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Judastöchter

Titel: Judastöchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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würde; ein paar zusätzliche Damen würden den Spielverlauf sicherlich zu seinen Gunsten beeinflussen. So machte Schach Spaß.
    David sah auf die Uhr. »Ein wenig Körperertüchtigung wäre angebracht.« Er erhob sich und ging ins Schlafzimmer, wo neben der Kommode ein schottisches Breitschwert mit aufwendigem Hüllengriff in einer Halterung an der Wand befestigt war und von einer Lampe beleuchtet wurde. Lydia hielt es für ein wertvolles Sammlerstück, das einen anachronistischen Widerspruch zum modern eingerichteten Raum bildete.
    Es war mehr als das.
    David nahm es in die Hand und musterte sich kurz im Spiegel. Sein Körper war trainiert, schlank, aber nicht übermuskulös, und eine schwachgraue Tätowierung hob sich auf der linken Brust kaum merklich ab. Für Uneingeweihte war es nicht mehr als ein Fantasytattoo. Er hob das Schwert und führte einen Probeschlag. Golf und Fechten hatten mehr miteinander zu tun, als manche dachten.
    Er kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo er mehr Platz für seine Übungen hatte. David zelebrierte sie. Täglich.
    Eine Stunde lang vollführte er Angriffs- und Abwehrmanöver, Finten und Ausfälle, mal streng nach Bewegungsabläufen von Fechtschulen, mal nach seiner eigenen Entwicklung. David hatte Lehrgeld in Form von Schmerzen und tiefen Schnittwunden bezahlt, bis er die richtigen Attacken und Paraden beherrschte, mit denen er andere Kämpfer beeindruckte. Und immer öfter besiegte.
    Seit einem Monat gehörte er der
union des lames
an, einer geheimen internationalen Fechtvereinigung, die illegale Duelle mit scharfen Waffen veranstaltete. Es ging um die sportliche Herausforderung, den Reiz an der Sache, die Ehre und die Plazierung auf der internen Rangliste, aktuell stand David auf Nummer dreiundzwanzig. Er hatte noch einiges zu lernen, und es machte ihm Spaß. Vor den Verletzungen fürchtete er sich nicht.
    Danach stieg David unter die Dusche, nicht ohne vorher das Breitschwert zurück in die Halterung gehängt zu haben.
    Dass die
union
ihn nach einem Fechtturnier seines Clubs eingeladen hatte, hatte er zuerst für einen Zufall gehalten – bis er den Professor getroffen hatte. Der Deutsche war zuständig für das Versorgen der Wunden. Die beiden ungleichen Männer verband eine Besonderheit, wie David rasch herausgefunden hatte; seitdem hielten sie lockeren Kontakt und besprachen sich. Ihm gefiel es, dass er trotz des guten Kontakts zu dem mit mehrfachen Doktor- und Professorentiteln ausgezeichneten Arzt keine gesonderte Behandlung erfuhr und sich nach oben kämpfen musste wie alle anderen auch.
    David stieg aus der Kabine und trocknete sich ab, als er das leise Signal aus dem Wohnzimmer vernahm: Eine Kommunikationsanfrage
     kam auf seinem PC rein. Schnell eilte er im Bademantel ins Zimmer und sah, dass Graeme Hutchinson, der Präsident des Golfclubs, Kontakt mit ihm aufnehmen wollte.
    David aktivierte die eingebaute Kamera und öffnete den Kanal. »Graeme, wie schön, dich zu sehen«, sagte er in die Linse, neben der ein grünes Licht leuchtete.
    »Hallo, David«, grüßte ihn Hutchinson. »Was macht dein Handicap!? Du hast dich schon lange nicht mehr bei uns blicken lassen. Du fechtest zu viel.«
    »Du weißt, wie das ist. Ich habe zu tun.« Er hob die Tasse und roch Lydia. Aromatisierung einmal anders. »Was kann ich für dich tun?«
    Hutchinson sah an der Kamera vorbei, tippte mit der anderen Hand auf die Tastatur, und ein kleines Vorhängeschloss erschien in der Monitorecke. »Alles klar. Wir sind sicher und abgeschirmt.« Er räusperte sich. »Hast du die Sache mit dem IRA -Typen mitbekommen, der in Cork auf McFinley geballert hat?«
    David fluchte. »Und?«
    »Ging gerade noch mal gut. Wir hatten einen Specialist vor Ort, einer vom Spezialkommando, der ihn mit einem Kopfschuss erledigte, damit er schweigt. Wir sollten die Zahlungen an die Polizeispitze erhöhen, um sie abzuwerben. Sie fühlen sich noch den anderen verpflichtet.«
    »Nein«, widersprach David unverzüglich. »Wir haben gesagt, wir bleiben dabei, es über den Innenminister zu versuchen. Wir brauchen den Kopf, um die Hände zu kontrollieren, um es mit einem Bild zu sagen.«
    »Aber wenn so etwas wieder passiert und zufällig nicht einer von unseren Leuten vor Ort erscheinen kann, der …«
    »Bestechungen, die schiefgehen, können wir uns nicht leisten. Damit wecken wir die Aufmerksamkeit der anderen. Der Innenminister gehört so gut wie uns, und damit knacken wir die unteren Ebenen der Polizei schneller. Über

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