Judastöchter
nicht für einen Angelausflug an den Shannon nach Irland. Sie war felsenfest davon überzeugt, dass er zu Ende führen sollte, was IRA -Mike begonnen hatte.
Sie sah es als erwiesen an, dass der
TeaRoom
eine zentrale Stelle in den ganzen Vorgängen war, und beschloss, den Club und sämtliche Leute, die damit in Verbindung standen, überwachen zu lassen. Boída vermutete, dass die Nachtkelten damit zu tun hatten, um sich Wandler vom Hals zu halten. Reguläre Wandler, nicht wie sie. Niemand würde mehr ein und aus gehen, ohne dass ein Foto von ihm geschossen wurde.
Erschießen
dagegen musste man Kastell. Dringendst.
»Eine Offensive des Feindes folgt auf die nächste«, murmelte sie. Ganz zu Beginn hatte Boída die Nachtkelten im Verdacht gehabt, doch der Friedenspakt mit ihnen hielt seit vielen Dekaden, wie ihr gesagt wurde. Es hatte wegen des Anschlags auf Finn McFinley bereits ein Treffen mit den wichtigsten Vertretern gegeben, wie sie wusste. Bei diesem hatten die Anführer der Nachtkelten ihre Unschuld beteuert und sogar ihre Unterstützung zugesagt.
Zu gerne wäre Boída bei dem Meeting dabei gewesen, um zu ergründen, wie viel Lüge und wie viel Wahrheit in der Raumluft gelegen hatte. Aber man hatte sie nicht eingeladen. Aufgrund ihrer Abstammung und Herkunft. Was sie den irischen Wandlern überlegen machte, sorgte dafür, dass die alteingesessenen Tuatha sie ablehnten, und selbst ihr Herr hatte aus taktischen Gründen nicht intervenieren wollen. Das ärgerte sie immer noch.
Es gab zu viele Eigenbrötler unter den Tuatha, sie waren schwer auf eine Linie zu bringen. Schuld war das ausgeprägte Revierdenken der Bestien. Die Panther und die Bären stellten die schlimmste Fraktion unter ihnen: arrogant, stark und selbstverliebt.
Boída zischte wieder. Es wäre alles viel einfacher, wenn sich alle Wandler auf Irland als ein großes Tuath sähen. Sie folgten zwar den Befehlen, aber sie verstanden den Sinn darin nicht.
Sie haben keinen Blick für das Ganze, für seine Vision,
dachte sie.
Der Regen ließ nach.
Boída verließ die Telefonzelle. Schnell ging sie quer durch den Hafen zu ihrem Wagen und zückte ihr Handy, um Anrufe zu tätigen: Es galt, die Augen und Ohren zu schärfen. Für einen schwarzen X6 mit Dellen und Beulen.
Dann kam ihr ein Gedanke: Die Nachtkelten hatten ihren Beistand angeboten – warum sollte sie ihn nicht nutzen?
Boída hatte nicht vor, sich auf deren Hilfe zu verlassen, aber sie sah es als Test an. So oder so ging sie als Gewinnerin hervor: Entweder die Nachtkelten fanden den Deutschen, oder sie verrieten sich durch ihr doppeltes Spiel.
Nach einigen weiteren Telefonaten hatte Boída ihre Spione wiederum auf wichtige menschliche Anhänger der Nachtkelten angesetzt. Jede Bewegung würde registriert werden. Die Stunde der Wahrheit rückte näher.
Nach sechzig Minuten hatte sie alles organisiert, von der Observation des
TeaRoom
s bis zur Überwachung der Nachtkelten. Jetzt konnte sie nichts weiter tun, als auf einen Anruf zu warten. Ausgerechnet Warten gehörte nicht zu ihren expliziten Stärken.
Boída startete den Motor und drehte die Heizung voll auf. Der Kampf gegen den Feind der Wandler ging weiter – ohne dass sie wusste, wer dahintersteckte und seine Killer aussandte. Ihre Ahnungen und Vorurteile galten nicht als schlagkräftige Beweisführung.
* * *
5. Februar, Großbritannien,
Republik Irland, Wicklow, 09.10 Uhr
Eric nahm sein Handy hervor.
Immer noch nichts.
Er versuchte, Sia anzurufen, aber es kam die typische Meldung, dass der Teilnehmer nicht erreichbar war.
Ich werde einen Tag abwarten, und danach starte ich die Suche.
Er sah zum Trawler, auf dem die Männer an Deck herumliefen.
Die Gesichter brachten klar zum Ausdruck, dass sie unglaublich schlecht gelaunt waren. Ein Netz war nicht eben billig, und
dazu noch den Tagesfang zu verlieren, das war mehr, als die Fischer ertragen wollten. Die Zahl der Schimpfworte, die sie in
ihre Konversation einbauten, stieg von Sekunde zu Sekunde; jedes zweite Wort war
fuck,
shit
oder
bloody.
Ansonsten wünschte man den Leuten von
Noverfishing,
dass deren U-Boot bei der Aktion Schaden genommen hatte und dass sie darin verreckten.
Woher bekomme ich das ganze Zeug für eine Bergungsaktion?
Schräg vor Eric stand Brian Baker und unterhielt sich mit einem anderen Fischer. Leibwächter schien er keine dabeizuhaben. Er fühlte sich reichlich sicher in seinem Ort.
Eric wurde sich bewusst, warum er lieber alleine arbeitete. Anstatt
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