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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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auf drei, und das galt nicht mehr als Zufall.
    Sie hob den Arm. »Verzeihen Sie, Angela, aber …« Boída hielt die Gabel so, dass man den Flitter sah.
    Angela hatte das Tablett voll mit abgeräumtem Geschirr, machte aber dennoch halt am Tisch. »Ah, das ist eine Besonderheit unseres
TeaRoom
s«, sagte sie lachend nach einem kurzen Blick. »Sie haben die Rückseite unserer Karte nicht gelesen.«
    Nein, das hatte Boída in der Tat nicht und auch gerade keine Lust darauf, es nachzuholen. »Verraten Sie mir die Besonderheit?«
    Angela stellte das Tablett ab und deutete nach oben. »Der Spitzname des Clubs über uns lautet Silverrain. Früher, um die Jahrhundertwende, wurden hier in einer Werkstatt Gemälde und Rahmen restauriert, und man hat viel mit Blattgold und Blattsilber gearbeitet. Lange Zeit stand das Haus leer, bis es umgebaut wurde. Der Silberregen setzte von Anfang an ein. Es waren Experten hier, die meinten, dass in der Zwischendecke geriebene Reste des Blattsilberbestands versteckt liegen, die nach und nach durch kleinste Erschütterungen freigegeben werden.« Angela nahm das Tablett wieder auf. »Die Ritzen. Dadurch rieseln die feinen Stückchen. Es ist nicht schädlich. Wenn Sie lange genug sammeln, dann haben Sie vielleicht bald genug für einen Ring oder so.«
    Boída lachte und bedankte sich. Jetzt, wo sie wusste, worauf sie achten musste, entdeckte sie bald noch mehr Flitter auf den Tischen, auf dem Boden, eigentlich überall im
TeaRoom
. Die Hölle für jedes Wandelwesen.
    Sie stellte sich vor, dass die Partikel sogar so fein werden konnten, dass man sie einatmete. Die Lungen eines Wandlers, die Nase, der Mund, der Rachen, die Luftröhre, sie würden verbrennen, und er konnte nichts dagegen tun. Eine Kugel oder eine abgebrochene Klinge konnte man entfernen, aber diese winzigen Stückchen? Niemals.
    Dieser kleine Wichser Righley,
dachte sie.
Er glaubte, er kann mich damit umbringen!
Die Indizien sprachen dafür.
    Der Kuchen schmeckte ausgezeichnet, der Tee ebenso.
    Boída wusste nicht, was sie mit ihrer Erkenntnis anstellen sollte. Es war sicherlich ein Ort frei von herkömmlichen Wandelwesen, doch angenommen, Righley hätte sie nicht umbringen wollen: Was hatte er ihr damit dann gesagt? Der Club und der
TeaRoom
konnten ein extrem sicherer Treffpunkt für die Feinde von Wandlern sein – war
das
die Lösung? Hatte sich dieser Mike hier herumgetrieben und seinen Auftrag von den Leuten des Gentlemen’s Club erhalten?
    Sie winkte die Bedienung erneut zu sich und verlangte die Rechnung. »Sagen Sie, ein Bekannter von mir war vor kurzem in Maghera und muss auch im Club gewesen sein.« Boída hielt das Display des Handys so, dass Angela draufschauen konnte, und rief das Bild von Mike auf. Es ging ihr nicht um eine ehrliche oder verwertbare Antwort, sondern um eine Reaktion.
    Angela schaute kurz, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, tut mir leid. Den Gentleman habe ich hier unten nicht gesehen. Aber fragen Sie doch mal beim Butler nach.«
    »Sie meinen den, der oben an der Tür steht?«
    »Ja. Vielleicht ist Ihr Bekannter Mitglied im Club?«
    »Danke. Sie waren sehr freundlich.« Boída legte noch zwei Pfund dazu und stand auf.
    Angela deutete einen Knicks an. »Dann empfehlen Sie uns gerne weiter.«
    Boída stand in der Halle und wischte einen stecknadelkopfgroßen Silberpunkt vom Ärmel. Sie fand die Vorstellung, dass der fette McFinley im
TeaRoom
saß und von Silberstaub bombardiert wurde, lustig. Er würde kreischen, winseln, beide Schwänze einziehen und sich wie eine Memme benehmen.
    Boída hielt McFinley ohnehin nicht für würdig, ein Rí zu sein. Die BlackDogs hatten Bessere in den Reihen der Oenach für diese Aufgabe. Eine Idee blitzte auf und setzte sich fest, die sie später weiterverfolgen wollte. Erst kamen ihre Nachforschungen und eine Abreibung für Righley.
    Die nette Angela hatte ihrem Geruch nach ohne Angst und ohne Lüge geantwortet, was bedeutete, dass sie dem IRA -Soldaten nicht begegnet war. Blieb noch der Butler und dessen Reaktion.
    Boída wollte wenigstens gefragt haben, auch wenn sie mehr und mehr daran glaubte, dass der Fuchswandler sie in eine Falle hatte locken wollen. Sie, die Scharfrichterin! Er würde sich wünschen, gestorben zu sein, bevor sie ihn gefunden hatte.
    Sie ging die Stufen nach oben, fuhr mit den Fingern über das dunkle Geländer und betrachtete die Kuppen; silbernes Pulver haftete daran.
    Der Butler, dessen Statur durchaus sportlich zu nennen war,

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