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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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schulterte den Gehstock, lässig und elegant zugleich. Die braunen Augen ruhten auf ihr, frei von Bedrohung und Mordlust, wie er sie in jener Nacht des Fluchs gezeigt hatte. »Der Halsabschneider, und das meine ich durchaus wörtlich, war ihnen ein Dorn im Auge. Er hatte sie mehrmals bedroht und ihnen den Tod versprochen. Sie stehen sogar in deiner Schuld, wenn man es genau nimmt. Ohne dich hätten sie Penchenat niemals mit abgefeuerter Pistole erwischt. Die Geschosse, die er nutzte, sind tödlich für Wandler. Zudem haben sie die beiden enervierenden Jäger erledigen können, die das Gévaudan über Wochen hinweg mit ihren Fallen und Gruben zu einem sehr unfreundlichenOrt gemacht hatten.« Er gab ihnen einen Wink, und sie neigten das Haupt vor ihr. »Deswegen tut es ihnen leid, dass sie dich um ein Haar gefressen hätten.«
    Sandrine wusste von diesem Augenblick an, dass sie lebend aus dem Zusammentreffen hervorgehen würde. Wegen der Geister und aufgrund dessen, was sie den Loup-Garous ermöglicht hatte.
    Eine solche Leibwache hat nicht jeder. Bestien als abgerichtete, brave Schoßhündchen.
    Der Comte tippte sich gegen den Dreispitz. »Es war mir ein aufrichtiges Vergnügen, dich wiederzusehen, Sennerin. Sorge da für, dass die Geister weiter nach Tanguy Guivarch suchen, und du bist vor meiner Unzufriedenheit sicher.« Er wandte sich um und verschwand im Nebel, während die Bestien ausharrten, bis er verschwunden war. Der weiße Loup-Garou verzog sich zuerst, danach folgte ihm der schwarze. Sie trotteten davon, in den schützenden Dunst.
    Sandrine spürte ihr Herz noch immer rasch klopfen. Ihre Erinnerung an die Nacht seines Besuchs wurde lebendig. Sie sah den Comte vor sich am Tisch sitzen, sah seine Augen, hörte das Knirschen der Nähte seines Ledermantels. Damals war sie dem Tod näher gewesen als heute.
    Diese Gefahr bestand vorerst nicht mehr. Ihr Kopf war frei für ihre eigentliche Sorge, wegen der sie stundenlang durch Paris wandelte.
    Ich muss Anjanka finden.
    Die Geliebte war ihr wichtiger als ein unbekannter Mann namens Guivarch und der Fluch und die Rachsucht des rätselhaften Comte. Sandrine ging los, langsam und nachdenklich, da sie fürchtete, Spuren und Gerüche, die sie zu Anjanka führten, zu übersehen.
    Ich will sie wiederhaben!
     
    ***
     
    Zwei Stunden später eilte Dominic durch die verlassenen, verschneiten Straßen. Derart entspannt und zufrieden war er nach dem Genuss körperlicher Freuden schon lange nicht mehr gewesen. Und ihr Blut …
    Das war gut. Sehr gut!
    Dominic roch an seinen Fingern, an denen zweierlei Frauengerüche hafteten. Isabelle und Isabeaux hatten ebenso ihren Spaß gehabt wie er. Auch Genuss am Schmerz. Aus tiefen Kratzern auf ihren Rücken hatte er ihren vor Kraft und Ekstase überbordenden Lebenssaft geleckt. Sein Rausch verklang allmählich, der Geschmack haftete nur noch zart und kaum mehr spürbar am Gaumen.
    Wie die Zeit vergangen ist.
    Bis zum Schluss hatten er und Isabeaux die Schüchterne nicht wissen lassen, was er alles mit ihrer eigenen Schwester veranstaltet hatte. Sie würden es Isabelle auch nicht sagen. Die Vereinbarung lautete, dass man die
ménage à trois
zu gegebener Zeit wiederholen wollte.
    Zu schade, dass ich heute für die beiden Damen aus dem Leben scheiden werde. Ich werde als Held sterben. Das macht mich unvergesslich.
    Dominic kämpfte sich durch das Schneegestöber, bei dem ihm auch seine übermenschliche Geschwindigkeit nichts nutzte.
    Der Treffpunkt lag gleich vor ihm, und dennoch vermochte er nicht, die Männer und die beiden Wagen zu sehen. Er rückte den Hut zurecht, streckte die Hand aus und ließ einige Flocken darauf landen.
    Es hat auch Gutes: Der Schnee gibt uns Schutz vor neugierigen Blicken.
    Es würde einfacher als erwartet, das Haus de Flesselles zu leeren. Er hatte mit Frèderic vereinbart, den Frauen nicht alles zu nehmen, sondern ihnen eine Art Notgroschen zu lassen. Der Lohn für die Liebesdienste, wenn man so wollte. Seine Bandestimmte großzügig zu, zumal sie vor zwei Wochen bei den Comtes und der Comtesse fette Beute gemacht hatten. Die königstreuen Adligen waren den Räubern nichtsahnend in die Falle gegangen.
    Da wäre ich wirklich zu gern dabei gewesen. De Savoy hätte ich für sein Geschwafel die Fresse poliert.
    Vor Dominic tauchten die Umrisse der Wagen auf. Auf den Böcken saßen je zwei Gestalten in langen Kutschermänteln mit Dreispitzen auf den Köpfen und Schals vor den Gesichtern. Sie wirkten mit ihrem

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