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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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an eine Konkurrenzfirma verkauft zu haben. Pia wunderte sich, was ihr Stein damit sagen wollte. Der Sohn war verurteilt worden, ein ganz und gar unspektakuläres Verfahren. Der Grund, warum es in dem Gesetzeskommentar erwähnt wurde, lag lediglich darin, dass vom Gericht die Frage diskutiert worden war, inwieweit ein Einbruch innerhalb eines gemeinschaftlich genutzten Wohnraums dennoch Teil des Strafmaßes werden kann, obwohl dem Sohn die Kombination des Safes nach Angaben des Vaters seit Jahren bekannt war. Was wollte ihr Stein damit sagen?, fragte sich Pia erneut. Sie legte den dicken Wälzer beiseite und starrte auf die Bleistiftzeichnungen an der Wand. Vater und Sohn. Einbruch und Diebstahl. Gemeinschaftlich genutzter Wohnraum. Pia ging die Elemente des Falls Schritt für Schritt durch, aber ihr wollte einfach kein Zusammenhang zu Klara einfallen. Sie grübelte eine Viertelstunde, bevor sie auf die Idee kam, die Namen des Beschuldigten im Internet zu recherchieren. Der Vater, Besitzer einer mittelständischen, aber sehr profitablen Werkzeugmaschinenfabrik, hatte es sogar zu einem eigenen Wikipedia-Eintrag gebracht.
    Als Pia den Artikel vollständig gelesen hatte, dämmerte ihr, was Stein ihr sagen wollte: Der Vater hatte nach dem Prozess jeden Kontakt zu seinem Sohn abgebrochen, und erst Jahre später, auf Initiative der mittlerweile angeheirateten Schwiegertochter, hatten die beiden wieder zueinander gefunden. Also ahnte der alte Mann doch, dass Adrian und sie mehr verband, als es den Anschein haben sollte. Womit hatten sie sich verraten? Im Grunde bist du selbst schuld, dass du gedacht hast, du könntest etwas vor dem cleveren alten Herrn verbergen, tadelte sich Pia.
    Stein schlug also vor, Adrians Eltern zu kontaktieren. Darauf lief es doch hinaus, oder? Aber was sollte sie ihnen sagen: »Hallo, ich bin Pia Lindt, ich bin die Geliebte Ihres Sohnes, und ich wollte Sie fragen, ob wir uns nicht mal alle treffen können?« Wohl kaum. Pia lehnte sich zurück und dachte darüber nach. Oder gab es eine weniger plumpe Möglichkeit? Es kostete sie über eine halbe Stunde, die unterschiedlichen Fürs und Widers abzuwägen, und am Schluss war sie immer noch nicht sicher, was sie von Steins Vorschlag halten sollte. Wie sollte sie überhaupt an die Adresse kommen? Zumindest das könnte man ja probieren, anrufen muss ich dann ja noch nicht gleich, überlegte sich Pia und rief das Programm auf, in dem die Kanzlei die Kontaktdaten ihrer Klienten speicherte. Und tatsächlich gab es unter dem Namen von Bingen mehrere Einträge:
     
    von Bingen, Adrian; 557 N 5th Street; New York; NY; Telefon: +1 (212) 237 6 1558
    von Bingen, Ferdinand; Leutfresserweg 4; Würzburg; Deutschland; Telefon: +49 (0931) 3180185
    von Bingen, Adele; Leutfresserweg 4; Würzburg; Deutschland; Telefon: +49 (0931) 3182646
    Pia stöhnte. Theoretisch könnte sie also anrufen. Sie starrte auf die Nummern seiner Eltern. Offenbar hatten Frau und Herr von Bingen dieselbe Adresse, aber unterschiedliche Telefonnummern. Es käme wohl ohnehin nur die Frau in Betracht. Pia wog noch einmal alle Möglichkeiten ab und traf schließlich eine Entscheidung. Mit zitternden Fingern wählte sie eine Telefonnummer in Deutschland. Als sie nur einen Anrufbeantworter erreichte, legte sie wieder auf. Andererseits war es vielleicht gar nicht schlecht, wenn sie Zeit hatte, darüber nachzudenken, was sie ihnen zu sagen hatte.
    Pia notierte sich auf einem Schmierzettel die wichtigsten Eckpunkte und drückte die Taste für Wahlwiederholung. Sie hinterließ eine längere Nachricht, von der sie hoffte, dass ihr Tonfall bei den von Bingens so ankam, wie sie ihn beabsichtigte. Im Kopf ließ sie noch einmal Revue passieren, welchen Wortlaut sie gewählt hatte und ob man ihn missverstehen konnte, als es an der Tür klingelte.
    Pia lief durch den langen Flur und öffnete: Es war nur ein Paketbote, wahrscheinlich mit irgendwelchen Akten aus dem Gericht, vermutete Pia und quittierte ohne hinzusehen den Empfang. Erst als sie das große Paket auf Steins Schreibtisch deponieren wollte, fiel ihr auf, dass es an sie adressiert war. Immer noch in Gedanken bei den von Bingens, nahm sie das Paket mit in ihr Zimmer und stellte es auf ihren Schreibtisch. Sie hatte später noch genügend Zeit, es zu öffnen. Sie schaute auf die Uhr. Mittlerweile war es Viertel nach drei, und langsam wurde es Zeit, dass Stein zurückkam. Sie wollte seinen Rat, wollte ihm erzählen, warum sie ihm die Beziehung zu

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