Judastöchter
Gesichtsausdruck und wurde amüsiert. Sie blickte an ihm hinab und lächelte breit, drehte sich um.
Erics Lippen fühlten sich warm und feurig an. Als er nach unten auf seinen Schritt schaute, wusste er, warum sie gelächelt hatte: Anderen Teilen an ihm hatte die Berührung auch sehr gefallen. Er leckte sich über die Lippen und schauderte vor Wonne.
Aber noch eine andere, schreckliche Begierde erwachte in ihm, wie er deutlich fühlte, während er Sia von hinten betrachtete, die gerade ihre langen, roten Haare auswrang. Auch wenn Eric befürchtet hatte, dieses Gefühl eines Tages erneut zu spüren, war er überrascht. Und geschockt.
Nicht bei ihr!
* * *
3. Februar, Deutschland,
Berlin, Gesundbrunnen, 12.45 Uhr
Sie ist weg!
Wilson sah der wirbelnden Tüte hinterher, die mit dem nächsten Luftstoß in die Höhe flog und wenige Sekunden später hinter dem Torbogen des Hofs verschwunden war. Verschwunden wie Elena.
Der Zettel lag noch immer auf dem Teppich.
Es war Wilson egal, wer ihm was hatte mitteilen wollen, er musste das Mädchen wiederfinden. War sie geflüchtet, oder hatte doch einer von Blacks Leuten an der Nottreppe gelauert? Oder war etwas ganz anderes passiert? Hastig rannte er die Metallstiegen hinab, die Walther verbarg er in seiner Anzugtasche.
Im Hof war niemand, also lief er durch das Tor auf die Straße, wo ihn die Menschenmenge umspülte.
Eine Flut aus Multitkulti-Köpfen versperrte ihm die Sicht, Kopftücher, Turbane, Rastafari-Frisuren, Glatzen, lange Haare, kurze Haare – aber Elenas dunkelblonden Schopf mit dem hellen Pony entdeckte er nicht. Mit einem schnellen Schulterblick vergewisserte er sich, dass ihm niemand gefolgt war. Die bittere Erkenntnis setzte sich durch: Der Zettel war nur ein Zettel und nicht das befürchtete Ablenkungsmanöver gewesen. Elena hatte sich einfach abgesetzt.
Wohin ist sie?
Weil er das Gefühl hatte, etwas tun zu müssen, ging er nach rechts, streckte sich und hielt Ausschau, obwohl er wusste, dass es schwer würde, das Mädchen zu entdecken. Dabei dachte er unentwegt nach, was er unternehmen konnte.
Die Abzweigungen flogen an ihm vorbei, Einfahrten und Durchgänge brachten ihn jedes Mal zum Anhalten und Nachschauen. Wilson wurde sich immer sicherer, dass Black nichts damit zu tun hatte.
Die Nachtkelten wollten Elena und Emma durch ihn zu fassen bekommen, und er hatte eingewilligt. Um nicht sofort von der Killerin erschossen zu werden. Er hatte ohnehin vorgehabt, sich um Mutter und Tochter zu kümmern – allerdings mehr im Sinn von Harm Byrne.
Er hatte auf Zeit spielen wollen, um Black lange genug an der Nase herumzuführen, bis ihm eine Lösung eingefallen war; bis er mehr Informationen über seine Gegner gesammelt hatte, um einen Gegenschlag ausführen zu können.
Und im Moment klappt überhaupt nichts.
Die Nachtkelten waren noch immer an ihm dran, er hatte das Mädchen verloren. Wenn jetzt noch die
Operation Shelter
schiefging … Wilson blieb an einer vielbefahrenen Kreuzung stehen, drehte sich im Kreis und beobachtete sein Umfeld, ohne Elena zu erkennen.
»Mister Wilson«, hörte er Blacks raschelnde Stimme neben sich. »Haben Sie etwas verloren? Sie sehen panisch aus.« Er schaute zu seiner Rechten, wo die Frau einen Meter von ihm entfernt stand und ihn böse anlächelte. Sie hatte verstanden, dass ihm Elena abhandengekommen war und dass soeben ein Wettlauf entbrannt war. »Ich helfe Ihnen beim Suchen. Wo wir doch Verbündete sind.«
Legt sie mich rein?
Es konnte sein, dass sie das Mädchen geschnappt hatte und davon ablenken wollte, um ihren Leuten Vorsprung zu verschaffen. »Berlin ist nicht sicher«, erwiderte er. »Ich habe einen Taschendieb verfolgt, der mir meine Geldbörse gestohlen hat. Ich finde ihn noch. Sie können mir nicht helfen, da Sie nicht wissen, wie er aussieht.«
Black machte einen halben Schritt auf ihn zu und drängte einen Mann zur Seite, der eben zwischen ihnen durchlaufen wollte. »Sie haben einen meiner Leute schwer verletzt, Butler. Dafür werden Sie bezahlen, sobald unsere Abmachung hinfällig geworden ist.« Ihre Augen wurden schmal. »Finde ich die Kleine vor Ihnen, ist unsere Abmachung auf der Stelle erledigt.« Sie bedachte ihn mit einem aggressiven Blick und hob ihr Handy, um ein Telefonat in Gälisch zu führen.
Wilson spielte mit dem Einfall, Black zu erschießen. Mitten auf der Straße, vor hundert Zeugen und vermutlich öffentlichen Überwachungskameras. Die Hand, die sich immer noch um die Walther gelegt
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