Judassohn
Abdeckung davon, als wäre es Papier.
Dominic kniff die Augen leicht zusammen.
Der Nachzehrer war ein Koloss von einem Mann, ein echter Germane, um die zwei Schritt lang und breit gebaut. Zusammen mit dem Zottelbart und den wilden schwarzen Haaren erinnerte er an einen Bären.
Er wird mehr Kraft haben als wir alle zusammen!
Gregorius lag halbnackt in der Kiste, hatte das blutige Totenhemd halb aufgegessen und nagte sich an der linken Schulter das Fleisch vom Knochen. Die rauhe Zunge schnellte hervor, schabte reibend über die Wunde, aus der schwarzes Blut sickerte, und raspelte erneut Muskelgewebe ab, das im Mund verschwand; der Bart glänzte feucht.
Mit dem letzten Bissen erklang ein grässlicher Frauenschrei aus einer der Hütten, angefüllt mit Gram und Entsetzen, der in ein langes Jammern überging.
Gregorius grinste – und zeigte normale Zähne. Keine Spur von den Fängen, wie sie Dominic oder einer der anderen Vampyre aufwies. »Meinen Dank«, grollte er mit tiefer Stimme underhob sich. Er machte einen Schritt aus der Grube und wuchs wie ein Baum in die Höhe.
Ich hätte meine liebe Not, ihn aus dem Stand zu enthaupten.
Dominic legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm aufzublicken. »Du stehst in meiner Schuld«, sagte er deutlich auf Deutsch. Seine Stimme krächzte wegen des trockenen Halses. »Mein Name ist Dominic de Marat. Ich habe dich ausgraben lassen. Zum Dank wirst du dich meiner Bande anschließen, und es wird dir nicht schlecht ergehen. Hast du das verstanden?«
»Sicher«, dröhnte Gregorius zurück.
»Nicht nur, dass er aussieht wie ein Bär«, sagte Vanja beeindruckt, »er brummt auch wie einer. Ist das ein Wandler oder ganz sicher einer von uns?«
»Nachzehrer gehören nicht zu uns«, giftete Hossein und wendete sein Pferd, um nach den Häusern zu schauen. »Da! Überall gehen die Lichter an.«
Vanja packte den Spaten, ließ das Blatt schnell rotieren und grollte ankündigend. »Das ist gut! Ich bin durstig.«
Dominic wandte sich zum Dorf um. Inzwischen hatten sich vierzig Leute versammelt. Laternen und Fackeln waren gebracht worden, Mistgabeln, Äxte und Sensen bildeten die Waffen. In der ersten Reihe standen zwei Frauen mit schlichten Ikonen in den Händen; die Gruppe schaute zu ihnen und beriet sich leise.
Sie halten uns entweder für Grabräuber oder Vampyrjäger.
»Sie rotten sich zusammen!«, rief Jussep freudig.
Vanja hielt den Spaten so, dass die geschärfte Klinge nach vorne wies. »Was tun wir, Hauptmann?«
Dominic schaute über die Gesichter seiner Räuber. Bei den Überfällen verlangte er sehr viel Disziplin und Zurückhaltung von ihnen und hatte sie selten auf die Opfer losgelassen, um nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erregen. Er wollte, dass die
Gölgelic
zum Mythos, zum Schrecken wurden, aber niemand sollte dabei an Vampyre denken.
Sie wollen sich austoben und sind durstig. Wie ich.
Er betrachtete die Handvoll Köhler und Waldarbeiter, die heruntergekommenen Hütten. Die Vernunft rang mit dem schrecklichen Durst, der Aussicht auf unglaublich viel Blut und der übermächtigen Gier. Seine Erlaubnis würde den Tod von mehr als zweihundert Kindern, Frauen und Männern bedeuten …
Menschen stehen nun einmal unter uns
, hörte er Mareks Worte.
So wie die Menschen selbstverständlich Tiere verspeisen. Das Gesetz der Natur ist das Gesetz des Stärkeren.
Nervös leckte Dominic sich über die rissigen Lippen, fuhr sich mit der Rechten den Hals entlang und war sich sicher, dass sich die Haut heißer anfühlte. Sein Rachen, sein Schlund, sein Magen verlangten machtvoll nach Blut! Wehte ihm aus den Häuschen nicht der Geruch einer Jungfrau entgegen?
Die Entscheidung war gefallen.
Auf das Dorf wird es nicht ankommen. Danach brennen wir alles nieder und lassen es nach einer Feuersbrunst aussehen. Jussep und Hossein werden auch in den Flammen bleiben.
»Bindet die Pferde an den Kreuzen fest, damit sie nicht weglaufen«, befahl er mit Vorfreude. »Danach folgt ihr mir. Es ist immer noch Schlachtfest in diesem Ort.« Seine Leute grollten ihre Zustimmung.
Die Männer des Dorfs hatten anscheinend ihren Mut zusammengenommen und näherten sich der Bande. Abgesehen von den Sensen, Äxten und Mistgabeln, führten manche Dolche und Säbel mit sich. In einem Abstand von zehn Schritt blieben sie schweigend stehen, die Blicke waren voller Entsetzen auf Gregorius gerichtet.
Dann trat der Dorfälteste nach vorn, eine Hand um eine kindlich gemalte und verrußte Ikone, die andere um ein
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