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Jud Sueß

Jud Sueß

Titel: Jud Sueß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Augen von hemmungsloser, beredter Ergebenheit. Und wie modisch bis ins letzte Härlein er sich trug. Es war amüsant, so einen Juden um sich herum zu haben, der aussah wie der galanteste Herr von Versailles und sein arges jüdisches Herz, das doch sicherlich voll war von jeder Bosheit und giftigem Gewürm, hinter so einem feinen, hirschbraunen Rock verbarg.
    Hernach dann, als sie nur zu zweien waren, fragte ihn der Herzog nach der Stimmung im Land. Er fragte etwas von oben her und beiläufig; aber Süß durchschaute sofort und innerlicherheitert über so primitive Methoden seine Unsicherheit und wie sehr ihm an seinem Urteil lag. Sogleich stellte er sich auf Geschäft ein, auf Sachlichkeit, Konzentration, sorglichste Witterung. Saß, der kluge Finanzmann, mit gespannten Nerven, in Tätigkeit jede Sicherung. Drehte alle Räder seines Kalküls an, zerteilte rasch und präzis für alles zu Sagende Gründe und Gegengründe, rieb sie blitzblank, zählte, wog, rechnete. Holte den Herzog mehr aus als dieser ihn.
    Drei Dinge, sah er, wollte dieser Herzog hören: daß das Volk, unzufrieden, von ihm Erlösung aus aller Not erwarte, daß er der größte deutsche Feldherr sei, dem das Land die Mittel zu einer stattlichen Kriegsmacht als etwas Selbstverständliches schulde, daß das Parlament sich zusammensetze aus einer Bande filziger, eigensüchtiger, querköpfiger, rebellantischer Lumpen. Klug richtete Süß seine Antworten so ein, daß sie alle hinausliefen auf Bestätigung solcher Grundsätze.
    Unvermittelt schlug ihn der Herzog auf die Schulter: »Mit Seinem Magus hat Er mich nun doch nicht angeschmiert, Er Sapperlotter von einem Juden.« Süß zuckte zusammen, antwortete gegen seine Gewohnheit schleppend, unfrei, gezwungen, er habe sich die kabbalistischen Berechnungen auch was kosten lassen; kein Wunder, daß sie solid seien und stimmten. Der Herzog, lauernd und auch seine Laune nicht sehr echt: der Rabbi habe doch aber ein schlimmes Ende prophezeit. Wenn die Berechnungen so solid seien, warum Süß dann sein Geld und seine Dienste an ihn kette. Und Süß, nach einer Weile: was der Rabbi für gut und schlecht halte, das liege auf einem andern Gebiet, und nicht spintisierende Menschen wie Seine Durchlaucht und er brauchten sich um dergleichen subtile, metaphysische Dinge nicht hinter den Ohren zu krauen.
    Er verstummte plötzlich, behindert am Atem, den Kopf seitlich gezogen. Es war ihm, als schaue ihm ein Mensch über die Schulter, ein Mensch mit seinem eigenen Gesicht, aber ganz im Dämmer, nebelhaft. Auch der Herzog schwieg. Die Dinge um ihn verloren ihm ihre Farbe, der Jude vor ihm verfahlte. Er sah sich schreiten in einem seltsamen, unwirklichenTanz, vor ihm im Reigen schritt der Unheimliche, der Magus, Rabbi Gabriel, die eine seiner Hände haltend, die andere hielt Süß.
    Aus dem Gesicht riß ihn der Jude. Lenkte auf anderes. Der Herzog hatte verächtlich und erbittert von seinem Bruder gesprochen, dem Prinzen Heinrich Friedrich, und seinen Zetteleien mit der Landschaft. Hier hakte er ein, machte sich behutsam lustig über den sanften, untüchtigen Verschwörer, sprach dann von seiner Geliebten, dem stillen, dunkelblonden, dümmlichen Geschöpf. Der Herzog hörte interessiert, belustigt, boshaft zu. Ei potz! Das Geschöpf hatte ein mageres Fressen an dem sanften Heinrich, das war ein dünner Braten ohne Sauce. Er lachte maßlos, in seine Augen stieg ein arges, planendes Glitzern. Der Jude kannte das Mädel natürlich, er solle sie schildern. Süß beschrieb sie vorsichtig, zerlegte sie kennerisch, die Tochter des kleinen Landedelmanns, sanft, groß, schwer, ihre Blondheit, ihre warme, dumpfe Jugend. Der Herzog lauschte hämisch, gierig, befriedigt; sein Plan war offensichtlich reif geworden. »Er ist ein Kenner, Jud«, lachte er. »Er versteht sich auf Christenfleisch, Er Filou.«
    Süß, allein, lächelte tief, siegreich, überdachte seinen Weg. Er war klar. Dem Herzog schmeicheln, unbedenklich, ohne Furcht vor Übertreibung. Dem Herzog Geld schaffen, und durch Geld Weiber, Soldaten, Gloire. Mehr, immer mehr. Nicht übermäßig daran verdienen, aber so viel schaffen, daß man reich wurde, blieb auch nur ein kleiner Teil kleben. Keine Rücksichten auf die Landschaft. Sich klar und offen gegen sie stellen. Sie en canaille trätieren. Einziges Ziel: Geld für die herzoglichen Kassen.
    Er hatte Karl Alexander von der rechten Seite genommen. Er hatte auch gut getan, das Palais in Stuttgart zu kaufen. Als er Regensburg

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