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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Kapitel X
    B iep.
    Biep, biep.
    Das Atmen … bei jedem Zug brennen Nadeln in meiner Lunge. Wie geht es Elena? Wieso halten sie mein Kind von mir fern!? Sias Stimme hat mir gutgetan. Sie wird uns nicht im Stich lassen, das weiß ich!
    Biep, biep, biep.
    Hoffentlich kommt sie vorbei und bringt die Schweine um! Ich habe Durst und …
»Ich … Durst.«
Meine Stimme klingt schrecklich. Krächzend und kraftlos. Mehr als meine Hand kann ich immer noch nicht bewegen. Ich würde einen Fluchtversuch unternehmen, aber wie soll ich das machen? Meine Augen bekomme ich auch nicht mehr auf.
    Trapp, trapp. »Hier. Mach den Mund auf, es kommt Wasser.«
    Biep, biep, biep.
    Ah, ein Mann. Sei bloß vorsichtig! Ich … Pass auf! Nicht so schütten! Ich komme doch nicht nach …
    »Fuck, hör auf zu husten! Blöde Schlampe, gib dir Mühe, sonst liegst du im Siff. Ich werde dir bestimmt kein neues Bettzeug aufziehen.« Klick. »Hier, Mund auf. Dein Essen kommt.«
    Biep, biep, biep.
    Mein Essen? Wie soll ich denn kauen? Ich bin froh, wenn ich … Haferbrei, irgend so etwas, und es ist viel zu heiß. Er verbrennt mir Lippen und Zunge und …
»Langsam … ich …«
Versteht er mich?
    Biep, biep, biep.
    »Friss einfach! Fuck, sei froh, dass es überhaupt was für dich gibt. Los!«
    Ich bin keine Mastgans! Langsam, du … Das heiße, zähe Zeug rutscht kaum … Zu heiß! Schmerzen!
»Wasser! Ich …«
    »Ja, hier.«
    Die Hitze lässt nach, zum Glück! Aber ich habe Verbrennungen und … mir laufen Tränen die Wangen hinab.
    Biep, biep, biep.
    Klick. Trapp, trapp. »Bis später.« Klack.
    Biep, biep, biep.
    Er ist weg. Gott, steh mir bei! Rette mich aus den Händen dieser Menschen und sende mir Sia! Nicht für mich, aber für Elena. Ihr darf nichts geschehen. Dafür würde ich mein Leben geben.
    Ich müsste umhertasten, ob sich etwas in meiner Reichweite befindet, mit dem ich mich verteidigen kann.
    Biep, biep, biep.
    Klack … klack … klack. Klack, klack, klack.
    War das der Knopf? Nein, ich habe meinen Talisman verloren, den Knopf, den mir Elena bei einem ihrer Besuche in die Hand gedrückt hat. Scheiße, klappt denn gar nichts?
    Biep, biep, biep.
    Ich … mir wird schlecht! Mir wird richtig schlecht! Der heiße Brei hat meinem Magen nicht … Ich muss kotzen! Hoffentlich … ich werde ersticken! Ich …
    Biep, biep, biep.

5. Februar, Republik Irland,
Dublin, 06.43 Uhr
    Boída hatte sich gerade auf den Weg zum
TeaRoom
gemacht, als sie der Anruf erreichte: Willy Moroda, einer ihrer Leute, hatte sie informiert, dass er einen Mann von der Fähre aus Holyhead von Bord hatte gehen sehen. Einen bestimmten Mann. Sie bekam die Information mit Bild.
    Auch wenn sie Jahre in Irland und unter den Wandlern hier verbracht hatte, sagte ihr das Gesicht des Neuankömmlings nichts. Das Foto, das mit einer Handykamera geschossen worden war, konnte man als grobpixeliges Kunstwerk bezeichnen. Doch Moroda hatte sie förmlich angefleht, zu ihm zu kommen, damit er ihr berichten konnte, warum er so aufgeregt war. Der Name des Mannes, ein Deutscher, war Eric von Kastell. Für sie war er nichtssagend, aber sie vertraute Moroda.
    Boída stieg aus dem Wagen und schlenderte zum Kai, wo die Fähren anlegten. Sie hasste den kalten, feuchten Wind und ging zu einer Telefonzelle, um sich drin unterzustellen.
    Sie rief bei Moroda an und bestellte ihn zu sich, mit dem Fuß hielt sie die Tür zugedrückt, damit der Wind nicht so gut hineingelangte. Wieder hatte sie sich mit Wärmepflastern zugeklebt und drei Shirts unter den Pulli angezogen; ein Schal schützte den empfindlichen Hals. Damit war die Witterung für sie erträglich, doch weit von dem entfernt, was sie optimal nannte.
    Moroda tauchte auf. Auf seinem blauen Overall stand
Eireann Ferry,
das grüne Kleeblatt am Ende des Schriftzugs war halb abgerissen. Mit Irland ging es abwärts, schien das misshandelte Logo zu sagen.
    Boída schob die Telefonzellentür auf und winkte ihn zu sich. Sie hatte keine Lust, sich dem Wetter auszusetzen. Just da setzte ein Platzregen ein, als hätte sie es geahnt.
    Moroda kam zu ihr. Er schob sich dicht an ihr vorbei und schien es zu genießen, Körperkontakt mit der Latina aufnehmen zu können. »Sie sind zu spät. Er ist schon gefahren.« Er wischte sich Wassertropfen von den kurzen, blonden Haaren. »Jetzt haben wir den Salat.« Er schnalzte mit der Zunge und sah besorgt aus. »Mann, Mann! Es hätte kaum was Schlimmeres passieren können.«
    »Wer ist dieser Eric

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