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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Da bringt Ihnen höchstens ein Trockenanzug was.«
    »Haben Sie oder haben Sie nicht?«
    »Nein, natürlich nicht! Wer wäre von uns so bescheuert, da reinzusteigen?«
    »Miller hat einen dabei«, merkte der Steuermann an.
    Der Kapitän wunderte sich. »Warum
das
denn?«
    »Er meinte, falls wir unterwegs mal ein Wrack finden, das in flachen Gewässern liegt, würde er runtergehen und sich das Schiff anschauen.«
    »Die Iren haben einfach eine lange Tradition, was das Plündern von Wracks angeht.« Erics Laune hob sich. Die Kälte des Wassers schreckte ihn nicht, nur Luft zum Atmen brauchte er. Deswegen das Problem im Verbrennungsofen: Feuer fraß jeglichen Sauerstoff.
    Der Kapitän ließ Miller mit seiner Ausrüstung antanzen.
    Eric zog sie sich an, zumindest die Flaschen und die Brille. Auf die Neoprenhaut verzichtete er. Als sie ihn in den schwarzen, engen Boxershorts an Deck stehen sahen, grölten die Männer vor Lachen. »Ich wette, dass sein Ding nach dem Tauchgang nicht mehr in der Hose zu sehen ist«, sagte Miller.
    »Keinen Scheiß machen.« Eric klopfte auf den Gewichtegurt um seine Hüfte, an dem das Handy in einer Tüte wasserdicht verpackt war. »Ich sprenge euch auch aus fünfzig Metern Tiefe, das macht mir nichts.« Zur Antwort bekam er wieder die
Fuck-you
-Geste.
    Rein ins Vergnügen.
Er hielt die Maske fest und sprang in die schwachen Wellen. Die Kälte prickelte überall an seinem Körper, doch er wusste, dass sie ihm nichts anhaben konnte.
    Eric nahm die Lampe vom Gürtel und sank tiefer und tiefer.
    Nach ein wenig Suchen entdeckte er die Ausläufer des Plateaus und schaute sich im Schein der Lampe um. Die Reste des Schleppnetzes führten ihn zum Mini-U-Boot. Licht fiel durch die kleinen Bullaugen.
    Okay, ich habe sie!
Er tauchte näher und sah durch die dicke Scheibe.
    Sia hing im Sitz, die Augen geschlossen. Die Armaturen um sie herum waren demoliert, aus den Halterungen gerissen und eingeschlagen. Die Vampirin hatte ihrem Gefühl der Hoffnungslosigkeit freien Lauf gelassen und sich ausgetobt; nun schien sie in Depression und Gleichmut verfallen zu sein.
    Eric klopfte gegen die Scheibe, ein breites Grinsen auf dem Gesicht.
    Sia schrak hoch, die Augen auf die Scheibe gerichtet. Der Mund öffnete sich zu einem Schrei, den er nicht hören konnte, der Unterkiefer schien sich auszuhängen und hing mehr als normal nach unten herab. Die zurückgezogenen Lippen zeigten ihre langen Reißzähne, die Eric beeindruckten. Ihre grauen Augen leuchteten regelrecht, und ihre Züge waren verzerrt vor Wut.
    Sie sprang über die Armaturen und schien ihn anfallen zu wollen, prallte mit der Stirn gegen die Scheibe und hinterließ daran einen blutigen Fleck. Verwirrt schüttelte sie den Kopf; die Platzwunde heilte bereits.
    Nein, nein, du wirst doch nicht wahnsinnig geworden sein?
Eric versuchte, ihr mit Zeichen zu bedeuten, dass er gekommen war, um sie zu retten.
    Doch sie hämmerte so heftig auf die Scheibe ein, dass er Angst bekam, sie könnte das Material zerbrechen.
    Sie muss da raus!
Schnell schwamm er zur Seite und zog einen Dolch, mit dem er begann, das Netz, das sich um das Boot gelegt hatte, zu zerschneiden.
    Das Nylon war zäh, doch die Klinge wurde damit fertig. Er hatte zwei Ösen an der Oberseite des Gefährts gesehen, an denen ein Bergungshaken festgemacht werden konnte.
    Das wird den Fischern auch besser gefallen.
Eric warf einen vorsichtigen Blick in das Boot, wo sich Sarkowitz auf dem Sitz zusammengekauert hatte, das Gesicht zwischen
     die Knie geklemmt.
Lange wird sie das nicht mehr mitmachen.
Er kehrte an die Oberfläche zurück.
    Die
Passage
war noch immer da, wie er an den hellen Punkten an der Oberfläche sah. Die Fischer lehnten im Scheinwerferlicht an der Reling und warteten.
    »Kleine Planänderung, Gentlemen. Mir ist etwas Besseres eingefallen.« Mit ein paar Worten machte Eric ihnen klar, was er von ihnen wollte, und sie warfen ihm das Schleppseil des Netzes zu. Er bekam Bolzen gereicht, mit denen sich die Schlinge an der Vorrichtung des U-Boots festmachen ließ.
    Eric tauchte nach unten und bereitete alles vor.
Der Fluch! Ich muss sie in eine Schleuse an der Küste schaffen, um sie durch das Bergen nicht doch zu vernichten.
Er konnte das Gefährt nicht einfach an die Oberfläche ziehen lassen.
    Also kehrte er auf die
Passage
zurück und erklärte dem verwunderten Kapitän, dass das U-Boot in eine Schleuse gezogen werden musste. Sie einigten sich darauf, einige Meilen nach Süden zu fahren.

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