie gedeihlicher Fraß.
    »Euer Liebden sind sehr kühn«, lächelte der alte Thurn und Taxis und schnupperte mit dem feinen Windhundgesicht an seinem Tokaier. Wohlgefällig hörte er auf die temperamentvollen Projekte des Schwiegersohns. Er hielt das alles für bare Utopie, er glaubte nicht, daß sich davon auch nur ein Jota werde durchsetzen lassen; aber mein Gott!, der Herzog war Soldat, man verlangte keine politische Einsicht von ihm. Es war nett, anregend, amüsant, daß er so soldatisch ins Zeug ging. Zwei Monate in seiner Residenz, und das Feuer legt sich.
    Die beiden Kirchenfürsten lauschten aufmerksam den starken Worten Karl Alexanders. Sie hatten seine Katholisierungmit großem Eifer betrieben, einmal weil man jeder irrenden Seele zum Licht verhelfen soll, dann weil es ein starkes Propagandamittel war, den Württemberger herüberzuziehen, vor allem aber aus Spielerei. Große politische Pläne hatten sie wirklich nicht damit verfolgt. Nun Gott es aber so glücklich gefügt hatte und dem Neugewonnenen ein so mächtiges Relief gegeben, konnte man schmunzelnd die vielerlei Komplimente über die eigene weise Voraussicht einstecken. Vor allem aber galt es, die unerwartete Chance nach Kräften auszunützen. Solch Feuer, wie es der Herzog da abbrannte, war immer gut. Daran war manches Süpplein zu wärmen.
    Sachte begann der dicke Würzburger Fürstbischof. Der Bruder Herzog trage sich mit großen Plänen, zu denen ihm jeder christkatholische Fürst Gutes wünschen müsse. Aber er vergesse, daß Gott ihn ausersehen habe, in einem rebellischen und ganz verstockten Babylon zu herrschen. Diese verfluchten Evangelischen hätten die gottgewollten Rechte der deutschen Fürsten beknabbert wie die Ratten, daß sie nun gottsjämmerlich ramponiert in Fetzen hingen.
    Der Herzog: Der Württemberger sei nicht schlecht, sei ein loyaler Untertan und dem Fürsten treu. Es sei nur diese verfluchte Bande vom Parlament, die obstinate Kompanie von filzigen Eseln, die ihm seinerzeit die Apanage geweigert, diese sperrigen, hochverräterischen Hammel, die mit seinem Bruder gezettelt. Aber er sei auf dem Quivive gewesen und habe sich nicht um seinen Thron bescheißen lassen, und jetzt, an der Macht, werde er es ihnen heimzahlen und sie kuranzen, daß sie sollen Blut schwitzen. Und so wolle er kein Fürst sein und Soldat, so er ihnen nicht den Fuß werde auf den frechen Nacken setzen.
    Es lächelte der Abt: So einfach sei das nicht. Fürs erste habe der Bruder Herzog Vorausversicherungen gegeben für die Religion und allerhand Reversalien. Das sei Papier, Papier, Papier, schrie schwer vom Wein und wild der Herzog. Und gelassen der Jesuit: Gewiß; aber vorläufig bindend. Auch dieBibel sei zuletzt nur Papier, und doch stehe auf ihr Rom und die Welt. Geschmeidig mischte der Würzburger sich ein: Karl Alexanders Kraft und Weisheit, die Hilfe und List seiner Freunde, seine Soldaten und die Güte seiner Sache würden das Papier schließlich zerreiben. Die Katholisierung des Herzogtums, Basis und Eckpfeiler all dieser Pläne, sei schwer, aber nicht unmöglich. Man denke an die vorbildlich kluge und geglückte Katholisierung von Pfalz-Neuburg. Nur katholische Offiziere und Soldaten zunächst. Da kann keine Landschaft einreden. Dann alle Hofchargen mählich nur mit Katholiken besetzt, und schließlich alle Beamtenstellen im Land. Die Protestanten werden entlassen ohne Rücksicht,

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