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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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abgeranzten Barhocker, nippte an einem Glas Cola und blätterte durch ihre Post, die sie auf dem Weg zur Arbeit aus dem Briefkasten gefischt hatte.
    Was trieb ihn nur dazu, ihr immer wieder Briefe zu schicken, die sie doch nicht las?, sinnierte sie und zerriss den Umschlag in vier Teile. Ansonsten fand sie in dem Stapel nur Werbung für einen Sushilieferservice, der auch Pizza im Angebot hatte, eine Reinigungsfirma, die versprach, bei Abgabe von drei Mänteln zwei Hosen kostenlos mitzusäubern, und einen Brief der Bradford Hills Correctional Facility. Letzteren öffnete sie mit zitternden Fingern, sie hatte von dort noch nie gute Nachrichten erhalten.
    Sie entfaltete das matschig-graue Umweltpapier mit dem offiziellen Emblem des Gefängnisses: Ihr Gesuch um Wiederaufnahme des Verfahrens »The People vs. Klara Swell« war abgelehnt worden.
    »Damn it«, fluchte Klara und schmiss das gesamte Papierzeug in einen großen Mülleimer, der hinter der Bar stand.
    »Sissi«, bellte eine Stimme aus der Küche. »Arbeit!«
    Seufzend schwang sie sich mit einer eleganten Bewegung von dem für sie viel zu hohen Stuhl. Ihren Spitznamen, der sie schon seit über fünfzehn Jahren verfolgte, hatte sie ihren braunen Locken zu verdanken. Sie trug sie seit ihrer Jugend kinnlang, und sie umrahmten ihr Gesicht wie ein Jugendstilrahmen. Dazu noch Turnerin – es hatte keiner großen Phantasie bedurft, sie mit dem Spitznamen der österreichischen Zuckerbäckerkaiserin zu titulieren. Und irgendwie war er hängen geblieben, bis heute.
    Die Küche lag im hinteren Teil der Bar, und es herrschte wie üblich hektische Betriebsamkeit. Zwar war um vier Uhr nachmittags noch kein Hochbetrieb, aber ein paar frühe Gäste saßen bereits in dem dunklen Lokal in der Lower East Side. In zwei Stunden würde es rund dreißig Minuten dauern, bis Gäste einen Platz bekamen und Klara sich auf ein ordentliches Trinkgeld freuen konnte.
    An der Essensausgabe wartete eine größere Bestellung auf sie. Klara nahm zwei der schweren Teller inklusive Brotkorb auf einmal und balancierte durch die eng gestellten Tischreihen in Richtung des Fensterplatzes, an dem ihre seltsamsten Gäste des heutigen Tages hockten. Ein alter Mann mit schlohweißem Haar, der sehr elegant gekleidet war und nicht in das eher bei jungen Leuten beliebte Lokal passte. Ihm gegenüber saß eine gut aussehende blonde Frau, die mit ebenjenen weiblichen Rundungen gesegnet war, die Klara gerne gehabt hätte. Groß und weiblich, eine elegante, aristokratische Kühle.
    Sie dagegen war mit ihren 1 Meter 65 nicht gerade das, was man eine imposante Erscheinung nannte. Früher hatte sie das weniger gestört, im Gegenteil, der gestählte zierliche Körper war ihre Geschäftsgrundlage gewesen.
    Kurz bevor sie das ungleiche Paar erreichte, blieb sie mit der Tasche ihres Jeansrocks an einem Stuhl hängen. Die Teller schwankten bedrohlich, aber die Instinkte einer Turnerin ließen sie die Gewichtsverlagerung traumwandlerisch sicher ausgleichen. Sie stellte den Brotkorb in die Tischmitte, schob den Burger für die gut aussehende Blonde wieder in die richtige Position und platzierte beide Teller mit einem freundlichen Lächeln vor ihren Gästen.
    Klara war zwar nicht zum Lächeln zumute nach den schlechten Nachrichten der Gefängnisbehörde, aber sie brauchte das Trinkgeld. Ein Rock und ein Lächeln verbesserten es deutlich, wie sie im letzten halben Jahr herausgefunden hatte. Ein fettes Dekolleté wäre noch besser, aber das hatte der große Schöpfer ja schon bei der anderen verbaut. Die Frau lächelte dankbar, und auch der alte Mann, der sicher auf der dicken Brieftasche saß, bedankte sich artig. Ob sie miteinander ins Bett gingen? Wahrscheinlich, entschied Klara.
    Sie wirbelte herum, um die nächste Fuhre zu holen, als der alte Mann sie noch einmal ansprach: »Entschuldigen Sie, Miss Swell?«
    Sie war irritiert. Wieso sprach der Mann sie mit ihrem Namen an? Sie trugen hier schließlich nicht diese albernen Namensschildchen wie in Schnellrestaurants, auf denen unausweichlicherweise Cindy oder Melody stand. Kannte er sie von früher? Sie drehte sich zu ihm um und hob eine Augenbraue: »Ja, Sir?« Denk an das Trinkgeld, Sissi.
    »Hätten Sie die Güte, sich einen Moment zu uns zu setzen?«
    Klara schaute verdattert. Was hatte der Mann für eine Vorstellung davon, was sie hier machte? Den Concierge? Wir sind schließlich nicht im Ritz.
    Dennoch lächelte sie weiterhin und antwortete dem aufdringlichen Gast so

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