Judith McNaught
und
intelligent.«
Whitney richtete ihre Gedanken von
den beunruhigenden Dingen, die Stephen zu ihr gesagt hatte, auf Juliannas
liebliche Züge. »Und auch sehr schön.«
»Man muß sich schon über die
Launenhaftigkeit der Natur wundern, die es diesem Mann ...«, sie wies
angewidert mit dem Kopf in die Richtung von Sir John, »und dieser Frau ...«,
sie zog eine Grimasse zu Lady Skeffington hinüber, »erlaubte, ein so
himmlisches Geschöpf hervorzubringen.«
Zweiundfünfzigstes Kapitel
Normalerweise standen immer zahlreiche Lakaien
bereit, um ankommenden Gästen aus ihren Kutschen zu helfen und dafür zu sorgen,
daß die Fahrzeuge und Pferde wieder zu den Ställen gebracht wurden, aber als
Stephen von seinem Ausflug in den Ort zurückkehrte, kam keiner aus dem Haus. Der
einzige sichtbare Bedienstete war ein einsamer Lakai, der in der Auffahrt stand
und wie gebannt zu den Hügeln starrte, die hinter den Ställen sanft aufstiegen.
Er versuchte so angestrengt etwas zu erkennen, daß er die Kutschenräder nicht
zu hören schien, bis Stephen direkt hinter ihm anhielt. Da erst fuhr er
schuldbewußt zusammen und kam zur Kutsche, um die Zügel zu übernehmen.
»Wo sind denn alle?« fragte Stephen,
der feststellte, daß der Butler ihm immer noch nicht mehr Dienstboten aus dem
Haus entgegengeschickt hatte, und auch nicht, wie üblich, die Haustür geöffnet
hatte.
»Sie sind bei den Ställen, Mylord.
Da findet ein richtiges Spektakel statt, wenn ich so sagen darf, und man sollte
es nicht verpassen. Das haben jedenfalls die, die hinter dem Haus zusehen,
gesagt.«
Stephen ergriff wieder selbst die
Zügel, da er beschlossen hatte, zu den Ställen zu fahren und sich selbst
anzusehen, was der Lakai mit »ein richtiges Spektakel« meinte.
Ein Zaun umschloß die Ställe und den
großen Rasenplatz vor den Gebäuden, wo die Pferde bewegt und abgekühlt wurden,
bevor man sie in den Stall brachte. Auf der einen Seite des Zauns erstreckten
sich bis zum Fuß der bewaldeten Hügel Wiesen mit Hecken und Steinwällen, auf
denen Claymores Pferde für die Jagd trainiert wurden. Als Stephen mit der
Kutsche an den Ställen anhielt, standen den ganzen Zaun entlang Pferdeknechte,
Lakaien, Kutscher und Stallknechte. Stephen half Monica und Georgette aus dem
Gefährt. Ihm fiel auf, daß alle Gäste außer seiner verräterischen Schwägerin an
der anderen Seite des Zauns standen und genauso gebannt wie die Dienstboten
einem wie auch immer gearteten Schauspiel zusahen, das sich in Richtung der
Hügel abspielte.
Stephen musterte das unergründliche
Profil seines Bruders, als er und seine beiden Begleiterinnen sich zu der
Gruppe gesellten, und fragte sich, ob Clay sich wohl an Whitneys Intrige
beteiligt hatte. Er konnte das zwar nicht glauben, war sich aber nicht ganz
sicher, deshalb richtete er seine Frage an Jason und Victoria Fielding. »Was
beobachtet ihr da?«
»Warte ab und sieh selbst«,
antwortete Jason mit einem seltsamen Grinsen. »Eine Erklärung im voraus würde
alles verderben.«
Victoria Fielding schien es
schwerzufallen, ihm in die Augen zu sehen, und ihr Lächeln wirkte aufgesetzt.
»Das ist wirklich sehr aufregend.«
Stephen fand, daß sich sowohl die
Fieldings als auch die Townsendes äußerst seltsam benahmen. Die Frauen wirkten
so nervös und die Männer schienen sich in seiner Gegenwart unbehaglich zu
fühlen. Entweder betrugen sie sich so, weil sie überrascht und unglücklich über
Sheridans Anwesenheit waren – oder aber, sie hatten die ganze Zeit über
gewußt, daß sie hier sein würde, und litten nun unter ihrem schlechten Gewissen.
Stephen musterte die vier Personen, die er als besonders nahe Freunde
betrachtete, und überlegte, ob es mit dieser Freundschaft wohl nun dauerhaft
vorbei sei. Die Frauen hatten es auf jeden Fall gewußt, entschied er, als er
sah, wie sich Alexandra Townsendes Wangen unter seinem Blick röteten. Nicht
einmal in den drei Stunden, seit er aufgeblickt und sich nur wenige Schritte
von seiner früheren Verlobten wiedergefunden hatte, hatte Stephen sich
gestattet, an sie zu denken. Er konnte es nur ertragen, hierzubleiben, wenn er
ihre Anwesenheit einfach ausblendete.
Sie hatte vorgegeben, jemand ganz
anderes zu sein, und als alles aufgeflogen war, hatte sie sich zu DuVille
geflüchtet und Stephen wie einen verdammten Idioten mit einem Priester und
seiner Familie auf sie warten lassen.
In den Wochen seit ihrem
Verschwinden hatte er im Geiste alles, was sie gesagt und getan hatte,
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