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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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einem freundlichen Charakter getragen werden. Grausam, bösartig. Er konnte sich nicht erinnern, dass Isabeaux sie jemals beim Liebesspielgetragen hatte. Die dunklen, leeren Augenhöhlen ließen seinen Blick nicht mehr los – bis der Blutgeruch durchdringender wurde.
    Blut von dreierlei Personen …
    Dominic riss sich vom Anblick der Maske los und folgte dem durchdringendsten, frischesten Geruch ins Billardzimmer.
    Diese Tür stand auch offen.
    Auf dem Tisch lag eine zerfleischte Frauenleiche, Arme und Beine waren ausgestreckt. Der Geruch eines Schlachthauses schwebte in der Luft: Blut und Gedärme, rohes Fleisch. Und eine Prise Angst.
    Bei Gott!
    Er eilte erschrocken heran. Am Kleid und den Haaren erkannte Dominic, dass es sich um Isabeaux handelte. Sie war nicht zerfetzt, sondern angefressen worden. Scharfe Zähne hatten die Bauchdecke, die Brüste und alles weiche Fleisch verschlungen. Ein Biss ins Antlitz hatte ihre Schönheit in rotnassen Brei verwandelt. Das Blut rann über den grünen Filz und hatte ihn schwarz gefärbt, sickerte in die Kugeltaschen und troff zu Boden.
    Ein … Tier hat ihr das angetan! Wilde Hunde?
    Dominic erinnerte sich entsetzt, dass er sich gelegentlich verfolgt gefühlt hatte. Die wohlbekannten, schauderhaften Geschichten aus dem Gévaudan kamen ihm von selbst ins Gedächtnis.
    Aber wie sollte eine solche Bestie nach Paris kommen? Oder was sonst spielte sich in dem Haus ab?
    Seine feinen Ohren vernahmen ein huschendes Trappeln aus dem Foyer.
    Hier geht mehr vor als ein Überfall. Auf einfache Waffen werde ich mich lieber nicht verlassen.
    Dominic legte den Degen weg und rief seine übernatürlichen Kräfte zu Hilfe. Die Fangzähne wuchsen, die Nägel verwandeltensich in Krallen, mit denen er durch dickstes Leder drang. Seine Sinne wurden noch feiner.
Gewappnet.
    Es roch nach Wolf und Mensch gleichermaßen. Der Gestank drang aus dem Eingangsbereich zu ihm und hing erkaltend über dem Billardtisch.
    Loup-Garous!
    Er schluckte. Von diesen Wesen hatte er gehört und sie auf Zeichnungen gesehen, die angeblich bei den Treibjagden zustande gekommen waren.
    Ein leises Grollen aus drei verschiedenen Kehlen erklang.
    Sie sind in der Überzahl.
    Dominic überlegte fieberhaft, was er gegen sie unternehmen konnte. Silber gab es in der Villa jede Menge. Als Besteck, als Leuchter – aber leider nichts davon in dem Raum, in dem er sich befand. Er sah zum Fenster.
    Flucht?
    Auf der Straße erklang gedämpftes Räderrattern, gleichzeitig schlug die Standuhr Mitternacht. Schnelle, schwere Stiefelschritte kamen durch den Eingang.
    Die Männer!
    Dominic roch Frèderic, und er schloss die Augen. Er rechnete mit Todesschreien.
    »Hauptmann?«, hörte er gleich darauf Frèderics gedämpfte Stimme. »Wo steckst du?«
    Sind die Loup-Garous fort?
    Dominic hob die Lider und lief ins Foyer, seine Zähne und Krallen bildeten sich zurück.
    Sein Dutzend Räuber hatte sich bereits eingefunden, drei von ihnen hielten Blendlaternen und leuchteten umher. Beide Flügel der Eingangstür waren geöffnet.
    »Seid leise«, zischelte er. »Hinaus mit euch, wenn euch euer Leben lieb ist!« Dominic wollte sie ins Freie dirigieren.
    Aber weder Frèderic noch die Männer rührten sich. Dominicsah an den glänzenden Augen, dass sie mit derlei Reichtümern nicht gerechnet hatten. Die Lichtkegel huschten umher, rissen eine Kostbarkeit nach der anderen aus der Dunkelheit: die Gemälde, die Lüster und die Masken, deren Edelsteine erstrahlten und glitzerten. Einer der Räuber stieß ein knappes, ungläubiges Lachen aus.
    »Raus!«, befahl Dominic laut. »Macht schon, sonst …«
    »Wenn nicht die ganze gottverdammte Miliz und Lafayette persönlich in diesem Palast sind und uns auflauern«, unterbrach ihn Frèderic behutsam, »mache ich keinen Schritt ohne Beute hinaus!« Der Reichtum um sie herum wirkte lähmend auf ihre Muskeln und gleichzeitig bestärkend auf ihren Ungehorsam.
    »Das Kommando Necker will Beute«, drang Santos Stimme unter seinem Schal hervor. Der gebündelte Strahl seiner Laterne fiel auf die Bilder, dann auf einen gewaltigen Lüster. »Das sieht alles zu gut aus, um es hier zu lassen, Hauptmann.«
    »Jemand war vor uns da …«, versuchte Dominic zu erklären.
    »… und sie haben alles vergessen, was wertvoll ist? Wie schön!«, spöttelte Frèderic. »Was soll das? Woher die Skrupel?«
    »Sie haben die Frauen ermordet!«, redete Dominic hastig und sah zur Treppe. Der Wolfsmenschgeruch verstärkte sich

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