Judith McNaught
wollen, sollten Sie bis nach der Hochzeit warten.«
Er spürte, wie sich ihr Körper
versteifte. Langsam hob sie den Kopf und sah ihn an. Ihr Blick war immer noch
verhangen, aber ihre Weigerung zeigte schon wieder eine Spur von Stärke. »Ich
kann Sie am Samstag nicht heiraten.«
»Dann am Sonntag«, gab er großzügig
nach. Irrtümlich nahm er an, sie habe etwas gegen den Tag aus weiblicher Sorge,
mit der Ausstattung nicht fertig zu werden.
»Auch da nicht«, warnte sie ihn,
aber die Verzweiflung in ihrer Stimme zeigte ihm, daß sie keineswegs überzeugt
war. »Ich möchte erst mein Gedächtnis wiedererlangen, bevor ich so einen
unwiderruflichen Schritt tue.«
Stephen bezweckte natürlich das
genaue Gegenteil. »Leider kann ich solange nicht warten.«
»Warum um alles in der Welt nicht?«
»Erlauben Sie mir, es zu
demonstrieren«, sagte er und küßte sie hart und fordernd. Als er fertig war,
blickte er sie mit hochgezogenen Brauen an, damit sie ihre Meinung äußerte.
»Nun ja, das ist eines«, gab sie zu,
und Stephen hätte bei ihrem Tonfall und ihrem Gesichtsausdruck beinahe laut aufgelacht,
»aber das ist kein Grund für eine so übermäßige Eile.«
»Sonntag«, wiederholte er
unerbittlich.
Sie schüttelte den Kopf und blickte
ihn mit erstaunlicher Willensstärke an, obwohl er merkte, daß sie bereits
schwankte.
»Noch unterstehe ich nicht Ihren
Gefühlen, Mylord, deshalb würde ich vorschlagen, Sie schlagen mir gegenüber
besser nicht diesen Ton an. Er ist äußerst herrisch, und irgendwie weckt er
meine Angriffslust. Ich bestehe darauf, eine Wahl zu haben – was machen Sie
da?« fuhr sie auf, als seine Hand in ihr Mieder und über ihre Brust glitt. Er
streichelte ihre Brustwarze, bis sie sich zu einer festen Knospe aufrichtete.
»Ich lasse Ihnen die Wahl«,
erwiderte Stephen. »Sie können entweder zugeben, daß Sie mich wollen, und zulassen,
daß ich am Sonntag eine ehrbare Frau aus Ihnen mache, oder Sie können es
ablehnen ... «
Er ließ den Satz im Raum stehen,
damit sie unruhig wurde.
»Und wenn
ich es ablehne ...«, wandte sie leise ein.
»Dann werden wir nach Hause fahren,
anstatt auf den Ball der Rutherfords, und ich werde dort weitermachen, wo wir vor
ein paar Minuten aufgehört haben, bis ich Sie überzeugt habe oder Sie
zustimmen. Das Ergebnis wird allerdings auf jeden Fall die Hochzeit am Sonntag
sein.«
Unter seinem samtenen Bariton lag
eine solch stählerne Entschlossenheit, ein so arrogantes Selbstvertrauen, daß
er in allem, was er vorhatte, erfolgreich sein würde, daß Sherry sich noch hilfloser und verwirrter
vorkam. Sie wußte, daß er sie dazu bringen konnte, zuzustimmen. Er würde sie
innerhalb weniger Minuten mit seinen Küssen um den Verstand bringen. »Gestern
waren Sie noch nicht so wild darauf zu heiraten, ja, Sie wollten noch nicht
einmal mit mir verlobt sein«, verwies sie ihn. »Woher kommt denn Ihr plötzliche
Sinneswandel?«
Dein Vater ist tot, und du hast auf
der ganzen Welt nur noch mich, dachte
Stephen, aber er wußte, daß es auch noch einen anderen Grund gab, der zwar
nicht ganz stimmte, dafür aber viel bezaubernder klang. »Gestern war mir noch
nicht ganz klar, wie sehr wir einander begehren.«
»Ja, aber heute abend bei Almack's
fühlte ich mich vollkommen sicher, Sie überhaupt nicht zu begehren. Warten
Sie, ich habe einen Vorschlag ...«, sagte sie, und Stephen mußte beim Anblick
ihres Gesichts, das sich plötzlich aufhellte, grinsen, obwohl er ganz genau
wußte, daß er ihren Vorschlag weder mögen noch ihm zustimmen oder irgendeine
Anderung seiner Pläne zulassen würde. Fünfhundert Jahre unverfälschten Adels
flossen durch seine Adern, und mit der echten Arroganz seiner illustren
Vorfahren hatte Stephen David Elliott Westmoreland bereits entschieden, daß
allein sein Wille in dieser Angelegenheit ausschlaggebend war. Ihm schien nur
bedeutsam, daß sie ihn begehrte, und er sie. Und darüber hinaus drängte er nur
deswegen so zur Eile, damit ihr noch eine genußvolle Zeit als seine Frau blieb,
bevor sie vom Tod ihres Vaters erfuhr.
»Wir könnten so weitermachen wie
bisher, und wenn Sie nicht unleidlich werden und wenn wir uns weiter gerne küssen,
dann sollten wir heiraten.«
»Ein verführerischer Vorschlag«, log
Stephen höflich, »aber zufällig habe ich weit mehr im Sinn, als Sie nur zu küssen,
und ich bin ... unbehaglich begierig darauf ... uns beide in diesem Punkt
zufriedenzustellen.«
Ihre Antwort auf diese Bemerkung
bewies ihm, daß
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