Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Judassohn

Titel: Judassohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
gewollt hätte?«, sagte Tonja hämisch. »Ich spiele mit dir, nähre deine Schuld, mit der du ewig leben musst!« Lachend sprang sie an Sia vorbei und versetzte Elena einen brachialen Tritt, der sie mit einem erstickenden Quietschen abheben ließ. »Kannst du sie noch einmal retten?«
    Das Mädchen flog durch die Luft, erneut über das Geländer hinweg.
    Sia startete durch – und rannte in Tonjas Dolche, die sich in ihr Herz bohrten. Aber sie ertrug den Schmerz, der ihr die Luft abschnürte, rammte die Vampirin aus dem Weg und bekam das bewusstlose Mädchen ein zweites Mal zu fassen.
    Knapp.
    Sie hielt Elena am rechten Bein und um den Leib. Aus den Augenwinkeln sah sie Emmas Silhouette, die verdreht im Schnee auf dem Bürgersteig lag.
    Erste Sirenen waren zu hören, Blaulicht näherte sich. Besorgte Nachbarn hatten die Polizei und einen Krankenwagen gerufen.
    »Ich will sie tot sehen!« Wie eine wütende Dampflok stob Tonja heran und warf sich von hinten gegen sie.
    Das Geländer gab nach. Zu dritt stürzten sie in die Tiefe.
    Sia gelang es mit übermenschlicher Geschwindigkeit, sich dabei so zu drehen, dass Elena auf ihr landen würde, und nicht umgekehrt.
    Tonja nahm lachend die Windgestalt an und blieb schwebend zurück; ihre Kleidung segelte weiter abwärts.
    Mit einem dumpfen Knall schlugen sie auf der Straße auf. Elena quietschte nochmals, trotz ihrer Bewusstlosigkeit, aber immerhinbedeutete der Ton, dass sie noch lebte. Sia spürte dagegen sehr genau, was sie sich alles gebrochen hatte.
    Viel Zeit bleibt mir nicht, um …
    Tonja materialisierte sich bereits neben ihnen. Nackt. »Wie heldenhaft«, säuselte sie. »Mir kam soeben eine Idee. Ich wollte dich wissen lassen, dass ich meinen Plan geändert habe. Ich werde dich, MUTTER, zuerst töten. Dann nehme ich Elena mit und ziehe sie groß.
Ich
werde ihre Mutter sein, mich um sie kümmern und viele Lügen über dich erzählen, damit sie dich hassen lernt. Über deinen Tod hinaus. Das gefällt mir noch besser als die erste Variante.«
    Sia konnte nichts sagen. Der Aufprall und die Anstrengung hatten sie benommen gemacht.
    Wenn ich nur wüsste …
    »Und dann, wenn sie alt genug ist, mache ICH sie zu einer Vampirin. Ich werde meine eigene kleine Tochter haben«, redete Tonja weiter. »Das ist der Lohn für die Entbehrungen. Dein Tod wird meine größte Freude sein,
Maman
.« Sie zog einen Dolch aus Sias Brust. »Jetzt schneide ich dir den Kopf ab. Die Bullen werden dich nicht retten können.« Sie kniete sich neben ihr in den Schnee.
    Sia hustete und versuchte, schwach Widerstand zu leisten. Ihre Hände wurden einfach zur Seite geschoben.
    Plötzlich erschien eine Gestalt unmittelbar neben Tonja und führte einen Schlag. Eine Klinge sirrte leise.
    Tonja wirbelte herum und versuchte noch, den Hieb mit dem Dolch abzufälschen. Die Schneide hackte ihr schräg in den Nacken und schnitt ihr bis zur Hälfte durch die Wirbelsäule.
    »Tanguy Guivarch!«, hallte ein lauter Ruf durch die Nacht. »Endlich!«
    Es zischte aus der Halswunde, und die getroffene Vampirin gab gurgelnde, qualvolle Töne von sich. Das Schwert mit dem schlanken, schmalen Griff, das von behandschuhten Fingern geführtwurde, hatte sie verletzt und fügte ihr starke Schmerzen zu.
    Guivarch! Die Brière!
    Sia erinnerte sich.
    Soll das wirklich mein Tanguy sein? Ich habe ihn doch …
    Tonja versuchte, sich die Klinge herauszuziehen, und ließ von ihr ab.
    Es muss enden!
    Sia wuchtete sich mit letzter Kraft in die Höhe, packte das hervorstehende Ende des Schwerts mit beiden Händen und zog an, so fest sie nur konnte.
    Ein letzter Widerstand – und der Schädel wurde von den Schultern getrennt. Im Fallen veränderte er seine Form und nahm die Züge von Tanguy an, der enthauptete Leib wurde zu dem eines Mannes. Der Leichnam fiel halb auf Sia, der Kopf rollte blutend in die Schatten.
    Geschafft! Er … ist vernichtet.
    Die Sirenen waren nun sehr nahe.
    Die Rettergestalt, deren Gesicht sie wegen des Gegenlichts nicht erkennen konnte, machte einen Schritt auf sie zu. »Im Tod zeigt er seine wahre Persönlichkeit«, sagte ein Mann auf Deutsch mit einem französischen Akzent. »Mein Ahne hat seine Rache bekommen.« Er bückte sich und prüfte Elenas Puls. Seine Züge waren jung, die Wangen wurden von dichten schwarzen Koteletten geziert. »Sie lebt noch. Auch die andere Frau atmet, wie ich sehe. Das ist gut. Der Krankenwagen ist gleich da.«
    Sia fühlte unendliche Erleichterung, die sie für wenige Momente

Weitere Kostenlose Bücher