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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Geheimnisse vor mir. Möchten Sie noch mehr Details als Beweis? Heute sind es Mister Liam Frost und Mister Sean Wells, die Sie beschützen. Mister Liam Frost ist achtundzwanzig, wohnt in der Chesteroad vierunddreißig und hat über dem Penisansatz eine Tätowierung, auf der »Milly, I love you!« steht. Romantischer Lesestoff für den Oralverkehr, nicht wahr? Seine Frau Milly hat wiederum auf dem Schambein eine Tätowierung »Liam, I love you …«.
    Rutherford hob die Hand; inzwischen war er totenbleich geworden. »Ich verstehe. Sie erpressen mich, damit ich etwas für Sie tun soll? Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich trotz meines Amts …«
    »Sir, bitte, beruhigen Sie sich. Ich mache Ihnen einen Tee.« David erhob sich und bereitete ihm wirklich einen leichten Assam zu und redete dabei weiter. »Sie brauchen keine Angst um Ihr Leben zu haben. Ich verlange auch keine Absonderheiten von Ihnen. Ich möchte Sie lediglich auf Projekte vorbereiten, die ihren Weg durch Ober- und Unterhaus finden werden und zu denen Sie Ihre Zustimmung geben möchten.« Er legte liebevoll einen Keks auf den Unterteller und wärmte die Milch mit dem Aufschäumer in einem Extrakännchen an.
    Rutherford sprach kein Wort, starrte vor sich hin. Er schien zu versuchen, das zu verstehen, was er gerade anhören musste, und fragte sich sicher, wie er dermaßen blind gewesen sein konnte.
    David servierte gekonnt und kehrte an seinen Platz zurück. Und wartete.
    Der Premierminister sah in den Tee, trank davon wie in Trance. »Sie … was haben Sie vor? Die Abgeordneten werden niemals …«
    »Sir, bitte«, beschwichtigte David ihn, weil er fürchtete, dass der Mann einen Schwächeanfall bekommen könnte. »Ich werde Sie nicht zwingen, gegen das Wohl der Iren zu handeln. Das schwöre ich Ihnen. Ganz im Gegenteil. Nach den ökonomisch harten Entwicklungen wäre es für mich als Patrioten unerträglich, dem Volk noch mehr Schulden aufzubürden.«
    »Aber was bringe ich Ihnen, wenn das Parlament nicht …«
    »Ich habe viel gespendet, an sämtliche Parteien, die es zu was gebracht haben, und auch die Unabhängigen sind von mir wohlwollend bedacht worden, Sir. Ich habe, wenn man so möchte, fast die absolute Mehrheit. Es hat mich viel Überredung und einiges mehr gekostet, mein Etappenziel zu erreichen. Aber die Volksvertreter ließen sich überzeugen, dass ich einen Weg verfolge, der allen nützt.« David faltete die Hände erneut zusammen. »Sir, Ihr Tee wird kalt.«
    »Wer sind Sie?« Rutherford sah ihn langsam an.
    »Wie meinen Sie das? Sie wissen doch, dass ich ein erfolgreiches …«
    Der Mann schüttelte das weiße Haupt. »Sie arbeiten für jemanden, der im Hintergrund bleiben möchte. Sie sind der Handlanger eines mächtigen Mannes oder einer Organisation, Mister O’Liar, und ich möchte wissen, wer Sie vorgeschoben hat!« Seine Hände ballten sich zu Fäusten. »Ist es die britische Regierung? Wollen sie uns an den Norden anschließen?«
    David lachte voller Güte. »Oh, nein, Sir, glauben Sie mir: Ich bin ein Patriot. Niemals würde ich einer fremden Regierung dienen wollen. Mehr kann und darf ich Ihnen nicht sagen, Sir.« Er nahm sich ein Glas, öffnete ein Fläschchen Bitterlemon und goss sich ein. »Unser Gespräch heute dient lediglich zu Ihrer Information. Es werden in den kommenden Monaten, wie ich bereits andeutete, Gesetzesänderungen erfolgen. Ich drehe die Stellschräubchen nach, und die Wirtschaft wird sich so rasch erholen, dass die Iren Sie lieben werden, Sir. Sie werden mit meiner Leitung in die Annalen als Führer aus der Krise eingehen. Der beliebteste Premierminister der Geschichte.« Er nahm einen Schluck und genoss die Herbe, das Prickelnde. »Sie sollten damit leben können, Sir.«
    »Ich glaube Ihnen nicht.« Rutherford rang mit sich, wie die Fäuste verrieten. Er hatte anscheinend verstanden, dass ihm niemand zu Hilfe kommen würde, wenn er versuchte, Davids Vorhaben offenzulegen. Jeder seiner Personenschützer war gefährlicher als der beste Attentäter. »Kann es Ihr Vorhaben durchkreuzen, wenn ich zurücktrete?«, raunte er wütend.
    David drückte auf den Knopf, und der Monitor vor dem Premierminister versank wieder. »Sir, das wird Ihnen nicht gefallen, aber Sie könnten zurücktreten, sich umbringen, das Land verlassen oder behaupten, Sie wären wahnsinnig geworden – ich habe stets eine Alternative. Sie sind ein Baustein, der in meinem Gebäude bleiben kann oder den ich nach Belieben austausche. Aber

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