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Judaswiege: Thriller

Judaswiege: Thriller

Titel: Judaswiege: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Berkeley
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die neben ihr auf der Rückbank des Taxis saß, und war mit sich zufrieden. Die Anwältin, die sonst so konservativ und zugeknöpft auftrat, steckte in einem Fummel, der jedem Richter die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte: ein langes, dunkelrot glänzendes Latexkleid mit einem auffälligen quastenbesetzten Ausschnitt und dazu eine passende Blume im Haar. Klara selbst hatte sich für eine sehr strenge Variante entschieden, um ihrem mädchenhaften Äußeren entgegenzuwirken. Sie trug einen engen Bleistiftrock, dazu Stiefel mit unverschämt hohem Absatz und eine weiße Bluse mit Krawatte. Um ihr Outfit zu vervollkommnen, hatte sie sich in dem Laden, in dem sie das Kleid für Pia erworben hatten, eine Peitsche und eine Ledermütze besorgt. Ob sie die Leute für ein Pärchen halten würden? Klara war das egal, Hauptsache, sie fanden diesen Adam, die Quelle von Truthleaks. Sie lächelte Pia zu, die dem Abend in dem geheimnisvollen Nachtclub scheinbar vollkommen unbekümmert entgegenfieberte.
    »Gar nicht nervös, meine Liebe?«, fragte Klara. Pia hatte ihr auf dem Flug hierher das Du angeboten, was Klara schon viel früher getan hätte, aber immerhin war Pias Chef ihr Auftraggeber.
    »Im Gegenteil. Ich freue mich auf den Club. Ich wollte schon immer auf eine dieser Partys. Sie haben auch einen Ableger in New York, aber ich habe bisher niemand gefunden, der mich mitgenommen hätte.«
    Soso, wunderte sich Klara über die sonst so geschäftsmäßige »Miss Lindt«, wie Stein sie zu nennen pflegte. Ein leises Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie dem Taxifahrer bedeutete, an der nächsten Ecke anzuhalten. Bevor sie ausstiegen, entschied sich Klara in letzter Sekunde doch noch, das finale Detail ihrer Verkleidung auszupacken, das sie bisher in ihrer Handtasche verborgen hatte.
    »Wenn Sie sich einmal zu mir herüberbeugen würden, Miss Lindt«, imitierte sie den höflichen Tonfall des alten Anwalts.
    »Was soll denn das sein?«, fragte Pia, und als sie erkannte, worauf es hinauslief, fügte sie hinzu: »Das ist nicht dein Ernst, oder?«
    »Mein vollkommener Ernst. Unsere Verkleidung muss perfekt sein. Keine Widerrede«, sagte Klara und legte ihr mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht ein schmales Halsband um, an dem eine lange Leine befestigt war.
    »So, und nun, mein Pferdchen, auf in den Kampf.« Als sie Pias Blick sah, musste sie lachen, aber die junge Blondine schien nicht ernsthaft gekränkt, ihr Blick wirkte vielmehr nach wie vor eher neugierig amüsiert. Klara stieg als Erste aus und ging um das Taxi herum. Mit einer eleganten Bewegung öffnete sie den Schlag und führte Pia an der Leine auf den Gehsteig.
    »Lauf gerade und halte den Blick streng geradeaus. So hat es mir jemand erklärt, der sich damit auskennt«, flüsterte sie ihr ins Ohr, während sie sich dem Eingang näherten. Als sie die Tür erreicht hatten, klingelte Klara und sagte dem Auge, das durch ein kleines Sichtfenster blickte, die Losung: »Götterdämmerung«. Die schwere Eisentür öffnete sich. Sie waren drin.
    —
     
    Pia hatte Mühe, mit Klara Schritt zu halten, das Kleid war so lang und eng, dass sie nur tippelnd kleine Schritte machen konnte, und ihre Schuhe waren selbst für ihre Verhältnisse ungewöhnlich hoch. Aber Klara nahm darauf keine Rücksicht und führte sie zielstrebig durch einen langen Gang, an dessen Wänden überall Kerzen standen. Der ganze Club roch nach Geld und Luxus. Zwar machten die Wände absichtlich einen groben Eindruck, aber Pia blieben die fein gearbeiteten Reliefs auf den Fliesen nicht verborgen, die aussahen, als habe man sie in einer uralten Kirche geklaut. Und es roch nicht nach muffigem Club, sondern nach Zedernholz und teuren Parfums. Sie verstand langsam, warum der Laden einen so legendären Ruf genoss, und er war ganz offensichtlich eher etwas für die oberen Zehntausend.
    Als ein livrierter Mann einen raumhohen Samtvorhang zur Seite schob, traute Pia kaum ihren Augen: Der große Saal war riesig und erinnerte eher an eine Bibliothek. In der Mitte hing ein gigantischer Kandelaber von der gläsernen Decke, der glitzernde Lichteffekte in alle Ecken des Raumes warf. Durch die hohe Kuppel konnte man den Sternenhimmel sehen. Pia schluckte, so stellte sie sich die europäischen Königshäuser vor: prachtvoll und allein durch ihre verschwenderische Größe ehrfurchtgebietend. Den Boden bedeckte edles Parkett, die Wände waren stuckverziert und zeigten Jagdszenen oder Porträts. Dies musste einmal ein

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