Judith McNaught
ihres Zusammenseins
empfunden hatte, es war echt gewesen – daran zweifelte er keinen Moment. Das
zumindest war echt und unverstellt gewesen. Keine Frau auf der Welt könnte eine
solche Reaktion vorspielen, jedenfalls nicht ohne langjährige Übung, und er
wußte, daß sie überhaupt keine Erfahrung besaß.
Sherry erwachte allein in ihrem
Bett, was ihr eigentlich normal erschien, und doch ... auch wieder nicht. Sie
schlug die Augen auf, sah ihn in dem Stuhl neben dem Bett sitzen, und
Erleichterung durchflutete sie. Er hatte sich bereits angezogen, sein Hemd
stand vorne offen, und sein gutaussehendes Gesicht schien undurchdringlich.
Verschämt zog sie die Bettdecke über ihre Brüste und setzte sich auf. Ein wenig
verzweifelt fragte sie sich, wie er so schrecklich gleichgültig aussehen
konnte, nach den Dingen, die sie gerade getan hatten. Tief im Innern dämmerte
ihr, daß sie sich deswegen schämen müßte, aber sie verdrängte diese Gedanken.
Seine Augen ruhten auf der Decke, die sie an ihre Brüste gepreßt hielt, dann
wanderte sein Blick langsam zu ihrem Gesicht und vermittelte ihr so deutlich,
als hätte er es ausgesprochen, daß ihre Schüchternheit ihn erheiterte. Sheridan
konnte ihm deswegen keinen Vorwurf machen, aber sie wünschte sich, er sähe
nicht so gelassen, so erheitert oder so distanziert aus ... wo sie doch darum
kämpfte, nach den Dingen, die sie miteinander getan hatten, wenigstens ein
bißchen normal auszusehen. Andererseits, dachte sie, sah er nicht mehr so
kalt, zynisch oder ärgerlich aus, und das empfand sie als wunderbare
Veränderung. Sie klemmte die Decke unter ihren Armen fest, zog die Knie an und
schlang ihre Arme darum. »Können wir jetzt miteinander reden?« begann sie.
»Warum lassen Sie mich nicht
anfangen?« schlug Stephen vor.
Da Sheridan nicht so begierig darauf
war, das Thema Charise Lancaster zur Sprache zu bringen, wo sich alles doch
beinahe gemütlich entwickelte, nickte sie.
»Ich möchte Ihnen ein Angebot
machen.« Er sah, wie ihre Augen bei dem Wort »Angebot« glücklich aufleuchteten,
konnte jedoch nicht glauben, daß sie ihn für so dumm hielt, ihr noch einmal die
Heirat anzutragen. »Ein geschäftliches Angebot«, betonte er. »Wenn Sie
erst einmal darüber nachgedacht haben, werden Sie es bestimmt für uns beide
von Vorteil halten. Sicher wird es Ihnen besser gefallen, als weiter für die
Skeffington zu arbeiten.«
Unbehagen dämpfte Sheridans kurze
Freude darüber, daß er von einem Angebot gesprochen hatte. »Was für ein Vorschlag?«
»Offensichtlich verstehen wir uns,
trotz zahlreicher Meinungsverschiedenheiten, in sexueller Hinsicht hervorragend.«
Sie konnte kaum glauben, daß er
dasaß und die stürmische Intimität, die sie gerade miteinander erlebt hatten,
mit solch einer klinischen Ruhe beschrieb. »Wie lautet Ihr Vorschlag?«
stammelte sie.
»Sie teilen
mein Bett, wenn ich Ihren Körper begehre.
Dafür werde ich Ihnen ein eigenes
Haus einrichten, mit Dienstboten, Kleidern, einer Kutsche und der Freiheit, das
zu tun, was Ihnen beliebt, solange kein anderer Mann Nutzen zieht aus dem,
wofür ich bereits bezahle.«
»Sie schlagen mir vor, ich solle
Ihre Geliebte werden«, sagte sie gedämpft.
»Warum nicht? Sie sind ehrgeizig und
gewitzt, und es ist wesentlich besser als das, was Sie jetzt tun.« Als sie
nicht antwortete, erklärte Stephen gelangweilt: »Sagen Sie jetzt bloß nicht,
Sie hätten erwartet, ich würde Ihnen die Heirat anbieten, nach dem, was
vorgefallen ist. So naiv oder dumm können Sie doch nicht sein.«
Sherry zuckte bei seinem Tonfall
zusammen und blickte in sein hartes, gutaussehendes Gesicht. Sie entdeckte
einen Zynismus in seinen Augen, den sie noch nie zuvor gesehen hatte. Heftig
schluckend schüttelte sie den Kopf und antwortete aufrichtig: »Ich wußte
nicht, was ich erwarten sollte, aber ich erwartete ganz sicher nicht, daß Sie
mich bitten würden, Sie zu heiraten.«
»Gut. Es hat bereits genug Täuschung
und Mißverständnisse zwischen uns gegeben. Es täte mir leid, wenn Sie sich
jetzt auch noch selbst getäuscht hätten.«
Es kam ihm so vor, als sähe er
Tränen der Enttäuschung in ihren großen grauen Augen schimmern, also erhob er
sich und drückte ihr einen flüchtigen Kuß auf die Stirn. »Zumindest sind Sie
so klug, keinen Wutanfall wegen meines Angebots zu bekommen. Denken Sie
darüber nach«, sagte er.
Sherry starrte ihn in stummem Elend
an, als er eiskalt hinzufügte: »Bevor Sie sich entscheiden, muß ich
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