Judaswiege: Thriller
innerhalb weniger Tage selbst antrainiert haben. Das ist die gute Nachricht.«
»Pffff«, pfiff Klara durch die Zähne.
»Und ich halte ihn für unberechenbar. Keine Ahnung, wie er auf den Tod seines Partners und Mentors reagiert. Möglicherweise mit einer rigorosen Brutalität, die selbst die seines ›Ziehvaters‹ übertrifft. Und ich mache mir große Sorgen um Tammy Walker.«
»Du glaubst, dass er sie noch nicht umgebracht hat?«
»Das halte ich absolut für möglich, Klara. Sie war für seine Initiation gedacht, sein erstes Opfer. Zumindest glaube ich das. Und ich kann mir vorstellen, dass er die Rache für Rascal an dir respektive Pia als Ersatzopfer vorzieht und sich später mit seiner eigenen Phantasie beschäftigt.«
Klara schluckte. Rache an ihr. Das war der springende Punkt. Pia war wegen ihrer aggressiven Fernsehauftritte und ihrer gezielten Provokation überhaupt erst in diese Lage geraten. Sie musste Sam helfen, sie zu finden.
»Das Gute ist«, fuhr Sam fort, »dass es Wesley gelungen ist, die Nummer ihres Handys herauszufinden.«
Klara konnte über die Fähigkeiten ihres technischen Wunderkinds nur staunen. Sie fragte sich, wie sie früher überhaupt irgendeinen Täter gefasst hatten ohne solche Finessen.
»Er hat alle Handys, die zum Zeitpunkt ihres Telefonats in der entsprechenden Zelle in Soho eingebucht waren, analysiert und schließlich ein Handy gefunden, das nur angerufen wurde, aber niemals selbst telefonierte. Das muss sie sein. Wir sind gerade dabei, es zu orten, du kommst sozusagen genau im richtigen Moment.«
Klara hörte, wie im Hintergrund der Sprechfunk des FBI lauter wurde. Sogar über die Handyverbindung erkannte sie Wesleys aufgeregte Stimme. Leider konnte sie nicht genau verstehen, was er sagte, aber sie vermutete, dass er bei seinem Ortungsversuch Erfolg gehabt hatte. Bevor Sam ihre Vermutung bestätigen konnte, bellte er einige Anweisungen, die, wie Klara vermutete, für die umstehenden Beamten bestimmt waren. Erst dann wendete er sich wieder ihr zu.
»Wesley hat das Handysignal geortet. Sie befindet sich in Chinatown, was die Sache nicht gerade erleichtert. Die Handymasten stehen dort in Dutzenden auf den Dächern, eine genaue Peilung ist unmöglich. Die Spezialeinheit ist unterwegs, aber ich wäre froh, dich auch vor Ort zu haben. Wir können unmöglich riskieren, einzugreifen, bevor wir uns sicher sind, dass wir die Bombe entschärfen können. Vielleicht beobachtet er sie.«
Klara startete den Motor ihres Mercedes. »Alles klar, Sam. Das ist ganz in der Nähe. Ich bin auf dem Weg und konzentriere mich darauf, einen möglichen Verfolger zu identifizieren.«
»Kein Zugriff, bevor ich es sage, Klara.«
Klara raste die kleine Gasse entlang und hupte einen Lieferanten aus dem Weg, der in aller Seelenruhe einen Stapel Gemüsekisten über die Straße schob.
»Schon klar, Sam. Schon klar.«
»Wer bringt mich rein?«, erkundigte sie sich nach einem Zugang für den reservierten Funkfrequenzbereich. Sie war schließlich auf der Flucht vor den Behörden und konnte kaum in der FBI-Zentrale nach einer entsprechenden Schaltung fragen.
»Anne kümmert sich darum, sie leitet dir das Signal aufs Handy«, versprach Sam und kappte die Verbindung.
Klara raste die Mulberry Richtung Norden und nahm weder Rücksicht auf den dichten Feierabendverkehr noch auf die Tatsache, dass ihr Fahrstil ein gefundenes Fressen für einen übereifrigen Streifenpolizisten sein würde. Als sie scharf um eine Ecke bog, klingelte ihr Handy.
»Klara, ich schalte dich jetzt dazu«, flüsterte die gewissenhafte Anne. Klara wusste, wie schwer es ihr fallen musste, einer gesuchten Verbrecherin Zugang zum FBI-Funk zu verschaffen. »Marin hört auch mit.«
Der letzte Satz war gleichbedeutend mit einem Hinweis, nur ja den Mund zu halten. Das würde Klara nicht schwerfallen, ihre Aufgabe war die Verfolgung eines möglichen Verfolgers. Während sich die Kollegen auf Pia konzentrierten und darauf, wie sie die Bombe entschärfen konnten, ohne Pia zu gefährden, würde sich Klara an ihre Fersen heften, wie ein Schatten, natürlich ohne selbst gesehen zu werden.
Es war ein gefährliches Spiel, denn ihr Gegner kontrollierte die meisten Parameter. Aber Klara galt nicht umsonst als eine der Besten ihres Fachs. Und sie nahm sich vor, es erneut unter Beweis zu stellen. Für Pia. Sie stellte den Ton ihrer Kopfhörer lauter und lauschte dem Sprechfunk des Sondereinsatzkommandos.
»Sie bewegt sich jetzt auf dem Broadway
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