Judaswiege: Thriller
und bei den Preisen machen sie das sicher nicht bei jedem X-beliebigen«, analysierte die Brünette und setzte wieder ihren durchdringenden Blick auf, der ihn zu durchleuchten schien wie Röntgenstrahlen.
»Gut im Kombinieren!«
Sie zuckte mit den Schultern. In den nächsten fünfzehn Minuten erfuhr Vittorio, dass die beiden Klara und Pia hießen, und wie er vermutet hatte, zum ersten Mal im O-Store waren. Sie fanden es nach eigenem Bekunden aufregend, was er zumindest Pia glaubte. Klara schien ihm abwesend, aber da die Anwältin – auch ihren Beruf hatte sie ihm mittlerweile verraten – bereitwillig mit ihm flirtete, sah er gerne darüber hinweg.
»Über wen seid ihr eigentlich hier reingekommen?«, fragte er.
»Adam Spillane«, antwortete Klara wie aus der Pistole geschossen und schien auf einmal gar nicht mehr desinteressiert. Bei Vittorio läuteten sämtliche Alarmglocken. Was wollten die beiden wirklich hier?
»Kennst du ihn?«, fragte die Blondine.
»Adam wer? … Nein«, log Vittorio und schaute in sein Glas.
»Du lügst«, bemerkte Pia beiläufig, ohne die Stimme zu erheben.
»Warum sollte ich lügen?«, fragte er mit Unschuldsmiene.
»Keine Ahnung, aber wer in sein Glas schaut, lügt. § 12 der Steinschen Prozessordnung.«
»Was?« Vittorio hatte keine Ahnung, wovon sie da redete.
»Egal«, meinte wiederum die Brünette und tippte ihm mit dem Zeigefinger auf die Brust: »Wo finden wir Adam?«
Vittorio seufzte. Er musste herausfinden, was die beiden von Adam wollten. Und da sie seine erste Lüge direkt durchschaut hatten, blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als ihr Spiel mitzuspielen. Zumindest vorerst. Er bedeutete ihnen, ihm zu folgen, schnappte sich die Champagnerflasche aus dem Kühler und ging vor in Richtung Garten. Die beiden Frauen folgten ihm, ohne zu zögern, wurden aber am Durchgang zum Garten aufgehalten. Erst nachdem Vittorio den beiden Jungs, die den Eingang zum Gartenbereich überwachten, deutlich gemacht hatte, dass sie zu ihm gehörten, ließen sie die beiden passieren.
Vittorio nahm auf einer Sitzgruppe in der linken Ecke des Gartens Platz. Hier war die Musik gedämpfter, und er konnte in Ruhe herausfinden, was die beiden im Schilde führten. Vittorio überlegte fieberhaft, warum die beiden ausgerechnet heute hier aufkreuzten. Offenbar kannten sie Adam gar nicht. Aber wie waren sie dann hier hereingekommen? War die Blonde vielleicht gar keine Anwältin sondern Journalistin? War es möglich, dass die beiden wegen der Tapes hier waren? Nein, unmöglich, der Quellenschutz von Truthleaks ist wasserdicht. Aber wenn doch, steckte er selbst in der Bredouille, denn er hatte Adam hoch und heilig versprochen, dass Truthleaks seine Quellen schütze. Absolut und ohne jede Ausnahme. Das war ihr Prinzip. Also, was wollten die beiden, vor allem diese Klara mit ihrem analytischen Blick?
Er goss Champagner nach und stellte die Flasche auf den Tisch in der Mitte der weißen Rattanmöbel. Die Blondine, Pia, blickte sich neugierig um, während sich Klara nur auf ihn konzentrierte.
»Noch einmal: Was wollt ihr von Adam?«, fragte er jetzt mit etwas schärferer Stimme.
»Wir möchten nur mit ihm reden«, versprach Klara und taxierte ihn aufs Neue. Die Blondine trank einen großen Schluck Champagner und schenkte sich selbst übertrieben langsam nach. Dann blickte Pia ihm plötzlich geradewegs ins Gesicht, ihre blauen Augen blitzten ihn an, und sie fragte: »Was wissen Sie über Truthleaks, Vito?«
Ihm blieb fast das Herz stehen. Wie konnte das sein? Erst die Frage nach Adam und jetzt die Frage nach ihm und Truthleaks? Er begann zu schwitzen, und sie hatte es bemerkt, denn sie blickte triumphierend zu Klara. Vittorio wurde klar, dass sie einen Schuss ins Blaue abgegeben und damit ins Schwarze getroffen hatte.
»Sag ich doch, Klara. Er weiß etwas.«
»Ich weiß gar nichts«, stammelte Vittorio, aber es war zu spät.
Pia schaute zu ihrer Kollegin und fragte, ohne ihn eines Blickes zu würdigen: »Was meinst du, sollen wir noch ein Risiko eingehen?« Die Blondine nickte.
»Also gut, Vito. Quid pro quo. Ich beantworte Ihnen in aller Offenheit eine Frage, auch wenn ich Ihnen die Antwort nicht geben dürfte, und Sie beantworten eine meiner Fragen, auch wenn sie für Sie unangenehm ist, in Ordnung? Hört sich das für Sie nach einem fairen Deal an?«
Vittorio überlegte einen Moment. Was sie vorschlug, klang tatsächlich nicht unfair, und was hatte er schon zu verlieren? Er musste schließlich
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