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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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versuchte, sich mit Sit-ups abzulenken. Vierundvierzig. Wenigstens hatten sie ihr die stinkende Massenverwahrung erspart, die in solchen Fällen üblich war, dachte sie und kämpfte mit ihren übersäuerten Bauchmuskeln. Fünfundvierzig. Wie Sam wohl damit klarkam?, fragte sie sich. Sechsundvierzig. Er würde sich die Schuld geben, zum zweiten Mal. Siebenundvierzig. Aber diesmal würde sie nicht den gleichen Fehler machen wie er. Achtundvierzig. Nicht dieses Mal, sie war sicher, dass Sam nichts dafür konnte. Neunundvierzig. Nicht nach der vorletzten Nacht. Fünfzig. Nicht nach dem, was wieder zwischen ihnen war. Einundfünfzig. Was waren ihre Optionen? Zweiundfünfzig. Sie würde nicht noch einmal vier Jahre in den Knast gehen. Dreiundfünfzig. Das stand für Klara so fest, als wäre es in den Betonboden ihrer Zelle gemeißelt. Vierundfünfzig. Wie hatten sie ihr den Einbruch bei Truthleaks überhaupt nachweisen können? Fünfundfünfzig. Wo war ihr ein Fehler unterlaufen?
    Sie sank zurück auf die zentimeterdünne Matratze, die andere wohl eher als Decke bezeichnet hätten. Ihr Herz pumpte von der Anstrengung, vor ihren Augen tanzten kleine Sterne der Anstrengung, dahinter die karge Wand. Sie zählte noch die Sterne, was sich als sinnloses Unterfangen herausstellte, als die Zellentür mit einem lauten Krachen zur Seite geschoben wurde und ein mürrisch dreinblickender Vollzugsbeamter sie aufforderte aufzustehen.
    »Miss Swell, Besuch für Sie«, sagte der Mann mit viel zu lauter Stimme und machte ihr mit seiner Körperhaltung unmissverständlich klar, dass er nicht gerne wartete.
    Klara nahm eines der Handtücher, die neben dem winzigen Waschbecken lagen, und trocknete sich das Gesicht. Die lasch sitzende Gefängniskleidung war trocken geblieben, aufgrund des jahrelangen Trainings kam Klara nicht leicht ins Schwitzen. Sie folgte dem Mann durch den langen Gang vorbei an immergleichen Zellen, in die oftmals sogar zwei Insassen gepfercht waren.
    Der Richter hatte sie nach Rikers Island verlegen lassen, jene Insel mitten im Hudson River, auf der sich der größte Gefängniskomplex der Welt befand. Zu den berühmtesten Insassen hatten Rap-Stars, Schauspieler sowie ein französischer Politiker gehört, dem man vorgeworfen hatte, ein Zimmermädchen vergewaltigt zu haben. Und jetzt Klara Sissi Swell.
    Nach einem kurzen Fußmarsch führte sie der Beamte in einen kleinen Raum, der als Besprechungszimmer diente. Er klopfte an eine zweite Tür und postierte sich an der Wand, sodass er Klara im Blick behalten konnte. Die Tür, an die er geklopft hatte, öffnete sich, und Klara erblickte den Besucher, den sie am wenigsten erwartet hätte. Es war der Einzige, der ihr noch lieber war als Sam in dieser Situation.
    Thibault Godfrey Stein setzte zunächst den Stock und dann einen Fuß durch die Tür. Sein fröhliches »Guten Morgen, Miss Swell« ließ Klara zum ersten Mal seit ihrer Verhaftung lächeln.
    —
     
    Pia Lindt betrachtete das Steak, das bei nur siebzig Grad auf dem Rost im Ofen ruhte, mit wachsender Skepsis.
    »Und das soll gar werden?«, fragte sie Adrian, der gerade fein geschnittene Chilis, Knoblauch und Kerbel unter die frisch aufgeschlagene Mayonnaise rührte.
    »Mach dir keine Sorgen, Pia«, antwortete Adrian. »Es wird nicht nur perfekt medium-rare, sondern auch noch butterzart.«
    Sie starrte auf das dunkelrote Fleisch, dem die Hitze gar nichts anzuhaben schien, und zog eine Augenbraue nach oben. Adrian schwenkte Kartoffelviertel in einer Pfanne mit wenig Olivenöl und reichlich grobem Meersalz. Er bemerkte ihren skeptischen Blick und fügte hinzu: »Weißt du, mit dem Fleisch ist es wie mit Frauen. Man darf sie nicht erschrecken, dann bleiben sie schön flauschig und anschmiegsam.«
    Pia knuffte ihn in die Seite und holte zwei Teller und Besteck aus dem Schrank: »Ein Jammer, dass wir nicht mehr draußen essen können«, sagte sie. »Ich hatte mich schon fast an deine Terrasse gewöhnt.«
    Adrian zuckte mit den Schultern und widmete sich wieder seiner Mayonnaise. Pia deckte den japanischen Couchtisch, einen anderen Ort zum Essen gab Adrians Wohnung nicht her. Immer noch besser als meine schicke Schuhbox an der Upper West, dachte Pia und rückte die Blumen, die Adrian jede Woche mitbrachte, in die Tischmitte. Als sie in die Küche zurückkehrte, bekam das Fleisch endlich das, was es in Pias Augen längst verdient hatte. In einer schweren Edelstahlpfanne briet es Adrian von allen Seiten scharf an.
    Als sie keine

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