Judastöchter
auf dem rechten Auge, das linke war bereits zugeschwollen. »Das wird Ihnen nichts nützen«, stieß er hilflos hervor, die aufgeplatzten Lippen ergossen Blut auf sein Jackett. »Ich …«
»Doch. Es
hat
bereits genützt.« O’Liar klappte das Handy zusammen und steckte es ein. »Ich musste herausfinden, wer Ihnen von mir erzählt hat, und das konnte ich auf diese Art am besten. Hätten Sie sich an Ihr Versprechen gehalten, wäre Ihnen heute noch nichts geschehen. Aber da Sie mich angelogen haben …« Er lachte. »Dafür bleiben unzählige irische Kindergartenkinder ungeschoren. Das ist doch was Positives.« O’Liar zog eine Plastiktüte hervor, in der sich ein Messer befand. »So. Kommen wir zu dem Teil, der für Sie unschön wird. Ich bevorzuge beim Fechten eher das schöne schottische Korbhüllenschwert, aber heute muss ich auf eine kleinere Klinge zurückgreifen. Ihnen zur Ehre. Die Waffe gehört Samy, einem kleinen Junkie, der schon ein paar Mal bei der Garda aufgefallen ist. Heute Nacht wird Samy zum ersten Mal einen Menschen töten, ohne es zu wissen.« Er zeigte über den Parkplatz. »Danach wird er sich neben dem schwarzen Müllcontainer da drüben seinen Goldenen Schuss setzen. Ach, nein, das
hat
er ja schon. Ich sehe seine Leiche von hier.« O’Liar trug fleischfarbene Einweghandschuhe, wie Baxter sah, und nahm das Messer aus der Hülle. »Muss ich es wohl für ihn tun.«
Der Senator wollte schreien, aber O’Liar trat ihm gegen den schmerzenden Mund und erstickte den Ruf. Gleich darauf bekam Baxter die Klinge in den Bauch, knapp oberhalb des Gürtels, ohne dass er die Attacke hätte abwehren können.
Die Schmerzen im Gesicht verblassten und wurden von den grässlicheren in seiner Körpermitte verdrängt. Er wollte sich im Reflex nach vorne beugen, aber O’Liar drückte ihn gegen die Tür und schnitt mit dem Messer aufwärts, bis er ins Rippenbein traf. Mit einem Ruck brach er die Klinge ab.
»Wir sehen uns nicht mehr wieder, Senator, aber ich werde bei Ihrer Beerdigung sein. Zusammen mit Mister Cormick, der kleinen Plaudertasche.« Der Mann erhob sich langsam. »Es wird bestimmt eine würdige Veranstaltung, Sir. Sie waren bekannt und beliebt. Ist es nicht eine Schande, wie Sie enden mussten? Sie hätten noch so viel erreichen können. Ihr Nachfolger wird sich Mühe geben, Ihr Werk fortzuführen.«
Baxter bekam keine Luft mehr. Seine kraftlosen Hände konnten O’Liars Hosenbeine nicht festhalten und ihn am Weggehen hindern.
Das Blut strömte aus ihm heraus, zusammen mit dem Inhalt seiner Gedärme. Langsam sackte er zur Seite und starb neben seinem Audi in einer unappetitlichen, stinkenden Pfütze.
* * *
2. Februar, Deutschland,
Sachsen, Leipzig, 23.09 Uhr
Sia erinnerte sich ganz genau an die Nacht, in der der gutgebaute Mann im Krematorium unter den Leipziger Naziwerwölfen aufgeräumt und sie ihm zugeschaut hatte, bevor sie zum Eingreifen gezwungen worden war.
Wer wie er unbeschadet aus einem Verbrennungsofen kam, in dem Temperaturen von mehreren hundert Grad herrschten, konnte nicht als normaler Mensch betrachtet werden. Sie wusste, dass er ein Mal an einem seiner Arme trug, das ihn als Dämonendiener kennzeichnete. Zwar gehörten sie nicht zum selben Höllenfürsten, aber in die gleiche Liga.
Und jetzt ist er hinter mir her oder wie? S
ein Verhalten nach Ende der Verfolgung war aber alles andere als feindselig und passte nicht zu einem Gegner.
Der Mann hielt einen Arm als Schutz gegen die gleißenden Xenonscheinwerfer vors Gesicht. »Frau Sarkowitz?« Er lief trittsicher über die Trümmer zurück ins Freie. »Wären Sie so nett und schalten das Licht ab?«
Sie legte den ersten Gang ein und ließ die Scheibe herabfahren, um ihm antworten zu können. »Sie schulden mir 30 000 Euro für die Maschine inklusive Schmerzensgeld und eine Erklärung, warum Sie mich verfolgen. Wer sind Sie?«
»Das Geld sollen Sie bekommen, auch wenn ich nicht wirklich schuld daran bin, dass Sie in die Villa Malle gebrettert sind.« Er machte ein paar Schritte zur Seite, aus den grellen Kegeln der Lampen, und sah zu ihr. »Sie sollten sich nicht auf Spielchen einlassen, ohne das Terrain zu kennen.«
»Früher standen weniger Sachen in den Schrebergärten.« Der Mann machte auf sie nicht unbedingt den Eindruck, sonderlich angespannt oder aggressiv zu sein.
Er musste lachen. »Für Sie bin ich Eric, heute mit dem Nachnamen de Lavall.«
Eric. Der Name passt zu ihm.
»Und warum sind Sie hinter mir her?« Sia
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