Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
nahm ein Feuerzeug heraus und warf es ihr zu. »Halten Sie die Flamme mal an den Rauchmelder. Ein bisschen Verwirrung schadet nicht. Und wenn Sie sich trauen, können Sie mir folgen.« Er schlug sich gegen die Stirn. »Ach, das habe ich vergessen: Vampire können bestimmt fliegen, oder?« Eric kletterte ins Freie.
    Spaßvogel.
Sia löste den Alarm aus und folgte dem Mann. Es war nicht leicht, an der glatten Fassade Halt zu finden, aber ihre Körperkraft und Geschicklichkeit glichen das locker aus. Eric, der knapp vor ihr herkletterte, schien es ebenso nichts auszumachen.
    Sie sahen gemeinsam durchs Fenster und wie durch den Alarm Bewegung in die Polizeitruppe kam. Die Spurensicherung klappte ihre Koffer zusammen und rannte hinaus, die Beamten in Uniform funkten hektisch und verließen zögernd den Tatort.
    »Unser Zug.« Eric schlug gegen die Scheibe, die Splitter fielen nach innen. Elegant sprang er ins Zimmer.
    Sia folgte ihm – und roch Elena! »Sie ist hier gewesen«, rief sie mit steigender Aufregung. Die Spur führte sie ins Bad, wo sie die nasse Kleidung ihrer Nichte in der Wanne fand.
Knapp verpasst.
Sie rannte wieder hinaus und durchsuchte das Zimmer in rasender Eile, aber leider auch, ohne fündig zu werden. Wer immer mit Elena unterwegs war, er hatte nichts zurückgelassen.
    Eric kniete auf dem Gang neben dem Toten und wühlte mit bloßen Fingern in der Wunde, bis er triumphierend ein deformiertes Geschoss in die Höhe hielt; das fremde Blut rann an seinem Arm hinab. Es störte ihn nicht. »Silber. Die Jungs waren Wandler. Welcher Art genau, das kann ich leider nicht sagen, aber ich denke mal, dass Kaninchen und Hamster ausscheiden.« Er steckte das Projektil ein. »Vielleicht kann ich damit noch etwas anfangen. Manchmal verrät die Machart etwas über den Hersteller.« Er blickte Sia an. »Aber das ist definitiv
kein
Mitglied der Familie Morangiès.« Er sah den Flur hinab. »Wir bekommen Besuch. Feuerwehr, nehme ich an.«
    Sia trat neben ihn und prüfte die Finger sowie die Handinnenflächen des Toten. Auch er wies eine Tätowierung auf, allerdings am Unterarm. Darauf stand zu lesen:
Chill Mhantáin.
    Die Spuren wiesen für sie jetzt eindeutig nach Irland. An Frankreich hatte sie nie ernsthaft geglaubt. Das wäre zu viel Zufall gewesen, dass sie mit ihrer Lüge ins Schwarze getroffen hätte.
    Der Kanal und die Irische See.
Sia fluchte innerlich. Als Judastochter litt sie unter einer gravierenden Einschränkung: Sie konnte kein fließendes Gewässer überqueren, vom kleinsten Bachlauf bis zum größten Meer. Einen besseren Schutz vor ihrer Art konnte es kaum geben.
    »Wir müssen weg.« Eric ging ins Bad und kehrte mit einem Handtuch zurück, warf es ihr zu. »Damit können Sie Ihr Gesicht unkenntlich machen.« Er selbst hatte noch seine Sturmhaube übergezogen. »Los!«
    Sie rannten zum zweiten Treppenhaus, hetzten nach unten, auf Erics Anweisung in die Tiefgarage. Dort nutzten sie den Notausgang, um dem Hotel und der Polizei zu entkommen, und eilten durch das nächtliche Leipzig.
    Wieso Irland?
Sia konnte sich das Interesse nicht erklären.
Irische Wandler machen Jagd auf Elena. Welchen Grund gibt es? Was habe ich übersehen?
    Eric zog in einer Seitenstraße die Haube vom Kopf, Sia warf das Handtuch in eine Mülltonne. Bald darauf hatten sie den BMW erreicht, stiegen ein und fuhren los.
    »Mh«, machte Eric nach ein paar Metern. »Werfen wir unsere Erkenntnisse zusammen: Es sind Wandler, aber nicht aus der Familie de Morangiès. Einer hatte eine Tätowierung mit einem Namen, der für mich nach einer irischen Ortschaft klingt. Oder ein County? Vielleicht ein Footballteam? Der Mann, der die zwei erledigte, weiß, dass er es mit Wandlern zu tun hat, und beschützte entweder sich oder Ihre Nichte.« Er warf Sia einen raschen Blick zu. »Was haben Sie gefunden?«
    »Mein Toter hatte das Genick gebrochen, zwei Einschusslöcher und ebenfalls zwei Tätowierungen sowie einen Ring. Ich habe Fotos gemacht.« Sia trommelte sich mit dem Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand gegen die Unterlippe. »Die Spuren weisen nach Irland, da gebe ich Ihnen recht, nur …« Sie zögerte. »Ich habe so gar keine Ahnung, was es mit Irland auf sich haben könnte. Ich habe keine Feinde mehr auf der Insel.«
    »Okay. Untersuchen wir Ihre Bilder. Vielleicht bringt uns das weiter.« Eric steuerte den X6 durch die Straßen. »Wohin soll ich Sie bringen? Haben Sie so etwas wie einen sicheren Unterschlupf?«
    »Ins Krankenhaus. Im

Weitere Kostenlose Bücher