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Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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es einen Weg, ein wenig
    Schaden wiedergutzumachen.
    Das ist das Gute an uns Schizophrenen: Wir können alles
    tun und es immer auf ein anderes Ich schieben.
    Ganz egal, ob es existiert.

DIE KURZE
GESCHICHTE VON
TONJA UMASCHWILI

ODER PRÄSENS II
     
1. Januar 2009, Deutschland,
Sachsen, Leipzig, 00.01 Uhr
    Sia lag umgeben von den Toten und umspült von deren Blut, den Stiefel der fremden Viesczy im Gesicht.
    »Wage es nicht, deine Windgestalt anzunehmen«, wurde sie angegrollt. »Versuchst du, dich dem Kampf zu entziehen, sterben deine beiden Nachfahren in der gleichen Sekunde.« Die Sohle wurde von ihrer zersplitterten Nase genommen. »Auf die Beine! Zeig mir deine Kampfkunst!«
    Mit einer solchen Gegnerin hatte ich nicht gerechnet. Und warum nennt sie mich Mutter?
    Sia erhob sich, schöpfte dabei eine Handvoll Blut vom Boden und trank es, obwohl es furchtbar abgestanden war. Sie brauchte dringend Kraft gegen diese Gegnerin, die nun ebenfalls zwei lange, schmale Dolche in der Hand hielt. »Wer bist du?«
    »Ich bin Tonja Umaschwili«, schmetterte sie ihr erhaben entgegen. »Mein Name wird dir nichts sagen, da er ebenso wenig stimmt wie deiner.« Sie wirbelte die Dolche geschickt in den Fingern. »Du hast mich erschaffen,
Mutter
, indem du nachlässig warst! Nach meinem Tod wurde ich zu einem Monstrum wie du. Nein, WEGEN dir!« Sie wies mit einer Klinge auf Emma und Elena. »Ich habe dich gefunden und beobachtet. Und was musste ich sehen?« Tonja holte tief Luft. »WAS MUSSTE ICH SEHEN?« Sie ging zu den Gefesselten und trat der Frau in den Unterleib.
    Sie wird sie umbringen. Früher oder später.
    Sia machte sich zur Attacke bereit.
    »Meine Mutter kann sich auch liebevoll um ihre Nachfahren kümmern«, rief Tonja anklagend. »Sie kann eine Freundin werden. Sie kann sie gegen andere beschützen. Sie tut alles, damit es ihnen gut ergeht!« Sie entfernte sich wieder einen Schritt von den beiden. »Und was habe
ich
damals bekommen?«, raunte sie kichernd. »Hä? Was habe ich von dir bekommen,
Mutter?
«
    »Ich weiß es nicht.« Sia dachte fieberhaft nach, was sie gegen die Wahnsinnige unternehmen konnte.
    »Ich sage es dir: eine Klinge durch den Hals.« Tonja kam auf sie zu, und Sia hob die Dolche. »Du hast versucht, mich zu töten, nachdem du herausgefunden hattest, dass du mich vergessen hattest!« Sie krümmte sich, als leide sie schreckliche Schmerzen. »Vergessen und nicht einmal erlöst!«
    »Wann war das?«
    »Verstehst du nicht, Mutter?«, stieß Tonja kreischend hervor. Pure Hysterie. »Es ist egal, wann es geschehen ist. Du hast mein Leben zu einer einzigen Hölle gemacht! Ich habe meine geliebte Frau zerrissen, ich habe die Liebe meines Lebens verloren, ich habe Schatten gejagt, die ich für Hoffnung hielt. Alles Trug! ALLES TRUG!« Die Vampirin strauchelte und fiel im Blutsee auf die Knie. »Und ich habe mich sogar selbst verflucht!« Sie schluchzte, Speichel rann aus dem Mund und troff ins Rot. »Mein Verstand zerbrach unter der großen Last. Ich hatte mich schon entschlossen zu sterben, im Sonnenlicht. Aber etwas war dagegen … jemand. In mir. In meinem Kopf. Und offenbarte sich mir als Tonja. Ich bin Tonja, der Racheengel!«
    Sia schob sich vorsichtig nach rechts und versuchte, sich vor Emma und Elena zu stellen.
    Ja. Verrückt ist sie auf alle Fälle.
    Tonja beugte sich vor, leckte das Blut wie eine Katze auf. Dann schnellte ihr Kopf in die Höhe, Tröpfchen lösten sich von ihren Lippen und flogen durch die Luft. Jetzt grinste sie. »MeinLeid ist deine Schuld«, knurrte sie. »
Deine
Schuld allein! Alles, was ich erdulden musste, geschah einzig, weil du mich im Stich gelassen hast!« Sie sprang auf die Füße und raste auf Sia zu.
    Sia wich der ungestümen Attacke aus. Doch ihr zustoßender Dolch zischte harmlos durch Luft und nicht durch den Nacken der Gegnerin, wie sie es vorgesehen hatte.
    Tonja sprang gegen die Wand, drückte sich ab und kam mit den gereckten Klingen auf sie zugeflogen. »Ich töte dich!«, kreischte sie. »Soll der Dämon, dem du dienst, deine Seele verschlingen!«
    Sia wehrte die Attacke der Dolche zwar ab, doch hinter dem Sprung steckte zu viel Wucht. Sie wurde umgerissen und fiel wieder ins Blut, das hochspritzte und sie in die Augen traf.
    Ich muss sie besiegen! Emma und Elena müssen leben!
    Sie rollte sich blind zur Seite. Dort, wo sie eben noch gelegen hatte, schlug etwas Schweres, Großes ein, und der enttäuschte Schrei der Gegnerin brandete auf. Sia führte die

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