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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Plastikflamingos, der dritte blieb schräg stehen und wippte nach.
    Die Scheinwerfer erloschen, der Motor wurde abgestellt. Stille senkte sich auf den geschundenen Laubenpark nieder. Nur die
     breiten Spuren verrieten, wo die Amokfahrt begonnen und welchen Verlauf sie genommen hatte.
    Na, wo bleibt der Arsch?
Sia schwebte wieder tiefer und wartete, dass sich die Tür des Geländewagens öffnete. Sie ärgerte sich, dass sie sich selbst über- und das Gelände falsch eingeschätzt hatte. Vor allem, dass er ihre Hayabusa zu Schrott verwandelt hatte!
    Endlich öffnete sich die Fahrertür.
    Ein großer, athletisch gebauter Mann mit halblangen, schwarzen Haaren stieg aus. Er trug einen dunklen Rollkragenpullover mit einer halblangen, grauen Lederjacke darüber, eine schwarze Hose und anscheinend Boots. Die Hände steckten in schwarzen Handschuhen, Waffen hielt er keine in den Händen. Sein Gesicht konnte sie von ihrer Position aus nicht erkennen.
    Er nimmt an, dass ich tot und ungefährlich bin. Er hat nicht bemerkt, dass ich meine Gestalt geändert habe. Sehr gut!
Sie kam noch tiefer und schwebte hinter seinen Rücken.
    Der Mann stapfte durch den Schnee und blieb vor ihren Kleidern stehen, die sich im Weiß verteilt hatten. Ein unschöner Nachteil der Windgestalt. Er hob ihre dunkelrote, weiß bestickte Panty auf und wirbelte sie lässig um den Finger, dann setzte er seinen Weg zum Einschlagsort der Hayabusa fort.
    Der …
Sia war für einen kurzen Moment sprachlos. Sie hatte mit allem gerechnet, aber dass er sich für ihre Unterwäsche interessierte?!
    Er hatte inzwischen den Durchbruch erreicht, zog eine Taschenlampe aus der Jacke und leuchtete in die Laube. »Hallo?«, rief er.
    Dunkel, melodisch. Die Stimme … habe ich doch schon einmal gehört!
    Der Mann, der immer noch mit dem breiten Rücken zu ihr stand, stieg über die Trümmer und betrat das Innere. »Hallo, da drin! Frau Sarkowitz, wo stecken Sie?«
    Und er kennt meinen Namen. Meinen alten Namen.
Sia materialisierte sich neben dem X6 und stieg ein, schloss leise die Tür. Ohne Kleider war es ihr zu kalt im Freien. Es roch nach würzigem, männlichem Eau de Toilette und frischen Lederbezügen.
Lange fährt er den Wagen noch nicht. Oh, wie unvorsichtig: Schlüssel steckt.
Grinsend startete sie den Motor, der kraftvoll aufbrüllte und in ein erwartungsvolles Schnurren überging.
    Der Mann erschien am Rand des Lochs, und Sia blendete auf.
    Deswegen kam mir die Stimme bekannt vor!
    Im blau gleißenden Licht sah sie in das ansprechende Gesicht des Mannes, den sie vor einigen Jahren aus dem Verbrennungsofen im Krematorium des Südfriedhofs gezogen und der sie vor gar nicht langer Zeit vor dem Tod bewahrt hatte.
    Das ist doch mal eine Überraschung!
    * * *

Kapitel IV
    B iep.
    Biep, biep.
    Biep. Klick-fchhhh-klack, klick-fchhhh-klack.
    Biep.
    Biep, biep …
    Dialyse? Ich liege im Koma, zumindest denken sie das, und dann brauche ich auch noch Dialyse?
    Das bedeutet, dass eine meiner Nieren was abbekommen hat. Oder vielleicht beide? Ich muss bei der nächsten Visite unbedingt wach sein, damit ich höre, was sie zu meinem Zustand sagen! Aber das ist leichter gesagt als getan, wenn man nicht weiß, wie spät es ist …
    Biep, biep, biep. Klick-fchhhh-klack, klick-fchhhh-klack. Biep. Biep …
    Momentan müssten wir … ich schätze mal … na, es wird gegen
22
Uhr sein, aber ich bin mir nicht sicher. Ich bin gerade mal einen Tag wach, richtig wach, und es kommt mir vor, als würde ich schon Jahre in dem Status verharren. Ich finde es unerträglich. Unerträglich!
    Biep, biep, biep. Klick-fchhhh-klack, klick-fchhhh-klack. Biep. Biep …
    Die künstliche Beatmung ist grässlich, sie zwingt mich gegen meinen Atemrhythmus, doch was kann ich dagegen tun? Ich kann nicht die ganze Zeit versuchen, in den Schlaf zu flüchten, ich muss trainieren und meinen Geist über das Fleisch siegen lassen.
    Biep, biep, biep. Klick-fchhhh-klack, klick-fchhhh-klack. Biep. Biep …
    Bitte, lieber Gott! Hilf mir dabei!
    Biep, biep, biep. Klick-fchhhh-klack, klick-fchhhh-klack. Biep. Biep …
    Wie war das bei Kill Bill? Da lag die Heldin doch auch im Koma. Oder zumindest war ihr Körper gelähmt. Ich mache es jetzt wie sie und konzentriere mich auf meinen linken Zeh – halt! Ich sollte mich auf meine Lippen konzentrieren, damit ich mich verständigen kann. Ein Wimmern wird ja wohl ausreichen, um Hildegard oder Elena aufmerksam zu machen. Trotz des Beatmungsgeräts, oder? Kleine

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