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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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die unterhalb der Brücke lag.
    Vor ihm führten Stufen nach unten. Gespräche erklangen, ein Radio dudelte und spielte unirischen Hard Rock.
    Highway to hell würde gut passen.
Er zog seine Pistole, streifte die Sturmhaube über das Gesicht und stieg hinab, dann betrat er die Schiffsmesse.
    Sechs Fischer in Gummistiefeln, Latzhosen und dicken Pullis schauten ihn an; die meisten wirkten erschrocken, ein paar ungehalten. Niemand schien sich vor ihm zu fürchten. »Guten Abend, Gentlemen. Ich bin von der Umweltorganisation
Noverfishing.
Wir unternehmen jetzt eine Fahrt hinaus, um das U-Boot zu bergen, das ihr Heringskapitalisten versenkt habt!«
    »Wusste ich es doch!«, stieß einer aus. »Umweltheinis!«
    »Birg dir dein U-Boot selbst«, murmelte ein anderer. »Wir können das nicht. Musst die Marine fragen. Die helfen dir bestimmt gern.« Die Männer lachten leise, aber sehr gehässig.
    Seeleute. Spezieller Menschenschlag.
»Ihr habt doch ein neues Schleppnetz bekommen. Damit kann man es bestimmt einfangen.«
    Abrupt verstummten sie. »Bist du bescheuert? Die Motorwinde hat es das letzte Mal schon nicht gepackt. Wir saufen doch nicht wegen deinen hirnrissigen Freunden ab!«
    »Ich will euch nicht in eurer Wahl drängen, aber entweder wir fahren raus und versuchen es, oder …«
Jetzt kommt das ultimative Mitarbeitsargument: gemeine Gewaltandrohung gegen Sachwerte.
Er zog sein Handy aus der Tasche. »Ich muss nur einen Knopf drücken, und der Trawler geht hoch. Ich gebe mein Leben gerne für die Fische und meine Kumpels – ihr nicht. Also, macht keinen Scheiß.«
    Der Kapitän, der eine verschlissene Marineuniformjacke trug, erhob sich. »Wenn du uns sprengst, wer holt dann deine Kumpels rauf?«
    Eric musste einsehen, dass sein Druckmittel nicht das beste war. »Ich … gehe natürlich vorher von Bord und suche mir andere Fischer.«
    Der Kapitän sah in die Runde, dann zog er eine Wollmütze aus der Tasche. »Damit das klar ist: Wir machen mit, aber wenn das scheiß U-Boot zu schwer ist, dann wandert es zurück in die Tiefe. Von mir aus kannst du uns dann alle erschießen und mit dem Kahn sprengen.« Er ging an Eric vorbei. »Ich verfluche alles an dir, du beschissener Pseudoökokrieger! Noverfishing sollte sich die großen Fischfabrikschiffe vornehmen, nicht uns kleine Fischer.« Ein Mannschaftsmitglied nach dem anderen folgte ihm.
    Wusste ich es doch.
Eric begleitete den Kapitän und seinen Steuermann auf die Brücke, schaltete das Funkgerät aus, damit sie unterwegs keinen Notruf absetzen konnten.
    Eine hurtige Fahrt begann.
    Die See meinte es mit der
Passage
gut. Der Vollmond beleuchtete die sachten Wogen und bildete mit seinem Schimmer einen breiten Weg, der über das Wasser bis zum Horizont zu führen schien.
    Vor einigen Jahren hätte mir der Vollmond Probleme gemacht. Es ist immer noch ungewohnt, ihn einfach so betrachten zu können.
Als Werwolf hatte sich Eric immer zu dieser Zeit verwandeln
müssen
und war in einen Tötungsrausch verfallen. In einem solchen Anfall, gleich nach der Pubertät, hatte er seine Mutter getötet. Diese Schuld nagte noch heute an ihm.
    Als Feuerdämon, oder zu was immer er geworden war, hatte er einige Zimmer in Asche verwandelt, aber keine Menschen umgebracht.
    Was ihm nicht ganz geheuer schien: Es gab keinen Durst, keinen Hunger nach einer besonderen Sache.
    Als Wer-Bestie hatte er den Drang nach Menschenfleisch verspürt. Er hatte es fressen wollen, frisch, roh und warm. Ein Vampir brauchte Blut – aber was war sein Antrieb, sein Brennstoff?
    Eric fürchtete sich vor dem Tag, an dem die ihm noch unbekannte Gier erwachte.
Im besten Fall ist es Schlangenfleisch.
Humor war das Einzige, was half.
    Die
Passage
hatte die Position bald erreicht.
    Der Kapitän zeigte Eric die Stelle auf dem Sonar, die in Frage kam.
    Bei der ersten Suchfahrt hatten sie keinen Erfolg. Anscheinend gab es dort unten nichts, außer einem großen Fischschwarm, den der Ire allerdings unter lautem Fluchen ziehen lassen musste. Als sich die Tiere jedoch verzogen hatten, wurde ein dicker Fleck auf dem Plateau sichtbar.
    »Liegt am Rand«, schätzte der Kapitän und rieb sich das bärtige Kinn. »Wir können das Ding erwischen, hängt aber davon ab, ob sich das lose Schleppnetz nicht an einem Felsen verfangen hat.«
    Eric sah auf die Anzeige.
Vierunddreißig Meter.
»Haben Sie einen Taucheranzug an Bord?«
    Er glotzte ihn an. »Ihr Umweltheinis, ihr seid doch alle bescheuert. Das Wasser hat keine zwei Grad!

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