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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Kugeln. Rund um die beiden Löcher haftete dunkles, durch große Hitze getrocknetes Blut.
    Hast du was für mich?
Hastig durchwühlte Sia seine Taschen im Scheinwerferlicht.
    »Hey! Hey, Sie!«, traf sie eine männliche Stimme in den Rücken. »Sind Sie bescheuert? Weg von der Leiche!«
    Sia kümmerte sich nicht um die Aufforderung, die mit Sicherheit aus dem Mund eines Polizeibeamten gekommen war. Sie schob den Kragen des Mannes zur Seite, prüfte die Handgelenke auf Zeichen – und entdeckte einen Ring mit einem merkwürdigen Muster, den sie hastig abzog, sowie eine Tätowierung auf beiden Handflächen.
Na also! Das ist doch was.
Sie fotografierte die Symbole mit ihrem Handy.
    Schritte erklangen hinter ihr. »So, Sie stehen jetzt auf und drehen sich um. Ich muss Sie durchsuchen, und danach haben Sie eine Anzeige wegen …«
    Keine Zeit für so einen Mist.
Sia beschleunigte und nutzte ihre übermenschliche Geschwindigkeit, um dem Polizisten zu entkommen. Sie hetzte auf den Hoteleingang zu, wich dabei Beamten und Hotelpersonal aus und stürmte in den leeren Aufzug. Von da rief sie Eric an. »Ich brauche die Zimmernummer, wo die Schießerei stattgefunden hat.«
    »Sie haben ja ganz schön für Wirbel gesorgt.«
    »Die Zimmernummer!«
    »555.«
    »Danke. Wir treffen uns bei Ihrem Wagen. Kann sein, dass wir schnell wegmüssen.« Sie legte auf und drückte die entsprechende Stockwerktaste. Zwei Journalisten, die eben zusteigen wollten, wurden ausgesperrt. Sie brauchte keine Mitfahrer.
Nehmt die Treppe.
    Die Wartezeit nutzte sie, um einen Blick auf den Ring zu werfen. Er war aus Weißgold, ein Siegelring, mit einer Art keltischem Muster und Zeichen, die denen ähnelten, die sie in den Handflächen des Mannes gesehen hatte.
    Jedenfalls habe ich etwas zum Untersuchen.
Sia glaubte nicht mehr, dass Elena durch einen Zufall in die Hände dieser Leute geraten war – oder besser gesagt: beinahe. Es hatte zwei Leichen gegeben, und der Sieger des Duells war mit dem Mädchen verschwunden.
    Mit einem leisen
Ping
öffnete sich die Tür.
    Sie blickte den Flur entlang auf die grün-weiße Absperrung der Polizei. Vier Beamte sicherten den Tatort, die Spurensicherung turnte in ihren weißen Overalls wie dicke, behäbige Geister um die Leiche. Sia roch verbranntes Fleisch.
Eine Ablenkung wäre gut.
    Die Seitentür im Flur öffnete sich, und Eric trat heraus. Er atmete nicht mal schwer, obwohl er die Stockwerke gerannt sein musste, um derart rasch bei ihr zu sein. Sia fiel bei der Gelegenheit ein, dass sie noch immer nicht wusste, welche Besonderheit es mit ihm auf sich hatte.
Wie gerufen!
    Er kam auf sie zu und legte zärtlich einen Arm um sie. »Nicht vergessen, wir sind ein Paar«, raunte er, nachdem er ihren Abwehrreflex bemerkt hatte. »Und wir schlendern in unser Zimmer.«
    »Wir haben kein Zimmer.«
    Eric ließ eine Schlüsselkarte in seiner Hand aufschimmern. »Jetzt schon. Viel los in der Lobby, da kann man schon mal hinter den Tresen huschen und sich was borgen.« Er zeigte auf die Leiche. »Riechen Sie das auch?«
    »Verbranntes Fleisch.«
    »Mit einer besonderen Note: warmes Silber«, ergänzte er. »Jemand hat einen Wandler mit Silber erschossen.« Er blieb vor dem Zimmer stehen, das unmittelbar vor der Absperrung lag, und nickte den Beamten zu. Eric öffnete die Tür und schob Sia hinein. »Es scheint, als hätten Sie sich mit der Familie de Morangiès nicht getäuscht. Der Comte hat Ihnen die Wahrheit gesagt, als er davon sprach, dass es noch mehr von ihnen gäbe.«
    Sia musste nicken.
Dann ist meine Lüge plötzlich wahr geworden?
Die keltisch anmutenden Muster wollten jedoch für sie nicht unbedingt zu Frankreich passen. »Ich weiß nicht …«, widersprach sie behutsam. »Der andere Tote sieht nicht aus, als gehörte er zu einem französischen Adelsgeschlecht.«
    Eric ging zum Fenster und öffnete es, schaute auf die Straße und den Platz; kalter Wind strömte herein und trug Motorengeräusche sowie die Unterhaltungen der Menge zu ihnen. »Ich schlage vor, wir sehen uns das Nachbarzimmer mal an.« Aus seiner Hosentasche zog er eine zusammengerollte Sturmhaube und zog sie über, dann machte er Anstalten, sich zum Fenster hinauszuschwingen.
    Ein Mann der Tat.
»Die Polizei ist aber noch da.« Sie deutete mit dem Daumen über die Schulter.
    »Das hat Sie eben vor dem Hotel nicht gestört, warum sollte es bei mir der Fall sein?« Er grinste, wie sie an den Fältchen um die Augen sah. Dann langte er in die Gesäßtasche,

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