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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Morangiès.
    Aha?
Sia betrachtete das Bild genauer. Es musste aus dem Bestand der Spurensicherung stammen. Eric schien demnach über gute Kontakte zur Polizei zu verfügen.
    Und noch ein Foto fiel ihr auf: eine hübsche Frau und ein kleines Kind, vermutlich ein Mädchen. Sie fand, dass es eine gewisse Ähnlichkeit zwischen der Kleinen und Eric gab.
    Als hätte er gespürt, dass sie schnüffelte, kehrte er zurück. Er hielt zwei große Becher in einer Hand, in der anderen balancierte er ein Tablett mit Zucker, Milch und Löffeln.
    »Ist das Ihre Familie?«
    »Ja.« Er stellte alles auf dem vorderen Teil des Tisches ab.
    »Und wo leben sie?«
    »Nicht in Leipzig.«
    Sia bemerkte, dass sich sein Gesicht verschloss. Er wollte nicht über das Thema sprechen.
Er hat Stress mit ihr oder ist geschieden, und sie hat das Sorgerecht zugesprochen bekommen,
mutmaßte sie. Durch Emmas Erfahrungen mit ihrem Ex, den Sia aus dem Weg geräumt hatte, kannte sie sich bestens mit der heiklen Thematik aus.
Oder sie sind gestorben?
»Es ist auch besser so, bei dem Job, den Sie machen. Werwolfjagd – da braucht eine Ehefrau schon ganz schön Verständnis«, versuchte sie einen Scherz.
    »Milch, Zucker?«, lautete die abschmetternde Antwort.
    Kein gutes Thema.
»Ich trinke ihn so.« Sia ging zu ihm und wählte die Tasse, auf der stand
Fuck you very much.
»Schalten Sie Ihre Computerbatterie mal ein, damit wir rausfinden, was die toten Wandler an eintätowierten Informationen für uns haben.«
    »Mache ich.« Eric legte den Schalter für die Hauptstromverteilung mit dem Fuß um, dann setzte er sich auf den Bürostuhl mit den Rollen darunter und stieß sich ab. Während er an den Computern vorbeiglitt, schaltete er einen nach dem anderen ein. »Sie kennen sich damit aus?«, rief er Sia zu, die den Daumen hob. »Dann lesen Sie Ihre Fotos am ersten Gerät aus, und legen Sie einen neuen Ordner mit dem heutigen Datum an«, wies er sie an.
    Da verwechselt mich jemand mit einer Sekretärin.
Sie tat es dennoch. Er hatte dafür den Kaffee gekocht, der gar nicht mal schlecht schmeckte.
    Es dauerte nicht lange, und sie hatte ihre Aufnahmen vom Handy via Bluetooth überspielt. In der Menüleiste fand sie ein Bildbearbeitungsprogramm und ließ die Qualität nachträglich verbessern und vergrößerte die Auflösung, um jede Feinheit noch deutlicher zu machen. Soweit es zumindest ging. Das Programm schien ihr jedoch keines zu sein, das man eben im Elektronikmarkt kaufen konnte. Es hatte mehr Features und Funktionen und holte mehr aus den Aufnahmen heraus.
    Was macht er eigentlich?
Sia schaute zur Seite.
    Eric hackte auf die Tastatur ein. »Okay«, sagte er halb abwesend. »Wie es aussieht, hat einer der Angreifer ein Lieblingsspiel gehabt: Hurling.«
    »Hurling …?«
    »Nettes Spiel. Eine Mischung aus Hockey, Fußball und Rugby, würde ich sagen.« Er drehte den Monitor so, dass sie es sehen konnte. »
Chill Mhantáin
ist Gälisch und meint Wicklow. Ein County in Irland, in dem es reichlich viel zu sehen gibt.«
    Das … ist eines meiner Bilder!
»Und wie kommen Sie auf Hurling?«
Er hat sie sich einfach rübergezogen. Netzwerk, klar.
    »Ein paar Buchstaben ähneln dem eines Hurling … sagt man Schläger? Jedenfalls nehme ich es mal stark an.« Eric drehte den Bildschirm wieder zu sich. »Ich gleiche gerade ab, ob ich sein Bild irgendwo finden kann. Vielleicht hat er in der Mannschaft gespielt. Der Ring, den Sie ihm abgenommen haben, kann eine Auszeichnung gewesen sein. Wie kommen Sie voran?«
    Sia schaute auf ihre Aufnahmen. »Ich bin bei der Bearbeitung«, antwortete sie zurückhaltend. »Da ist noch mehr.« Mit einem schnellen Klick verhinderte sie die Freigabe der Aufnahmen für andere Computer.
Will ich das? Kann ich ihm wirklich so vertrauen?
Dummerweise hatte sie wenig Auswahl. Selbst wenn Emma nicht im Koma liegen würde, könnte sie mit deren Hilfe wenig anfangen.
    Sia verzichtete vorerst darauf, die Dateien freizugeben, und beschäftigte sich mit deren Bearbeitung. Es ging darum, auch die kleinsten Details der gestochenen Symbole in den Handflächen sichtbar zu machen, um damit im Internet auf die Suche zu gehen.
    Dabei hegte sie einen unschönen Verdacht:
Hoffentlich kommt dabei nicht raus, dass es so etwas bedeutet wie
Ich finde Hurling cool
oder
Mein Schläger ist so lang wie mein Ding.
    * * *

3. Februar, Deutschland,
Sachsen, Leipzig, 06.01 Uhr
    Schwester Hildegard, nicht die gute, sondern die beste Seele der Station, war etwas später

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