Judith McNaught
fragte
Rutherford und blickte suchend in die Menge.
»Er pflegt sein gebrochenes Herz,
hoffe ich«, erwiderte Stephen und setzte seine Idee in die Tat um.
»DuVille?« lachte Rutherford wieder.
»Das kann ich mir ebensowenig vorstellen wie euch beide im Almack's. Warum
sollte er ein gebrochenes Herz haben?«
Stephen zog spöttisch die
Augenbrauen hoch und antwortete amüsiert lächelnd: »Weil das Objekt seiner
Zuneigung einen anderen heiraten wird.«
»Wirklich?« fragte Rutherford
fasziniert und blickte mit neuem Respekt auf Makepeace, der immer noch mit
Sherry tanzte. »Du meinst doch nicht etwa Makepeace. Bitte sag mir, daß diese
Schönheit sich nicht an den jungen Bengel verschwendet.«
»Sie heiratet nicht Makepeace.«
»Wen denn?«
»Mich.«
Schock, Entzücken und komische
Vorfreude wechselten in Rutherfords Mienenspiel. Er wies mit seinem Glas auf
den Ballsaal und fragte: »Würdest du in Erwägung ziehen, daß ich es heute abend
verkünde? Ich würde zu gern ihre Gesichter sehen, wenn sie die Neuigkeit
erfahren.«
»Ich würde es in Erwägung ziehen.«
»Hervorragend!« erwiderte
Rutherford. Dann warf er Whitney einen strengen Blick zu und fügte an: »Wenn
Sie sich erinnern, Euer Gnaden, habe ich einmal versucht, Ihre Verlobung zu
verkünden, aber Sie hatten es sich an dem Abend in den Kopf gesetzt, sie
geheimzuhalten.«
Diese anscheinend unschuldige
Bemerkung veranlaßte ihren Mann und ihren Schwager, ihr zugleich amüsierte und
verweisende Blicke zuzuwerfen, weil sie auf eine Art gegen die Heirat mit ihrem
Mann aufbegehrt hatte, die Aufruhr in London verursacht hatte. »Hört auf, alle
beide«, bat Whitney verlegen lachend. »Darf ich das denn nie vergessen?«
»Nein«, erwiderte ihr Mann mit
zärtlichem Grinsen.
Sherry stand zum ersten Mal seit
einer Stunde neben Stephen und genoß die freundliche Unterhaltung mit seinen
Freunden, als sich Lord Rutherford plötzlich von der Gruppe entfernte. Sie sah,
wie er sich durch die Menge einen Weg zum Orchester bahnte, schenkte dem aber
keine Beachtung, bis auf einmal die Musik zu einem gewaltigen Crescendo anschwoll
und dann völlig erstarb in der klassischen musikalischen Bitte um
Aufmerksamkeit. Alle Gespräche brachen ab und die erstaunten Gäste drehten sich
langsam um und suchten nach dem Grund für die seltsame Unterbrechung.
»Meine Damen und Herren«, rief
Stephens Freund mit einer überraschend weit tragenden Stimme, »ich habe die
große Ehre, heute abend eine wichtige Verlobung bekanntzugeben, bevor sie
formell in der Zeitung stehen wird ...« Sherry blickte sich um wie viele der
Gäste und fragte sich, wer das frischverlobte Paar sein mochte. In ihrer
Neugier sah sie nicht, daß Lord Westmoreland sie zärtlich erheitert anlächelte,
während er beobachtete, wie sie aufmerksam die Menge musterte und zu raten
versuchte. »Ich weiß, daß gerade diese Verlobung eine große Erleichterung für
zahlreiche Junggesellen in diesem Saal darstellen wird, die dankbar dafür sein
können, daß ihnen dieser Gentleman endlich nicht mehr in die Quere kommt. Ah,
ich sehe, ich habe Ihre Neugier geweckt«, fuhr er fort, und er genoß
offensichtlich seine Rolle, während er auf Hunderte von amüsierten und neugierigen
Gesichtern herunterblickte.
»Angesichts dieser Tatsache werde
ich Sie noch ein wenig länger auf die Folter spannen, und statt Ihnen die Namen
der Verlobten zu nennen, werde ich sie bitten, mir die Ehre zu erweisen, ihre
erste formelle Aufgabe als zukünftiges Ehepaar wahrzunehmen und unseren Ball
offiziell zu eröffnen.« Von Gemurmel und Gelächter begleitet verließ er die
Tanzfläche, aber niemand blickte ihm nach. Als der Dirigent einen Walzer
anstimmte und die ersten Takte der Musik ertönten, blickten alle sich um und
musterten sich sogar gegenseitig mißtrauisch. »Was für eine wundervolle Art,
eine Verlobung bekanntzugeben«, gestand Sherry ihren amüsierten zukünftigen
Verwandten.
»Ich bin sehr froh, daß Sie auch
dieser Meinung sind«, sagte Stephen, legte seine Hand auf ihre und führte sie
langsam zur Tanzfläche – damit sie besser sehen konnten, wie Sherry glaubte.
Aber als sie dort angekommen waren, trat er vor sie und versperrte ihr die
Sicht. »Miss Lancaster«, sagte er ruhig, als sie versuchte, an ihm vorbeizusehen.
»Ja?« erwiderte Sherry und lächelte
über die unerklärliche Erheiterung in seinen Augen.
»Darf ich Sie um die Ehre des
nächsten Tanzes bitten?«
Sie hatte keine Zeit für
Lampenfieber, noch
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