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Judith McNaught

Judith McNaught

Titel: Judith McNaught Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Legenden der Liebe
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forschte in seinem unergründlichen
Gesichtsausdruck. »Hast du gefunden, wonach du suchst, meine Liebe?« fragte er
sie sanft.
    »Ich suchte nach ... Vergebung?«
schlug sie vor, und ihre strahlenden Augen machten Claytons Versuch, ungerührt
auszusehen, beinahe zunichte. »Männliche Güte gegenüber einem überreizten Weib?
Einen gewissen Geistesadel, der sich in Toleranz anderen gegenüber zeigt?
Vielleicht Sinn für Humor?«
    »All das?« fragte Clayton und ein
Lächeln stahl sich in seine Mundwinkel. »Alle diese Eigenschaften bei einem Mann,
der mit einer Frau geschlagen ist, die gerade die älteste lebende Glucke der
Welt in sein Haus eingeladen hat?«
    Sie biß sich auf die Lippen, um
nicht laut aufzulachen, und nickte.
    »In diesem Fall«, verkündete er und
schloß mit einem Lächeln auf den Lippen die Augen, »kannst du dich glücklich
schätzen, mit einem solchen Ausbund an Tugend verheiratet zu sein.«

Dreiundvierzigstes Kapitel

    »Ich möchte dich um einen Gefallen bitten«,
verkündete Stephen ohne weitere Einleitung, als er zwei Wochen später in das
Morgenzimmer im Haus seines Bruders trat, wo Whitney gerade das Anbringen von
sonnengelben Vorhängen überwachte.
    Verblüfft von seinem plötzlichen
Erscheinen und seinem barschen Tonfall lieg Whitney die Näherinnen alleine und
ging mit Stephen in das Wohnzimmer. In den drei Wochen, die seit der geplatzten
Hochzeit vergangen waren, hatte sie ihn bei verschiedenen gesellschaftlichen
Ereignissen gesehen, aber nur abends und immer mit einer anderen Frau an
seinem Arm. Es waren auch Gerüchte aufgekommen, man habe ihn mit Helene
Devernay im Theater gesehen. Im grellen Tageslicht erkannte Whitney jedoch
sofort, daß die Zeit bei ihm keine Wunden geheilt hatte. Sein Gesicht wirkte so
hart und kalt wie Granit, sein Verhalten war sogar ihr gegenüber distanziert
und kurzangebunden, und tiefe Linien der Erschöpfung hatten sich um seine Augen
und seinen Mund eingegraben. Er sah aus, als habe er seit Wochen nicht
geschlafen und die ganze Zeit getrunken. »Ich tue alles für dich, worum du mich
bittest, das weißt du«, sagte Whitney freundlich. Das Herz tat ihr weh bei
seinem Anblick.
    »Hast du eine Stelle frei für einen
alten Mann – einen Unterbutler? Ich möchte ihn aus meinem Blickfeld haben.«
    »Natürlich«, antwortete sie und
fügte vorsichtig hinzu: »Könntest du mir sagen, warum du ihn aus den Augen haben
willst?«
    »Er war Burletons Butler, und ich
möchte niemanden und nichts mehr sehen, das mich an sie erinnert.«
    Clayton blickte von den Papieren auf, die
er gerade studierte, als Whitney mit niedergeschlagenem Gesicht in sein Arbeitszimmer
trat. Alarmiert sprang er auf und kam um seinen Schreibtisch herum. »Was ist
passiert?«
    »Stephen war gerade hier«,
berichtete sie mit erstickter Stimme. »Er sieht schrecklich aus, und er klingt
schrecklich. Er möchte noch nicht einmal mehr Burletons Diener um sich haben,
weil der Mann ihn an sie erinnert. Als sie ging, hat nicht nur sein Stolz
gelitten. Er hat sie geliebt«, sagte sie ungestüm, und in ihren grünen Augen
schimmerten Tränen der Hilflosigkeit. »Ich wußte es!«
    »Es ist vorbei«, entgegnete Clayton
sanft. »Sie ist fort und es ist vorbei. Stephen wird schon darüber hinwegkommen.
«
    »Nicht so bald.«
    »Jeden Abend hängt eine andere Frau
an seinem Arm«, sagte er. »Ich kann dir versichern, daß er weit davon entfernt
ist, Eremit zu werden.«
    »Er hat sich von allen
zurückgezogen, selbst von mir«, widersprach sie. »Ich spüre es, und ich kann
dir noch etwas sagen. Je mehr ich darüber nachdenke, um so überzeugter bin
ich, daß Sheridan Bromleigh nichts vorgetäuscht hat, einschließlich ihrer
Gefühle für Stephen.«
    »Sie war eine ehrgeizige Intrigantin
und eine begabte noch dazu. Nur ein Wunder könnte mich vom Gegenteil überzeugen«,
entgegnete er schroff und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch.
    Hodgkin starrte seinen Brotherrn mit
niedergeschlagenem Schweigen an. »Ich ... ich soll entlassen werden, Mylord?
Habe ich etwas getan oder nicht getan, oder ...«
    »Sie werden im Haus meines Bruders
arbeiten. Das ist alles.«
    »Habe ich irgendeine meiner
Pflichten vernachlässigt, oder ...«
    »Nein!« knirschte Stephen und wandte
sich ab. »Es hat nichts mit Ihrer Arbeit zu tun.« Normalerweise befaßte er sich
gar nicht mit der Einstellung, Entlassung oder Bestrafung des Hauspersonals,
und er hätte diese unangenehme Aufgabe auch besser seinem Sekretär

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