Judassohn
Alec.«
»Alec. Ein schöner Name.« Sie reichte ihm die Hand. »Emma. Und ich arbeite dort.«
»Oh, Sie sind Schauspielerin!«
Emma wehrte mit einem Lachen ab. »Nein, ich bin die Dame für alles. Von Kartenverkauf bis Führungen und Schauspielerbetreuung. Aber es ist sehr spannend und abwechslungsreich.«
Da sich die Gelegenheit bot, ging er in den Angriff über. »Würden Sie mich auch herumführen?«
»Sicher, Alec.« Sie ging los. »Kommen Sie. Sonst sind wir beide zu spät, und ich brauche den Job.« Sie schritten nebeneinanderher.
Wie nahe du dem Tod bist, Schlampe. Aber noch ist es viel zu früh.
»Sie sind Brite, oder? Jedenfalls Ihrem Akzent nach.«
»Gut erkannt, Emma! Aber wenn man es genau nimmt, bin ich Ire, Schotte und Engländer. Von allen ein bisschen.« Er bot ihr seinen Arm an, was sie sofort annahm.
»Danke, sehr freundlich.« Sie schmachtete ihn geradezu an. »Alte Schule.«
»Gentleman zu sein hat nichts mit Schule zu tun. Es ist ein Gebot der Höflichkeit.« Sie überquerten den kleinen Platz an der Nikolaikirche und gingen durch die Grimmaische Straße auf das Schauspielhaus zu.
Emma genoss es sichtlich, von ihm geleitet zu werden. »Sie sind geschäftlich hier, Alec? Wenn ich das fragen darf?«
Er nickte. »Ein paar neue Locations wollen ausgekundschaftet werden. Ich habe mir sagen lassen, dass Leipzig durchaus Potenzial hat. Und mir gefällt die Stadt. Sie ist überschaubarer alsLondon.« Er zwinkerte ihr zu. »Und die schöneren Frauen gibt es hier auch.«
Emma lachte. »Schon klar, Gentleman. Welches Business betreiben Sie denn?«
»Restaurants, Cafés, Bars. Alles, wo Menschen sich stilvoll ihre Zeit vertreiben wollen.« Er sah sie an. »Welchen Beruf haben Sie erlernt, Emma? Falls ich hier ein Restaurant aufmache, brauche ich eine Geschäftsführerin.« Er wusste aus ihrem Tagebuch, dass sie von einem eigenen Etablissement träumte. Er brachte einen weiteren ihrer Wünsche zum Wahrwerden.
»Alec, Sie machen Witze!« Sie blieb überrumpelt stehen.
»Nein. Mache ich nicht. Und wenn, dann sind sie anders.« Er grinste und ließ sie denken, er finde sie mehr als sympathisch. Die Eifersucht und der Hass würden ihn liebend gern dazu bringen, ihr den Hals aufzuschlitzen.
Das wäre zu einfach.
»Sehen Sie, dass wir uns getroffen haben, war Vorsehung.« Er streckte die Hand aus. »Schlagen Sie ein?«
»Machen Sie Ihre Geschäfte immer so? Was sagt denn Ihr Boss, wenn Sie …«
»Emma,
ich
bin mein Boss.« Er lachte und zog sie mit sanfter Gewalt weiter. »Kommen Sie, es ist zu kalt zum Stehenbleiben. Sie können ja darüber nachdenken, bis wir da sind.«
Sie starrte ihn schon wieder an, geriet ins Stolpern. »Alec, das ist …« Emma schwieg und schüttelte fassungslos den Kopf.
Die beiden überquerten die Straße und hatten die Stufen des Schauspielhauses erreicht.
»Wir beide treffen uns nach der Vorstellung, und Sie sagen mir, was Leipzig noch dringend an Gastronomie brauchte.« Harm schwenkte den ausgestrecken Arm. »Schlagen Sie schon ein, bevor es einer der Passanten tut und Ihren Job bekommt. Oder wollen Sie fünftausend Euro im Monat jemand anderem überlassen?«
Emma ergriff seine Hand. »Das ist doch …« Sie schaute sich um. »Ich warte auf die Kamera und den Moderator, die kommen, um mir zu sagen, dass ich verarscht wurde.«
Harm lachte möglichst freundlich. »Da kommt niemand.« Er eilte die Stufen hinauf. »Wo finde ich Sie später?«
»Ich warte am Eingang auf Sie«, rief sie begeistert und winkte ihm.
»Alles klar. Ich freue mich!« Er betrat das Schauspielhaus und kaufte sich eine Karte für den ersten Rang, damit er alles sah und hörte und in die Gesichter des Ensembles schauen konnte. Seine eigene Aufführung hatte vorhin begonnen.
Nachher ziehe ich die Schlinge fest um ihren Hals. Sie wird mein williges Spielzeug, das aus der Muschi tropft, sobald es mich sieht.
Sein Palmtop vibrierte.
Er nahm es hervor und las auf dem Display: »Japsen und Russkies führen Krieg. Anwesenheit des Lord Mayor dringendst erforderlich. Stevens.«
»Damned bloody shit!«, stieß er wütend hervor und sprang aus dem Sessel. Er achtete nicht auf die gemurmelten Proteste, stürmte hinaus und holte seinen Mantel an der Garderobe ab.
Hat das sein müssen? Kann man nicht ein Mal den Vertretern die Arbeit überlassen?
Schnell schrieb er eine Nachricht an Emma und bat sie, über seine Pläne Stillschweigen zu bewahren. Mit dem Palmtop orderte er einen Strauß Rosen für
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